Inhaltsverzeichnis
- Ein Blick in die Welt der 360°-Wirbelsäulenchirurgie
- Herr Dr. Smajic, was bedeutet 360°-Chirurgie?
- Welche Krankheitsbilder profitieren von diesem Vorgehen?
- Früher waren solche Eingriffe mit riesigen Schnitten von 20-30 cm verbunden, was natürlich mit einem entsprechend langwierigen Heilungsprozess und entsprechenden Risiken einherging. Was hat sich dabei verändert?
- Das klingt aber ja nach einem sehr großen Eingriff?
- Aber wie sieht das Ganze aus, wenn die Knochenqualität schlechter wird, z. B. bei Osteoporose?
- Zu Ihren Patienten zählen auch viele junge, sportlich aktive Menschen, die nicht unter degenerativen Erscheinungen leiden, sondern z. B. unter einem Wirbelgleiten. Welche Vorteile bietet hier die 360°-Operation?
Ein Blick in die Welt der 360°-Wirbelsäulenchirurgie
Knapp die Hälfte aller Anträge auf eine Berufsunfähigkeitsrente in Deutschland haben ihren Ursprung in Rückenbeschwerden – und das häufig trotz Operation. Denn die oft großen und risikoreichen Eingriffe sind kein Garant dafür, dass die Schmerzen und Funktionseinschränkungen damit der Vergangenheit angehören. Mit der 360°-Wirbelsäulenchirurgie soll das jetzt anders werden: Dr. med. Samir Smajic, Chefarzt am Eduardus-Krankenhaus in Köln-Deutz, zählt zu den wenigen Spezialisten in Deutschland für die anspruchsvolle Technik.
Herr Dr. Smajic, was bedeutet 360°-Chirurgie?
Dr. Smajic: Die 360°-Wirbelsäulenchirurgie ist eine hochspezialisierte Behandlungsoption, bei der die Wirbelsäule von verschiedenen anatomischen Ansichten aus operiert wird – vorne, seitlich und hinten. Diese Herangehensweise ermöglicht es uns, eine umfassende Korrektur, Stabilisierung oder Dekompression der Wirbelsäule durchzuführen.
Welche Krankheitsbilder profitieren von diesem Vorgehen?
Dr. Smajic: Insbesondere schwere Bandscheibenvorfälle, Spinalkanalstenosen oder auch Gleitwirbel lassen sich damit sehr gut behandeln. Vor allem langstreckige Korrekturen können wir auf diese Weise schonend durchführen. Möglich machen dies spezielle Retraktorsysteme, mit denen wir uns gewissermaßen in die Wirbelsäule „hereinschleichen“. Diese Verfahren sind nur wenig mehr invasiv als eine endoskopische Operation, können jedoch eine sehr viel bessere Korrektur erreichen.
Früher waren solche Eingriffe mit riesigen Schnitten von 20-30 cm verbunden, was natürlich mit einem entsprechend langwierigen Heilungsprozess und entsprechenden Risiken einherging. Was hat sich dabei verändert?
Dr. Smajic: Besonders bei den sehr schwierig zu versorgenden Skoliosen bei älteren Menschen, denen meist Degenerationserscheinungen zugrundliegen, bietet die 360°-Chirurgie eine hervorragende Möglichkeit, die durch die Torsion entstandenen Stenosen zu beseitigen. Dazu wird die Operation in mehrere kleine Schritte unterteilt: Erst wird die Wirbelsäule von vorne gelockert und mit Implantaten besetzt. Dadurch wird sie aufgerichtet. Von hinten werden dann minimalinvasiv Schrauben gesetzt, welche die Wirbelsäule entweder lockern oder begradigen. Der Trend geht derzeit dahin, dass man versucht, selbst verschlissene Wirbelsäulen mit manifester Spinalkanalstenose dahingehend zu operieren, dass keine Eröffnung des Wirbelkanals mehr erfolgen muss. Es soll also durch die 360°-Rekonstruktion, d. h. durch die Neupositionierung der Wirbel nach Möglichkeit die ursprüngliche Wirbelkanalgeometrie wiederhergestellt werden, die wieder ausreichend Platz bietet. Dies gelingt aber eben nur durch eine dreidimensionale Korrektur – also die richtige Drehung, Aufrichtung und Wiederherstellung in der seitlichen Ebene, also der Lordose. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass die oft betagten Patienten sehr schnell wieder auf den Beinen sind gegenüber einem schweren knöchernen Eingriff.
Das klingt aber ja nach einem sehr großen Eingriff?
Dr. Smajic: Würde man die Operation in einer Sitzung durchführen, so wäre das in der Tat ein langer Eingriff. Durch die Aufteilung in zwei Schritte erreicht man aber eine wesentliche Entzerrung: Der Chirurg ist konzentrierter und die Rekonvaleszenzzeit der Patienten geringer. Dazu kommt ein deutlich geringerer Blutverlust. Die früher häufig notwendige Eigenblutspende ist heute praktisch kein Thema mehr. Inzwischen finden daher auch viele Patienten zu uns, die wie z. B. die „Zeugen Jehovas“ aus religiösen Gründen keine Bluttransfusion bekommen möchten. Auch die jeweils kürzere Narkosezeit von nur etwa anderthalb Stunden führt zu einer deutlich geringeren Belastung für die Patienten als dies bei einer langen Operation von teilweise über vier Stunden der Fall ist.
Aber wie sieht das Ganze aus, wenn die Knochenqualität schlechter wird, z. B. bei Osteoporose?
Dr. Smajic: Anders als bei herkömmlichen Verfahren zur Wirbelsäulenkorrektur kann die 360°-Technik hier besonders ihre Vorteile ausspielen. So können wir, wenn nötig, seitlich in die Wirbelsäule hineingehen und die Bandscheibe ausräumen. Wir können dann große Implantate einsetzen, die nicht nur auf einem kleinen Stempel die Kraft zwischen zwei Wirbeln übertragen, sondern über eine lange Strecke. Das Risiko eines Einbrechens des Implantats wird dadurch deutlich vermindert. Werden dann die Schrauben noch zementiert, so entspricht die Lockerungsrate fast der, die sich unter Verwendung klassischer Methoden erzielen lässt. Natürlich muss man aber immer im Einzelfall abschätzen, wie hoch die Gefahr eines Osteoporose-bedingten Implantatversagens ist.
Zu Ihren Patienten zählen auch viele junge, sportlich aktive Menschen, die nicht unter degenerativen Erscheinungen leiden, sondern z. B. unter einem Wirbelgleiten. Welche Vorteile bietet hier die 360°-Operation?
Dr. Smajic: Ein großer Vorteil ist hier die Möglichkeit der bewegungserhaltenden Operation. Bandscheibenprothesen im Bereich der Lendenwirbelsäule in Kombination mit dynamischen Schrauben-Band-Konstrukten von hinten können selbst bei Patienten mit Wirbelgleiten eingesetzt werden. Wenn eine Bandscheibenprothese nicht in Frage kommt, wäre eine 360°-Operation ebenfalls als schonende Variante der klassischen offenen Versteifungsoperation durchführbar. Wir haben bereits sehr viele junge Patienten mit Wirbelgleiten operiert, bei denen wir ohne Eröffnung des Spinalkanals eine hervorragende Korrektur erreichen konnten. Wir operieren dann von vorn und hinten, setzen große Platzhalter ein und rekonstruieren die Lordose. Diese Vorgehensweise schont die benachbarten Wirbel, die dadurch nicht mehr eine übermäßige Knickbewegung ausführen müssen. Das vermindert das Risiko der sogenannten Anschlussdegeneration, die Bandscheiben können sich regenerieren. Durch die Reposition und den Höhengewinn sowie die Lordose entstehen auf diesem Wege wieder natürliche Platzverhältnisse im Spinalkanal.
Mit Dr. med. Samir Smajic gewinnt das Eduardus-Krankenhaus in Köln einen international gefragten und ausgewiesenen Wirbelsäulen-Experten im Bereich der konservativen und operativen Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen. Dr. Smajic ist seit dem 01.05.2023 Chefarzt für den neuen Leistungsbereich der Speziellen Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie im Eduardus-Krankenhaus Köln. Das Spezialgebiet des früheren Bereichsleiters der Uniklinik Aachen und Chefarzt der Orthopädie in Linnich ist die minimalinvasive rekonstruktive Chirurgie. Dazu gehören spezielle Techniken, welche z. B. Versteifungsoperationen an der Wirbelsäule in minimalinvasiver Technik ohne Verletzung der Muskulatur erlauben. Herausragend ist dabei die sogenannte 360°-Technik, bei welcher simultan von vorne, von hinten und von der Seite operiert wird. Als Key Opinion Leader führt Dr. Smajic regelmäßig internationale Veranstaltungen und Kurse durch.
Klinik für Wirbelsäulenchirurgie
Dr. med. Samir Smajic
Tel: 0221 / 82 74-1010
wirbel@eduardus.de
www.eduardus.de
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