
Übergewicht fördert nicht nur die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern wirkt sich auch negativ auf den Bewegungsapparat aus. So bestehen bereits im Kindes- und Jugendalter belegbare Zusammenhänge zwischen der Entwicklung von Fuß-Beinachsen- und Hüftfehlstellungen und Adipositas. Andererseits kann auch Untergewicht negative Folgen haben.
Wie Untersuchungen des Inte-grierten Forschungs- und Behandlungszentrums (IFB) Adipositas-Erkrankungen des Universitätsklinikums Leipzig belegen, verdoppelt sich das Risiko, an einer Kniegelenkarthrose zu erkranken, bereits durch fünf Kilogramm zu viel auf der Waage. Bei einem noch höheren Gewicht, so die Wissenschaftler, wirken sich neben der mechanischen Mehrbelastung auch die sogenannten Adipokine ungünstig aus. Dabei handelt es sich um Hormone, die von im Körper eingelagerten Fettpolstern produziert werden. Adipokine verursachen chronische Entzündungen und können somit die Bildung einer Arthrose fördern. Darüber hinaus begünstigen sie die Entstehung von Arteriosklerose, Bluthochdruck und Insulinresistenz. Fatalerweise können die Adipokine nicht nur Gelenke schädigen, die durch das Übergewicht ohnehin stark belastet sind, sondern auch unbelastete Gelenke wie zum Beispiel das Handgelenk. Eine weitere Folge von starkem Übergewicht besteht da-rin, dass sich der Körperschwerpunkt der Betroffenen verschiebt. Daher weichen sie häufig ins Hohlkreuz aus, während sich in der Brustwirbelsäule ein Hohlkreuz bildet. Zudem begünstigt Übergewicht die Entstehung von -X-Beinen und Knick-Senkfüßen – vor allem dann, wenn es bereits im Kindesalter auftritt.
Der Bewegungslevel sollte langsam gesteigert werden
Auch wenn man in Fitnessstudios und Sporteinrichtungen öfter auch auf stark gewichtige Menschen trifft, lässt sich kaum in Abrede stellen, dass Übergewicht die Motivation, sich sportlich zu betätigen, eher verringert. Zum einen hängt dies damit zusammen, dass es unter der Last der vielen Kilos meist schwerer fällt, sich zu bewegen. Zum anderen haben die Betroffenen oft eine schlechtere Kondition und kommen schneller aus der Puste. Aufgrund des daraus resultierenden Bewegungsmangels sind die Voraussetzungen abzunehmen, deutlich eingeschränkt. Stattdessen droht vielfach sogar eine weitere Gewichtszunahme. Dem so entstehenden Teufelskreis kann man nur entgegenwirken, indem man den Schalter langsam, aber konsequent umlegt. Dies lässt sich zunächst zum Beispiel dadurch erreichen, dass man sein Bewegungslevel im Alltag stetig steigert. So sollte man statt des Aufzugs möglichst oft die Treppe benutzen oder sich angewöhnen, kürzere Strecken nicht mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückzulegen. Sobald sich der Körper an die regelmäßige Bewegung gewöhnt hat, kann man sich verstärkt gelenk- und herzschonenden Sportarten wie Schwimmen, Aquagymnastik, Wandern, Nordic Walking, Rudern oder Ski-Langlauf widmen. Allerdings empfiehlt sich im Falle einer chronischen Erkrankung zuvor eine Rücksprache mit einem Arzt.
Vorsicht vor Untergewicht!
Dass auch Untergewicht schädlich für unseren Bewegungsapparat sein kann, gerät vielleicht allzu oft aus dem Blickfeld. So sind Menschen, die dauerhaft zu wenig wiegen, also einen BMI von unter 18,5 besitzen, tendenziell stärker gefährdet, an Osteoporose zu erkranken. Bei dieser auch als Knochenschwund bezeichneten Krankheit nimmt die Dichte der Knochen ab, sodass sie leichter brechen. Auch Rückenschmerzen und andere Probleme mit dem Bewegungsapparat sind bei Untergewichtigen wahrscheinlicher. Eine Rolle dürfte dabei auch die oft verringerte Muskelmasse spielen. Gefährdet sind zudem Menschen, die unter Magersucht (Anorexia nervosa) leiden oder dauerhaft untergewichtig sind, ohne bewusst abnehmen zu wollen. Letzteres könnte auf eine krankhafte Ursache wie zum Beispiel eine Schilddrüsenüberfunktion zurückzuführen sein. In allen diesen Fällen sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
von Silvana Dietzendorff
Was sagt der Body-Mass-Index aus?
Mit dem sogenannten Body-Mass-Index (BMI) schätzt man ein, ob ein Mensch unter-, normal- oder übergewichtig ist. Berechnet wird der BMI durch den Quotienten aus Gewicht in kg und Körpergröße in m2. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) steht ein Wert von unter 18,5 für Untergewicht, ein BMI zwischen 18,5 und 24,9 für Normalgewicht und ein Wert von über 25 für Übergewicht. Menschen mit einem BMI von über 30 werden als adipös eingestuft. Die genannten Werte gelten ab dem 18. Lebensjahr. Sie können jedoch in Bezug auf Geschlecht und Alter variieren. Im höheren Alter wird zum Beispiel ein höherer BMI als normal betrachtet. So rät zum Beispiel die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) älteren Menschen mit einem BMI zwischen 25 und 29,9, ihr Gewicht zu halten oder nur geringfügig zu senken. Kritiker bemängeln, dass der BMI ausschließlich das Körpergewicht und nicht das Verhältnis von Körperfett- und Muskelmasse berücksichtigt.
Übergewicht und Endoprothesen
Für Übergewichtige, die aufgrund einer fortgeschrittenen Arthrose einen künstlichen Gelenkersatz benötigen, können sich Probleme ergeben. Daher wird betroffenen Patienten dringend geraten, vor der Operation ihr Gewicht zu reduzieren. Denn zum einen ist das Gelenk aufgrund der größeren Fettschicht, durch die sich der Operateur zunächst durcharbeiten muss, deutlich schwerer zugänglich. Zum anderen führt die größere Zahl an Pfunden dazu, dass nach dem Eingriff ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht und Wundheilungsstörungen auftreten. Aber auch, wenn das Implantat erfolgreich eingesetzt wurde, ist das Risiko einer späteren Komplikation bei adipösen Patienten höher als bei Normalgewichtigen. Dazu trägt vor allem die massive Belastung bei, der die Endoprothese ausgesetzt ist. Die Folge ist ein schnellerer Verschleiß oder eine häufigere Lockerung, sodass öfter ein Revisionseingriff durchgeführt werden muss.
Für Mediziner sind die genannten Risiken mit zum Teil nicht geringen Herausforderungen verbunden, welche nur durch eine umfassende Vorbereitung, spezialisierte chirurgische Techniken und eine nachhaltige Nachsorge gemeistert werden können.