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Krankheitsbilder

Wenn die Arme und Hände nachts auch schlafen

woman in blue shirt lying on bed

Beinahe jeder von uns hat schon einmal jemanden gesehen, der seine Hände unvermittelt wie einen Putzlappen „ausschlägt“. Vielleicht gehören Sie sogar selbst dazu? Meist geschieht das Schütteln der Handgelenke instinktiv, um die eingeschlafenen Finger wieder mit Blut zu versorgen und das unangenehme Kribbeln oder die nadelstichartigen Missempfindungen zu verjagen. 

In der Regel hat man sich dann einfach nur „verlegen“ und ein Handgelenk über einen bestimmten Zeitraum abgeknickt und die Blutzufuhr unterbrochen. Genau so kann es passieren, dass ein Arm einschläft, weil man in der Nacht darauf gelegen und sich wenig bewegt hat. Dies ist gar nicht so selten und kann dazu führen, dass Hand oder Arm einschlafen und das pelzige oder taube Gefühl länger als nur ein paar Minuten anhält – Mediziner sprechen dann scherzhaft von einer „Parkbankläsion“. Diese sogenannte Neuropraxie ist die mildeste Form der Nervverletzung, weil sich die Beeinträchtigung in der Regel innerhalb weniger Tage von selbst zurückbildet.

Das Karpaltunnelsyndrom

Einschlafende Arme und Hände können jedoch auch andere Ursachen haben. Eine der häufigsten ist das Karpaltunnelsyndrom, bei dem der im Handwurzelkanal verlaufende Mediannerv durch knöcherne Einengungen oder auch eine Verdickung bindegewebiger Strukturen eingeengt wird. Das Karpaltunnelsyndrom tritt meist zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr auf; insgesamt besteht eine rund zehnprozentige Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens daran zu erkranken. Die Ursachen können dabei ganz unterschiedlich sein: Rheumatische Verdickungen der Sehnenscheiden, aber auch hormonelle Veränderungen im Rahmen einer Schwangerschaft, knöcherne Anbauten der Handwurzelknochen oder veränderte geometrische Verhältnisse nach verheilten Brüchen können dazu führen, dass der Nerv eingeklemmt wird. Auch Über-Kopf-Arbeiten begünstigen das Entstehen eines Karpaltunnelsyndroms, meist bleibt die genaue Ursache jedoch im Dunkeln. Obwohl es verhältnismäßig leicht zu diagnostizieren ist, weisen Ärzte darauf hin, dass recht häufig Verwechslungen mit Durchblutungsstörungen oder aber einem HWS-Syndrom auftreten. Dabei muss es nicht zwingend zu Nackenschmerzen kommen. So können  die Beschwerden auch durch eine Nervenkompression an anderer Stelle hervorgerufen werden, etwa am Austritt des den Arm versorgenden Nervengeflechts im Halswirbelbereich (man spricht dann von einem C6-Syndrom) oder im Bereich des Ellbogens. Zur Sicherung der Diagnose wird daher eine neurologische Messung vorgenommen, bei der mittels zweier Elektroden die Geschwindigkeit bestimmt wird, mit welcher die Nervenimpulse von den Halswirbeln zu den Fingerspitzen fließen. Wenn diese bereits abnimmt, bevor die Nervenbahn die Handwurzelknochen erreicht, könnte unter Umständen auch ein Bandscheibenvorfall für die Beschwerden verantwortlich sein. Geschieht dies erst zwischen Handwurzel und Fingern, handelt es sich tatsächlich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Karpaltunnelsyndrom.

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Das Kubitaltunnelsyndrom

Betreffen das Kribbeln und die Taubheitsgefühle zunächst hauptsächlich den kleinen Finger oder Ringfinger, kann dies ein Hinweise auf ein Kubitaltunnel- oder Ulnarisrinnensyndrom sein, das nach dem Karpaltunnelsyndrom das zweithäufigste Nervenkompressionssyndrom am Arm ist. Der Ulnarisnerv verläuft über den gesamten Arm bis in die Hand und liegt im Bereich des Ellenbogengelenks in einer relativ engen knöchernen Rinne, der Ulnarisrinne. Bei starken Stößen in diesem Bereich verspüren die Betroffenen in der Regel einen heftigen und ziehenden Schmerz, der wie ein elektrischer Schlag einfährt – man nennt diese Region daher auch den „Musikknochen“. Weitere Engpässe können oberhalb des Ellenbogens und unterhalb des Unterarms (dort, wo der Nerv in die Unterarmmuskulatur eintritt) auftreten.

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Polyneuropathien

Manchmal sind Kribbeln und Schmerzen auch Ausdruck einer Erkrankung der Nerven. Eine solche Polyneuropathie kann durch verschiedenste Krankheiten ausgelöst werden, etwa durch einen Diabetes oder durch Viruserkrankungen wie Herpes Zoster oder HIV. Insgesamt sind gut 600 verschiedene Auslöser einer Polyneuropathie bekannt. Ein Sonderfall ist die hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Druckläsionen (HNPP, tomakulöse Neuropathie), bei der die Nerven besonders empfindlich auf Druckreize reagieren, sodass selbst alltägliches Verhalten wie das Aufstützen der Arme auf einen Tisch zu tage- bis monatelang anhaltenden Missempfindungen und Taubheitsgefühlen führen kann. Ursache der HNPP ist die Mutation oder das Fehlen eines Gens, welches die Ausbildung der die Nerven umhüllenden Myelinscheide steuert. 

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Bei ständig einschlafenden Händen und Armen: immer zum Arzt!

In jedem Fall sollte bei Taubheitsgefühlen, die sich nicht innerhalb kürzester Zeit von selbst geben, ein Arzt hinzugezogen werden. Neben der lokalen Einklemmung eines Nervs können auch andere, bislang nicht diagnostizierte Krankheiten hinter den Missempfindungen stecken – etwa eine Multiple Sklerose (MS) oder ein verengter Wirbelkanal (Spinalkanalstenose). Es kann aber auch ein Schlaganfall vorliegen, der die sofortige Benachrichtigung eines Notarztes erforderlich macht! Besonders aufmerksam sollte daher beobachtet werden, ob sich begleitende Symptome wie motorische Ausfallerscheinungen, Änderungen der Mimik, Lähmungen oder Sprachstörungen zeigen. 

Harmloses Taubheitsgefühl oder Schlaganfall?

Bei Nervenkompressionssyndromen wie dem Karpaltunnel- oder Kubitaltunnelsyndrom kommt es trotz ausgeprägter Missempfindungen nur selten dazu, dass Betroffenen unvermittelt etwas aus der Hand fällt oder sie nicht mehr greifen können. Die Hände können zwar kribbeln und später auch schmerzen, jedoch treten die Taubheitsgefühle nicht plötzlich auf. Ein Schlaganfall hingegen führt dazu, dass das Gewebe im Gehirn durch einen Gefäßverschluss nicht mehr ausreichend durchblutet wird. Die Symptome sind dann plötzliche Lähmungserscheinungen, motorische und sensible Ausfälle und der Verlust der Bewegungskoordination. Stellt man diese Symptome fest und/oder auch Veränderungen der Mimik durch einen einseitig herabhängenden Mundwinkel oder einen einseitig unvollständigen Lidschluss, muss sofort der Notarzt gerufen werden! 

von Arne Wondracek 

aktualisiert am 26.04.2022

Fragen und Antworten

Wie kommt es zum Karpaltunnelsyndrom?

Der Mediannerv, der im Handwurzelkanal verläuft, wird durch knöcherne oder bindegewebigen Strukturen eingeengt.

Welche Finger sind beim Karpaltunnelsyndrom betroffen?

Bei einem Karpaltunnelsyndrom sind es häufig der Daumen, der Zeige- und der Mittelfinger, die einschlafen oder kribbeln.

Was bedeutet Kribbeln in den Händen?

Die Hände können durch eine verringerte Blutzufuhr "eingeschlafen" sein. Es kann aber auch ein Karpal- oder Kubitaltunnelsyndrom vorliegen.

Was ist, wenn Hände und Arme ständig einschlafen?

Grund kann eine verminderte Blutzufuhr sein, oder ein Karpaltunnelsyndrom.

Kann ein Tennisarm für einschlafende Arme und Hände verantwortlich sein?

Auch ein Tennisarm kann Sensibilitätsstörungen auslösen. Durch die Nervenkompression im Bereich des Ellbogens kann es zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen am Unterarm und an der Hand kommen.

Was bedeutet es, wenn sich in der Handinnenfläche kleine Knötchen zeigen?

Tastbare Knötchen in der Handinnenfläche deuten auf einen Morbus Dupuytren hin. So wird eine Erkrankung der Palmaraponeurose bezeichnet, einer Sehnenplatte im Bereich der Hohlhand.

Kann ein Karpaltunnelsyndrom gefährlich werden?

Ein unbehandeltes Karpaltunnelsyndrom kann dazu führen, dass sich durch den "abgequetschten" Medianusnerv die Muskulatur des Daumenballens zurückbildet (atrophiert). Im Daumenballen wird dann eine Vertiefung tastbar und es kommt zu einem Kraftverlust, der in der Regel nicht rückgängig zu machen ist.