Die Radiosynoviorthese: Schmerztherapie für die Gelenke
Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises wie Morbus Bechterew, chronische Polyarthritis, Psoriasisarthritis und Arthrose gehen meist mit starken Gelenkschmerzen einher, die den Betroffenen in seinem Wohlbefinden, insbesondere aber auch seiner Beweglichkeit stark einschränken.
„Hausmittelchen“ wie mit ätherischen Ölen angereicherte Salben helfen zwar vielleicht für den Moment durch ihre kühlende und oberflächlich betäubende Wirkung, bekämpfen aber nicht die Ursache. Ab einem gewissen Stadium ist es daher unerlässlich, die Schmerzen dort zu bekämpfen, wo sie entstehen – im Gelenk selbst.
Hauptursache für die auftretenden Gelenkschmerzen ist meist eine Entzündung der Gelenkschleimhaut (Synovialitis). Diese beeinträchtigt nicht nur die Produktion der natürlichen Gelenkschmiere, sondern führt auch zu einer erhöhten Ansammlung von Flüssigkeit im Gelenk. Nimmt diese zu viel Raum ein, schwillt das Gelenk schmerzhaft an und wird immer unbeweglicher.
Ein erfolgreiches Verfahren zur Behandlung der entzündeten Gelenkschleimhaut ist die Radiosynoviorthese. Seit über 40 Jahren bekannt, gewinnt diese Methode immer mehr an Bedeutung.
Am Anfang steht dabei die genaue Diagnose. Mit Hilfe eines Szintigramms wird festgestellt, wie weit die Schädigung des betreffenden Gelenks bereits reicht und wo genau sich die entzündeten Bereiche befinden. Handelt es sich um eine Entzündung des Kniegelenks, so wird zusätzlich noch eine Ultraschalluntersuchung bzw. eine MRT- (Kernspin-) Untersuchung durchgeführt. So lassen sich vorhandene Schwellungen der Gelenkschleimhaut und eventuell vorhandene Zysten an den Schleimbeuteln (sog. Baker-Zysten) feststellen.
Nach der genauen Untersuchung wird dann die Radiosynoviorthese vorgenommen. Dazu wird die Haut an der betreffenden Stelle lokal desinfiziert und betäubt. Dann wird das Gelenk unter Röntgenkontrolle zunächst punktiert, um die überschüssige Gelenkflüssigkeit mittels einer Spritze abziehen zu können. Bei großen Gelenken wird dabei die richtige Lage der Nadel mit Kontrastmittel überprüft.
Dann beginnt die eigentliche Behandlung. Dabei wird eine schwach radioaktive Lösung in das Gelenk injiziert. Die so entstehende Strahlenbelastung ist für den menschlichen Körper insgesamt weniger belastend als ein ausgiebiges Sonnenbad; dennoch reichen die schwachen Betastrahlen dazu aus, in einem Umkreis von wenigen Millimetern die krankhaften Zellen der Gelenkschleimhaut zu behandeln. Das Ergebnis: Die erkrankten Stellen der Schleimhautoberfläche trocknen ein; Schwellungen und Wucherungen nehmen ab. Durch Beschädigung entstandene feinste Kanäle, durch welche vorher Flüssigkeit ins Gelenk eindringen konnte, werden geschlossen. Die Entzündung wird beseitigt – am Ende steht eine weitgehende Schmerzfreiheit und eine gegenüber vorher stark verbesserte Beweglichkeit.
Der große Vorteil der Radiosynoviorthese besteht darin, dass sie bei hoher Erfolgsquote, anders als operative Verfahren, ambulant durchgeführt werden kann. Die Nebenwirkungsrate ist dabei sehr gering, und im Vergleich zu einer Operation ist der Patient nicht noch zusätzlich mit einem anhaltenden Wundschmerz belastet.
Lediglich für 48 Stunden nach der Behandlung sollte das mit der Radiosynoviorthese behandelte Gelenk noch ruhig gestellt werden – dies erfolgt mittels einer Schiene, die entweder vom Orthopäden gestellt oder direkt für den Patienten angefertigt wird.
Bettruhe ist dabei im Allgemeinen nur nach einer Radiosynoviorthese des Hüftgelenks notwendig; der Patient sollte allerdings direkt nach der Behandlung nicht selbst Auto fahren oder schwere Tätigkeiten ausüben.
Die Wirkung der Radiosynoviorthese stellt sich meist nach wenigen Tagen oder Wochen ein; dennoch lässt sich das endgültige Ergebnis erst nach etwa sechs Monaten beurteilen, wenn eine dauerhafte Schmerzfreiheit und Erhöhung der Beweglichkeit eingetreten ist.
Sollte die Wirkung nicht ausreichend gewesen sein, so kann bei Bedarf nach Ablauf dieses Zeitraumes die Behandlung wiederholt werden.
Wichtig für einen Behandlungserfolg ist aber auch – wie so oft – die Mitarbeit des Patienten. Durch aktives Muskel- und Bewegungstraining kann die neu gewonnene Beweglichkeit des Gelenks beibehalten und nochmals verbessert werden.
Manchmal kommt es an den ersten Tagen nach der Behandlung zu einer Entzündung der Gelenkschleimhaut. Vergleichbar mit einer Impfung, bei der der Körper einen Infekt quasi im Schnelldurchgang erlebt, ist diese Nebenwirkung jedoch gewollt. Es kommt dann zu einer leichten Schwellung und gelegentlich zu Kribbeln und Stechen im Gelenk. Dieses hält aber in aller Regel nicht lange an und kann durch Eisbeutel und kalte Umschläge gelindert werden.
Die Kosten für die Radiosynoviorthese, die nur von einem Arzt für Nuklearmedizin durchgeführt werden darf, werden sowohl von den privaten als auch den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. – In einer Zeit, in der längst nicht mehr jede Erfolg versprechende Therapie genehmigt und bezahlt wird, ist dies nicht nur aus medizinischer Sicht ein glücklicher Umstand für den Patienten.
Archivbeitrag. Zuletzt aktualisiert: April 2021
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