Chronische Schmerzen beeinträchtigen sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit der Betroffenen erheblich. Die starken Schmerzen und die Einschränkungen im Alltag stellen eine große Herausforderung dar. Seit vielen Jahren wird daher intensiv nach wirksamen Therapien für Patienten gesucht, bei denen herkömmliche Behandlungen nicht anschlagen. Ein vielversprechender Ansatz ist die gezielte Beeinflussung der Nerven, die den Schmerz weiterleiten. Dr. Uwe Dott aus Köln und Dr. Matthias Geiger aus Bielefeld berichten über ihre Erfahrungen mit dem HFX-System.
Bei welchen Schmerzen kann die HFX-Therapie eingesetzt werden?
Die HFX-Therapie stellt eine effektive Behandlungsmöglichkeit für chronische Schmerzen in verschiedenen Körperteilen dar. Das sind zum überwiegenden Teil Patienten mit therapieresistenten Rückenschmerzen, bei denen der neuropathische Anteil der Schmerzen überwiegt. Dahinter verbirgt sich oft ein „failed back surgery“-Syndrom, also ein Zustand nach häufig mehreren Wirbelsäulenoperationen, die nicht erfolgreich waren oder nach denen ein Schmerz zurückgekehrt ist. Neuere Indikationen umfassen aber auch die als „Schaufensterkrankheit“ bezeichnete periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) oder auch die schmerzhafte diabetische Polyneuropathie (PDN). Hier hat sich gezeigt, dass es zu sensorischen Verbesserungen und auch einer besseren Durchblutung kommt. Aber auch Patienten, die unter Angina Pectoris oder komplexem regionalem Schmerzsyndrom leiden, oft infolge von nicht optimal verheilten Brüchen oder Operationen, können vom Einsatz des HFX-Systems profitieren. Sogar Phantomschmerzen nach Amputationen sprechen sehr gut auf die Behandlung an.
Was ist der Unterschied zwischen dem HFX-System und früheren Rückenstimulationsverfahren?
Bei niederfrequenten Rückenmarkstimulationen tritt an die Stelle des Schmerzes ein elektrisches Kribbeln. Das funktioniert so, wie wenn Sie sich an einer Türkante stoßen und danach die schmerzende Stelle reiben, um den Schmerz zu lindern – der Schmerz wird durch die Reibung weniger störend wahrgenommen. Im Gegensatz dazu beeinflusst die hochfrequente Stimulation (10 kHz) mit dem HFX-System den Schmerz direkt, und zwar ohne dass der Patient die Stimulation selbst spürt. Diese Methode ist so effektiv, dass einige Patienten sie als „Aus-Knopf“ für den Schmerz beschreiben. Mit der 10-kHz-Therapie ist es – anders als bei niederfrequenten Verfahren – auch problemlos möglich, Auto zu fahren oder sich bei Bedarf zur weiteren Diagnostik einer MRT zu unterziehen. Es gibt jedoch auch Patienten, welche die „spürbare“ Stimulation der Hochfrequenzstimulation vorziehen. Mit dem HFX-System stehen beide Möglichkeiten zur Verfügung – die Patienten können sogar selbst per Fernbedienung zwischen den Stimulationsarten wählen.
Wie wird das HFX-System implantiert?
Der endgültigen Implantation geht immer eine 14-tägige Probephase voraus. Dabei platzieren wir unter Röntgenaufsicht die Elektroden mittels einer Hohlnadel in der Höhe des achten Brustwirbels. Die Implantation kann unter Vollnarkose vorgenommen werden. Das ist ein Vorteil gegenüber den anderen Verfahren, bei denen der Einsatz unter örtlicher Betäubung erfolgt. Die Elektroden werden nach außen geführt und mit einem externen Impulsgeber verbunden, der mit einer selbstklebenden Tasche auf dem Körper befestigt wird. Obwohl die Patienten oft eine sofortige Schmerzreduktion angeben, ist es uns wichtig, dass sich das System auch zu Hause und im täglichen Leben als effektiv erweist. Den Fortschritt überwachen wir regelmäßig mittels der visuellen Schmerzskala (VAS). Wenn die Schmerzen um mindestens 50 Prozent zurückgehen, erfolgt nach der Testphase die dauerhafte Implantation des Geräts meist in der rechten Gesäßhälfte. Eine realistische Erwartungshaltung ist aber entscheidend: Eine komplette Schmerzfreiheit lässt sich nur in wenigen Fällen erreichen. Das ist auch nicht das Ziel der Behandlung. Wenn sich der Schmerz subjektiv auf die Hälfte oder weniger verringern lässt, eine Verbesserung der Gehstrecke zu beobachten ist oder die oft hohe Dosis der Schmerzmedikamente herabgesetzt werden kann, ist das ein schöner Erfolg, der in der Regel mit einem hohen Zugewinn an Lebensqualität verbunden ist.
Wie geht es für die Patienten nach der Implantation des Neurostimulators weiter?
Die Bedienung des Systems ist sehr einfach – auch das Aufladen der Batterie lässt sich problemlos in den Alltag integrieren. Allerdings muss eine gewisse Mitarbeit der Patienten grundsätzlich gewährleistet sein. Bei starker Immobilität oder Vorliegen einer Demenz ist eine Rückenmarkstimulation nicht geeignet. Wichtig ist auch, dass eine regelmäßige Betreuung zur Anpassung der Stimulationsparameter durch die Techniker stattfinden kann.
Bezahlen die Krankenkassen die Behandlung?
Bei einer leitliniengerechten Indikationsstellung übernehmen die Krankenkassen in aller Regel die Kosten für die Behandlung. Wichtig ist, dass alle ursächlichen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und die vorherige Testung einen Behandlungserfolg erwarten lässt.
Patientenbericht
Dietmar Lueg, 56, kaufm. Angestellter: „Ich habe gequetschte Nervenbahnen im Lendenwirbelbereich und habe drei Eingriffe am ISG hinter mir zur Nervverödung. Das hat aber immer nur kurze Zeit angehalten, sodass ich jahrelang auf die Einnahme von Opioiden angewiesen war. Irgendwann habe ich gesagt: Ich möchte diese ganzen Pillen nicht mehr schlucken müssen. Leider hat es bei mir zwanzig Jahre gedauert, bis jemand auf die Idee mit dem Schmerzschrittmacher kam – das war in der Schmerzambulanz in Hameln. Die Rückenmarkstimulation ist für mich wie ein Traum, das muss ich wirklich sagen. Ich kann mich relativ normal bewegen – es ist fast, als wenn ich gesund wäre. Vor dem Einsatz des Geräts hatte ich bereits Ausfallerscheinungen im Bein – ich bin mehrfach von der Leiter gefallen und habe mir nur mit Glück dabei nichts gebrochen. Davon ist jetzt glücklicherweise nichts mehr zu spüren. Heute gehe ich wieder völlig stabil die Treppen herunter. Ich kann eigentlich alles wieder machen, zum Beispiel auch Schwimmen gehen. Da ist mir früher immer das linke Bein eingeschlafen, das passiert jetzt gar nicht mehr. Spaziergänge von zwei bis drei Kilometern sind problemlos möglich. Von meinem Operateur Dr. Geiger und der Herstellerfirma fühle ich mich dabei hervorragend betreut; der Außendienst gibt sich unglaublich viel Mühe. Meine Lebensfreude hat absolut zugenommen – auch im Job klappt alles prima.“
Dr. med. Uwe Dott
Neurochirurgie Köln
Rösrather Straße 2 – 16
51107 Köln
Tel.: 0221 / 98 97 70
praxis@drdott.de
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www.nevrohfx.com/de/arztsuche/
Dr. med. Matthias F. Geiger MHBA
Neurochirurgie am Jahnplatz
Herforder Str. 1 – 3
33602 Bielefeld
Tel: 0521 / 13 74 80
info@neurochirurgie-jahnplatz.de