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Kommt ein Kind mit fehlgestellten oder deformierten Füßchen zur Welt, ist die Aufregung groß. Die häufigste Fußfehlstellung bei Babys, der sogenannte Sichelfuß, korrigiert sich jedoch oft in den ers-ten Lebenswochen von selbst. Anders hingegen der Klumpfuß, der nach der Hüftdysplasie die zweithäufigste angeborene Fehlbildung des Skeletts ist. Er bedarf einer langwierigen Behandlung.
Bei einem Sichelfuß sind die Zehen und der Vorfuß nach innen gedreht, sodass der gesamte Fuß die Form einer Sichel hat. In der Regel sind beide Füße betroffen. Die häufigste Ursache für Sichelfüße ist Platzmangel im Uterus. So bildet sich diese Fehlstellung oft in den letzten Wochen der Schwangerschaft bei besonders großen Babys aus. Nach der Geburt können Sichelfüße entstehen, wenn das Kind viel auf dem Bauch liegt und die Füße dabei entsprechend eingedreht sind. In vielen Fällen wachsen sich Sichelfüße in den ersten Lebenswochen von allein aus oder lassen sich durch sanfte Massagen korrigieren. Gleichzeitig ist es sinnvoll, die in der Regel verkürzte Muskulatur an der Fußinnenkante zu dehnen. Ob eine weitere Behandlung notwendig ist, kann der Arzt unter anderem daran erkennen, ob sich die Füße manuell problemlos in die richtige Position und darüber hinaus drücken lassen oder nicht. Ist dies nicht der Fall bzw. ist der Knochen verformt, können Gipsverbände dabei helfen, die Füße in die korrekte Haltung zu bringen. Diese werden regelmäßig angepasst, sodass die Füße schrittweise in die normale Position gedrückt werden. Eine solche Behandlung dauert mehrere Wochen bis Monate. Anschließend löst eine Schiene für die Nacht den Gipsverband ab.
Klumpfuß
Eine Behandlung mittels Gipsverbänden oder Schiene kommt auch bei angeborenen Klumpfüßen zum Einsatz. Bei Klumpfüßen sind die Gelenke und Knochen insofern verformt, als die Füße einwärts gedreht und die Fersen hochgestellt sind (wie bei einem Spitzfuß). Unbehandelt führen Klumpfüße zu schweren Behinderungen – die betroffenen Kinder können nicht richtig und nur unter Schmerzen laufen. In Deutschland werden Klumpfüße vielfach bereits vor der Geburt diagnostiziert, sodass frühzeitig die richtige Behandlung geplant und in den ersten Lebenstagen begonnen werden kann. Eine schnellstmögliche Behandlung ist für ein gutes Ergebnis entscheidend.
In den letzten Jahren hat sich zur Behandlung von Klumpfüßen die konservative Therapie nach Ponseti durchgesetzt. Dabei legen die Ärzte den kleinen Patienten einen speziellen Gipsverband an, der in der Regel bis zur Hälfte des Oberschenkels reicht und regelmäßig angepasst wird. Vielfach kann dadurch nach mehreren Wochen bis Monaten die gewünschte Stellung der Füße erreicht werden. Besteht nach wie vor ein Fersenhochstand, wird in einem weiteren Behandlungsschritt die Achillessehne durchtrennt (bei Kindern unter einem Jahr) bzw. verlängert (bei Kindern über einem Jahr). Abschließend bekommen die Kinder erneut einen Gipsverband. Nach einer erfolgreichen Behandlung löst eine spezielle Schiene, die ein Rezidiv verhindern soll, den Gips ab. Sie muss zunächst dauerhaft, später nur mehr nachts bis zum vierten oder fünften Lebensjahr getragen werden. Um zu verhindern, dass die Füße nach einer erfolgreichen Behandlung zurück in die krankhafte Ausgangsstellung „wandern“, ist eine konsequente Einhaltung der Behandlung zwingend notwendig. Die Achillessehne heilt in der Regel folgenlos aus.
Die genaue Ursache für die Entstehung von Klumpfüßen ist noch unklar. Da diese Missbildung jedoch familiär gehäuft vorkommt, scheinen genetische Faktoren eine Rolle zu spielen. Außerdem kommen Klumpfüße im Zusammenhang mit verschiedenen anderen Erkrankungen wie Spina bifida (offener Rücken) oder der infantilen Cerebralparese vor. Es können nur einer oder beide Füße betroffen sein. Da mit der Ponseti-Methode in der Regel gute Ergebnisse erzielt werden, ist die Zahl der Operationen zurückgegangen. Trotzdem sind in einigen Fällen – z. B. bei mangelnder Compliance (Mitarbeit bei der Therapie), anderen zugrundeliegenden Fehlbildungen, nicht zufriedenstellenden Ergebnissen – operative Eingriffe notwendig. Doch egal ob konservativ oder operativ: Entscheidend für ein gutes Ergebnis, welches ein normales Gangbild, die Teilnahme an Schul- und Freizeitsport sowie das Tragen von Konfektionsschuhen ermöglichen sollte, sind Therapietreue, eine gute Nachsorge und die intensive Begleitung der betroffenen Familien.
Spitzfuß
Bei einem Spitzfuß ist die Ferse hochgestellt und die Betroffenen können diese nicht auf dem Boden aufsetzen. Die Zehen bzw. der Vorfuß zeigen nach unten und ein Abrollen über den ganzen Fuß ist unmöglich. Der Patient läuft auf der betreffenden Seite praktisch die ganze Zeit auf Zehenspitzen. Die dadurch entstehende einseitige funktionelle „Überlänge“ des Beines muss er durch ein verstärktes Anwinkeln des Knies beim Gehen ausgleichen – was zu einem sogenannten Steppergang führt.
Ein Spitzfuß kann angeboren sein, entsteht aber in der Mehrzahl der Fälle durch neurologische Erkrankungen und Unfälle oder infolge längerer Bettlägerigkeit. Zudem tritt er als eine Komponente beim Klumpfuß auf. Je nachdem, wie ausgeprägt der Spitzfuß ist, kommen unterschiedliche Behandlungsmethoden infrage. Bei einer geringen Ausprägung können konservative Maßnahmen wie Physiotherapie und das Tragen einer Schiene bzw. eines Gipses helfen. Reicht das nicht aus, muss unter Umständen die Achillessehne durchtrennt bzw. verlängert werden. Anschließend wird der Fuß in Normalstellung eingegipst. Auch die operative Muskelverlängerung, eine Versteifung des Sprunggelenks oder Korrekturen an den Fußwurzelknochen stellen – je nach Schweregrad und Ursache des Spitzfußes – eine Therapieoption dar. Gelingt es nicht, den Fuß in eine normale Stellung zu bringen, können ausgleichende orthopädische Schuhe das Gehen erleichtern.
Knick-Senkfuß
Bei einem Knick-Senkfuß ist der Fuß nach innen gekippt und die Ferse steht schräg (Knickfuß). Gleichzeitig ist das eigentliche Fußlängsgewölbe nicht gewölbt, sondern abgeflacht, sodass die Fußsohle platt aufliegt (Senk- oder Plattfuß). Bei Kleinkindern sind Knick-Senkfüße bis zu einem gewissen Grad ganz normal und wachsen sich mit der Zeit aus. Nur wenn dies nicht der Fall ist – z. B. aufgrund von Übergewicht und / oder X-Beinen – empfiehlt sich eine Behandlung. Knick-Senkfüße können auch aufgrund von Verletzungen, Rheuma oder einer Schwäche der Tibialis-posterior-Sehne entstehen. Die Behandlung erfolgt zumeist konservativ. Vielfach können gute orthopädische Einlagen und Schuhe den Fuß ausreichend stützen. Ergänzend sollte die Fußmuskulatur trainiert werden. Reichen konservative Maßnahmen nicht aus, kann eine Operation in Betracht gezogen werden, sofern Schmerzen bestehen oder Folgeerkrankungen wie Arthrose drohen.
Ein Plattfuß kann in selteneren Fällen auch angeboren sein. Hierbei ist das Längsgewölbe des Fußes in die falsche Richtung, also nach unten, gebogen. Aus diesem Grund spricht man auch von einem „Tintenlöscherfuß“. Weiterhin weisen Ferse und Sprunggelenk eine deutliche Fehlstellung auf. Ein angeborener Plattfuß geht oft mit anderen Missbildungen einher und sollte frühzeitig durch Eingipsen, entsprechende korrigierende Operationen und Physiotherapie behandelt werden.
Bei einem ausgeprägten kindlichen Knick-Senkfuß, bei dem konservative Maßnahmen nicht ausreichen, stellt eine Schrauben-Arthrorise eine mögliche Behandlungsoption dar. Dabei setzen die Ärzte eine Schraube in das Fersenbein (Calcaneus) ein. Diese vermindert die Beweglichkeit im unteren Sprunggelenk und soll verhindern, dass der Fuß nach innen knickt. Nach der zumeist minimal-invasiven Operation wird der Fuß für wenige Wochen mit einer Schiene ruhiggestellt. Der Patient darf für ca. sechs Wochen keinen Sport treiben. Anschließend haben die Patienten in der Regel keine Einschränkungen mehr. Nach etwa drei Jahren wird die Schraube wieder entfernt. Diese Methode eignet sich für Kinder bis etwa 13 Jahre.
Spreizfuß
Bei einem Spreizfuß weichen die Mittelfußknochen auseinander, sodass das Quergewölbe des Fußes flach auf dem Boden aufliegt. Infolgedessen müssen der zweite und dritte Mittelfußknochen mehr Last als gewöhnlich tragen, was zu Schwielen und Schmerzen in diesem Bereich (Metatarsalgie) führt. Ein Spreizfuß ist in der Regel erworben, lediglich die Veranlagung hierfür ist erblich. Frauen sind aufgrund des zumeist schwächeren Bindegewebes häufiger betroffen als Männer. Auch falsches Schuhwerk kann zu der Entwicklung eines Spreizfußes beitragen. Im Zusammenhang mit falschen Schuhen (zu hoher Absatz, vorn spitz zulaufend, zu eng, zu kurz) kommt es neben dem Spreizfuß häufig zu weiteren Verformungen wie Hallux valgus oder Hammerzehen.
Bei leichterer Ausprägung eines Spreizfußes genügt es in der Regel, passende Schuhe, ggf. mit entlastenden Einlagen, zu tragen. Auch eine gezielte Fußgymnastik kann die Beschwerden lindern. Infolge eines Spreizfußes kann es zu Entzündungen in der betroffenen Fußregion kommen, die mit entzündungshemmenden Medikamenten und Schonung behandelt werden.
Kinderfüße gehören in erfahrene Hände
Es empfiehlt sich, Kinderfüße immer von einem erfahrenen Spezialisten begutachten und behandeln zu lassen, gerade wenn es sich um angeborene Fehlstellungen oder Missbildungen handelt. Scheuen Sie sich als Eltern nicht, eine zweite Meinung einzuholen, und lassen Sie sich umfassend beraten. Die oft langwierige Behandlung erfordert einen langen Atem, deshalb ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Arzt und Eltern ausschlaggebend für ein gutes Behandlungsergebnis.
von Ulrike Pickert
aus ORTHOpress 3/17
Fragen und Antworten
Wie kommt es zu einem Klumpfuß?
Bei einem Klumpfuß handelt es sich in der Regel um eine angeborene Fehlbildung des Skeletts. Dabei sind die Fußsohlen nach innen gedreht und die Fersen hochgestellt.
Was ist ein Sichelfuß?
Bei einem Sichelfuß hat der gesamte Fuß die Form einer Sichel hat. Die Zehen und der Vorfuß sind nach innen gedreht.
Wie kommt es zum Spreizfuß?
Zwar kann ein Spreizfuß auch angeboren sein, aber am häufigsten entsteht er durch neurologische Erkrankungen und Unfälle oder längere Bettlägerigkeit.