Search
0
Anzeige
Rücken

Operation zervikaler Bandscheibenvorfälle

Nackenschmerzen, eventuell verbunden mit Ausstrahlung in Schultern oder Arme (Zervikalsyndrom, Zervikobrachialgie), gehören zu den häufigsten Gründen, weswegen Patienten den Arzt aufsuchen. Geschätzte DM 5 Milliarden werden in der Bundesrepublik jährlich für Diagnostik, Behandlung, Krankenstände usw. im Zusammenhang mit diesem Beschwerdebild ausgegeben, was eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung des Gesundheitswesens bedeutet. Den Betroffenen tangieren solche Überlegungen natürlich kaum, er möchte so rasch wie möglich seine Beschwerden loswerden. Wie schwierig das oftmals ist, davon können Patienten, deren Angehörige, Ärzte und Physiotherapeuten, vor allem aber auch die Krankenkassen ein Lied singen.

Ursache der Beschwerden sind neben so genannten „funktionellen Störungen“ wie Muskelverspannungen oder Überlastung der kleinen Wirbelgelenke in erster Linie Verschleißerscheinungen an Wirbelkörpern und Bandscheiben, die bis zu einem gewissen Grade jeden Menschen treffen und bereits ab ca. dem 25. Lebensjahr beginnen können. Durch Flüssigkeitsverlust werden die Bandscheiben mürbe und verlieren ihre normale Festigkeit, sodass sich Bandscheibengewebe in Richtung Wirbelkanal und Nervenaustrittslöcher verlagern kann (Bandscheibenvorfall).

Es ist eine Besonderheit der zervikalen Bandscheibenvorfälle, dass diese in der großen Mehrzahl der Fälle mit knöchernen Veränderungen der Wirbelkörper (knöcherne Anbauten, Spondylosis deformans) verbunden sind, die ihrerseits zusätzlich zum Bandscheibenvorfall raumfordernd wirken und einen entsprechenden Druck auf Nervenwurzeln und Rückenmark ausüben können. Spätestens dann bzw. wenn alle konservativen Maßnahmen zu keiner befriedigenden Beschwerdelinderung geführt haben, sollte eine Operation erwogen werden, um ei­nerseits drohende Lähmungserscheinungen an Armen, Händen oder auch Beinen (zervikale Myelopathie) zu verhindern und andererseits die Möglichkeit zur Rückbildung bereits eingetretener Lähmungen zu schaffen.

Die Operation ist weit gehend standardisiert und unterscheidet sich in verschiedenen neurochirurgischen Zentren nur hinsichtlich der verwendeten Implantate. Der Zugang erfolgt über einen in entsprechender Höhe angelegten, ca. 8 cm langen rechtsseitigen Kragenschnitt. Durch die anatomisch vorgegebene Anordnung der Halsmuskulatur kann die Vorderfläche der Halswirbelsäule mit nur geringem operativen Aufwand und sehr schonend aufgesucht werden. Nach Identifizierung der betroffenen Bandscheibe wird diese unter mikroskopischer Sicht entfernt und der Zwischenwirbelraum mit Spezialfräsen erweitert. Besonderes Augenmerk ist auf die möglichst radikale Entfernung der knöchernen Kantenanbauten zu richten, um so eine ausreichende Entlastung von Nervenwurzeln und Rückenmark zu erzielen. In den erweiterten Zwi­schenwirbelraum werden Platzhalter aus Titan eingebracht, die beiden aneinander grenzenden Halswirbelkörper werden anschließend verplattet (ventrale Fusion). Nicht selten ist dieses Vorgehen in zwei Segmenten erforderlich. Die damit verbundene Einschränkung bei der Vorwärts- und Rückwärtsneigung des Kopfes ist minimal und wird vom Patienten praktisch nicht wahrgenommen.

Nach der Operation sind in den allermeisten Fällen die Schmerzen in Händen, Armen und Schultern prompt abgeklungen, vor der Operation eventuell vorhandene Gefühlsstörungen bilden sich zumeist innerhalb weniger Tage zurück. Eine anfängliche mögliche Neigung zu Nackenverspannungen nach der Operation kann medikamentös bzw. mit einer leichten Physiotherapie gut beherrscht werden. Das empfohlene Tragen eines weichen Schanzkragens in den ersten zwei bis drei Wochen nach der Operation dient lediglich als Schutz vor überschießenden Kopfbewegungen. Der stationäre Aufenthalt beträgt normalerweise drei bis fünf Tage, die Mobilisierung des Patienten erfolgt noch am Operationstag. Bei exakter Indikationsstellung kann in mehr als 90% der Fälle weit gehende Beschwerdefreiheit erzielt werden. Wird der Eingriff von geübten Operateuren durchgeführt, kann das Operationsrisiko als minimal und absolut überschaubar bezeichnet werden.

Ein Archivbeitrag* aus ORTHOpress 2 | 2000

*Archivbeiträge spiegeln den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wieder. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.