D-Hormon bei Osteoporose
Eigentlich ging es Sybille Niehahn (73) aus Hannover noch ganz gut: Obwohl die ehemalige Bahnangestellte im Leben einige gesundheitliche Rückschläge erleiden musste, war sie noch gut auf den Beinen – „rüstig“ wäre eher eine Beleidigung denn ein Kompliment gewesen. Bis zu jenem unheilvollen Tag im März 2001. Sybille Niehahn kehrt mit vollen Einkaufstüten aus dem nahegelegenen Supermarkt zurück. Auf den Stufen zu ihrer Haustür passiert es dann: Plötzlich verliert sie das Gleichgewicht und fällt hintenüber. Sie erinnert sich: „Ich versuchte noch, mich festzuhalten, aber meine Hände griffen ins Leere.“ Als sie wieder zu sich kommt, liegt sie im Krankenhaus. „Sie haben einen Oberschenkelhalsbruch erlitten“, sagt der Arzt, und ihrer Tochter gegenüber fügt er hinzu: „Ihre Mutter leidet unter Osteoporose. Auch wenn wir ein künstliches Hüftgelenk einsetzen, so bleibt abzuwarten, ob wir eine genügende Stabilität erzielen. Wir hoffen, sie wieder auf die Beine zu bekommen, aber versprechen können wir nichts.“ Sybille Niehahn hat Glück im Unglück: Schon zwei Monate später kann sie wieder ihre Einkäufe allein erledigen.
Ohne Sturz kein Oberschenkelhalsbruch
Dieses Glück haben jedoch längst nicht alle: Die am meisten gefürchtete Komplikation der Osteoporose ist und bleibt der Oberschenkelhalsbruch. Über 20.000 Menschen sterben hierzulande pro Jahr daran, noch einmal ebenso viele werden zum lebenslangen Pflegefall. Auch heute noch beschränkt sich aber eine vorbeugende Therapie meist immer noch allein auf die Bekämpfung des Knochenschwundes – fatal, wie man mehr und mehr feststellt, denn: Kalzium und Vitamin D helfen zwar, den Knochen gesund und stabil zu erhalten, das Sturzrisiko mindern sie jedoch nicht. Dabei gilt: Ohne Sturz kein Oberschenkelhalsbruch.
D-Hormon hilft, Stürze zu vermeiden
Abhilfe schafft jetzt hier die direkte Einnahme von D-Hormon (z.b. Alfacalcidol), der „aktiven“ Form von Vitamin D: Damit lässt sich nämlich das Sturzrisiko um bis zu 50 % senken, wie eine dreijährige Studie an insgesamt 489 Frauen im Alter von durchschnittlich 71 Jahren bewies. Die Therapie mit D-Hormon kräftigt dabei die Muskeln und verbessert gleichzeitig die Koordination von Muskeln und Nerven. Die Folge: Man fällt nicht mehr so einfach, weil der Körper automatisch besser und schneller auf eine veränderte Umgebung (z.B. Stufen, Schotterweg, Glatteis) reagiert. Davon profitieren nicht zuletzt auch Osteoporose-Patienten mit Leber- und Nierenschäden: Ihr Stoffwechsel kann reines („inaktives“) Vitamin D oft gar nicht mehr verarbeiten, wohl aber Alfacalcidol.
Prävention ist wichtiger denn je
Die richtige Vorbeugung muss daher lauten: Gezielter Knochenaufbau und Sturzvermeidung durch eine individuelle Medikation mit D-Hormon. Natürlich kann auch dieser Effekt noch verstärkt werden: Rehazentren setzen heute auf ein „Alltagstraining“, in welchem der Umgang mit abschüssigem oder unbefestigtem Untergrund, glatten Bodenflächen oder steilen Treppenstufen systematisch geübt wird. So kann durch ein gezieltes Gleichgewichts- und Muskeltraining nicht nur der Muskel- und Knochenaufbau, sondern auch die Koordination weiter gefördert werden.
aus ORTHOpress 04|2002
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