im Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum Berlin
Die Arthrosebehandlung hat sich in den letzten Jahren verändert. Grundsätzlich haben wir es heutzutage mit verschiedenen Patientengruppen zu tun. Es gibt beispielsweise den 56-jährigen aktiven Unternehmer, der unter Arthrose leidet. Dann gibt es die 72-jährige Rentnerin, die gerne ausgedehnte Reisen unternimmt, und schließlich betagte Patienten, die 85 Jahre und älter sind. Unsere Aufgabe besteht darin, alle Patienten bestmöglich und vor allem langfristig optimal zu versorgen. Dies gelingt uns mit modernen und individuell angepassten Behandlungsverfahren.
An erster Stelle steht immer die Ausschöpfung des gesamten Spektrums an konservativen Maßnahmen. Vor allem bei jüngeren Patienten spielt Zeit eine entscheidende Rolle, da auch die modernste Prothese nach heutigem Kenntnisstand im Durchschnitt maximal 20 Jahre hält. Daher behandeln wir unsere Patienten als Erstes symptomatisch, z. B. mit Physiotherapie, Taping, manueller Therapie oder Akupunktur. Bei bestimmten Indikationen setzen wir auch Injektionen ins Gelenk. Diese enthalten z. B. Hyaluronsäure, entzündungshemmende Medikamente oder aufbereitetes Eigenblut. Eine konservative Therapie kann die Schmerzen eine Zeit lang lindern.
Erst wenn alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, setzen wir gelenkerhaltende Verfahren ein. Stellen sich diese Behandlungsoptionen als nicht mehr ausreichend dar, kommen gelenkerhaltende, minimalinvasivarthroskopische Verfahren zum Einsatz. Im Rahmen einer Gelenkspiegelung werden Knorpel geglättet und freie Gelenkkörper entfernt. Am Knie besteht die Möglichkeit, wenn nötig, Meniskus und Bänder zu rekonstruieren und außerdem Knorpeldefekte, die kleiner als 3 cm2 groß sind, mit einem Zylinder aus eigenem, gesundem Knorpelgewebe aufzufüllen. Bei größeren Defekten können diese mit Knorpelzellen aufgefüllt werden, die dem Patienten zuvor entnommen und dann im Labor angezüchtet wurden.
Eine solche Behandlung führt meistens zu sehr guten Ergebnissen, die den Einsatz eines künstlichen Gelenks um Jahre hinauszögern oder sogar unnötig machen. Diese Verfahren eignen sich jedoch nur für die umschriebenen Defekte am Knie und nicht für eine ausgedehnte Arthrose oder Knorpeldefekte am Hüftgelenk. Bei ausgedehnten Knorpelschäden müssen wir gemeinsam mit dem Patienten über den Einsatz eines künstlichen Gelenks nachdenken. Jeder entscheidet individuell, wann er die Schmerzen nicht mehr aushält bzw. die Vorteile eines Gelenkersatzes überwiegen.
Minimalinvasiv, nach Möglichkeit ohne Zement und mit individueller Prothese operieren
Beim Einsatz einer Hüftgelenkendoprothese sind drei wesentliche Punkte zu beachten. Um den Patienten schnell wieder auf die Beine zu bekommen, ist es wichtig, so muskel- und gewebeschonend wie möglich zu operieren. Dies erreichen wir über spezielle minimalinvasive Zugänge. Weiterhin entscheiden wir, ob das neue Gelenk einzementiert werden muss oder ob wir zementfrei arbeiten können. In 90 Prozent der Fälle verankern wir die Prothese ohne Zement. Bei einem solchen Vorgehen wird Knochen geschont. Dies hat den Vorteil, dass ein späterer Austausch der Prothese leichter ist. Nur bei älteren Patienten, die z. B. aufgrund einer Osteoporose eine schlechte Knochenqualität haben, zementieren wir den Gelenkersatz ein. Auch hier sind die Ergebnisse sehr gut. Und der dritte entscheidende Faktor ist natürlich die Art der Prothese. Für ein möglichst knochensparendes Vorgehen wählen wir die Länge des Prothesenschaftes individuell. Je kürzer der Schaft, desto leichter kann die Prothese später gewechselt werden.
Beim Knie arbeiten wir – je nach Verschleiß und Patient – entweder mit einer Teilprothese (Schlittenprothese) oder einer Vollprothese. Eine Schlittenprothese ist minimalinvasiv einsetzbar, bei einer Vollprothese ist dies leider nicht möglich.
Patienten, die ein künstliches Gelenk bekommen, sind bei uns keine hilflosen Kranken mehr. Wir treffen die Entscheidung für eine Prothese mit ihnen gemeinsam, dadurch handelt es sich praktisch um einen Wahleingriff. Dieses Gefühl motiviert die Patienten dazu, nach der Operation aktiv mitzuarbeiten, um schnell wieder in den Alltag zurückzukehren. Wir möchten den Patienten so wenig Krankheitsgefühl wie möglich vermitteln. Dabei verzichten wir weitestgehend auf Schläuche und Drainagen. Die Patienten stehen bei uns noch am OP-Tag mit Begleitung auf, am Folgetag gehen sie ihre ersten Schritte. Die Information unserer Patienten erfolgt bereits vor der OP umfassend. So machen wir sie z. B. im Rahmen einer Gangschule mit Unterarmstützen vertraut, damit sie nach der OP direkt loslegen können.
In der Regel bleiben die Patienten nach dem Einsatz eines künstlichen Gelenks sechs Tage stationär bei uns in der Klinik. In dieser Zeit sollen sie Vertrauen in die Prothese bekommen. Wir arbeiten mit einem erfahrenen Team von Physiotherapeuten. Vom ersten Tag nach der OP an erfolgt eine systematische Beübung und schmerzarme Mobilisierung. Anschließend ist eine Reha möglich. Diese kann ambulant bei uns auf dem Klinikgelände erfolgen. Der Vorteil dabei ist, dass die Patienten mit den Ärzten vertraut sind und umgekehrt. Wer eine stationäre Betreuung wünscht oder benötigt, erhält diese in einer von vielen Rehakliniken rund um Berlin, mit denen unser Haus eng zusammenarbeitet. Nach ein paar Wochen sind die Patienten in der Regel wieder vollständig in ihrem Alltag angekommen. Auch Sport ist mit einem künstlichen Gelenk problemlos wieder möglich. Empfehlenswert sind dabei natürlich gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen oder leichtes Radfahren.
Dr. med. Heiko Spank
Chefarzt der Klinik für Spezielle Orthopädische
Chirurgie und Unfallchirurgie
Leiter des Departments für Bewegungschirurgie West
Leiter Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung
Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum
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