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Im Jahr 2015 wurden dem Deutschen Endoprothesenregister (EPRD) rund 57.000 endoprothetische Ersteingriffe am Knie übermittelt. Der Großteil der Patienten bekam einen umfassenden Gelenkersatz, eine sogenannte Total-Endoprothese, eingesetzt. Das neue Kniegelenk soll dem Patienten möglichst viel seiner alten Beweglichkeit zurückgeben und die Schmerzen nehmen.
In der Regel gelingt dies auch. Ein paar Monate nach der Operation und mithilfe einer Reha können die meisten Operierten ihre wiedergewonnene Lebensqualität genießen. Doch in einigen Fällen stellt sich im Anschluss an den Eingriff nicht der gewünschte Erfolg ein. Aber auch Monate oder Jahre nach einer zunächst erfolgreichen Operation kann es zu Beschwerden kommen. Was steckt dahinter?
Zunächst sei angemerkt, dass die Erwartungshaltung an ein künstliches Kniegelenk in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Mit optimierten Operationsmethoden und immer besseren und oft individuell angepassten Prothesen erwarten die Patienten ein perfekt funktionierendes Kniegelenk, welches sich wie ein echtes, gesundes Knie verhält und jeglicher Belastung standhält. Hier gilt es, die Erwartungen mit den tatsächlich möglichen Ergebnissen im Vorfeld abzugleichen.
Ursachen
Zu Recht allerdings erhoffen sich die Patienten nach der Operation eine Schmerzfreiheit (oder zumindest deutlich weniger Schmerzen) sowie mehr Beweglichkeit bzw. Mobilität als vor der Operation, die ansonsten unnötig wäre. Bleiben die Schmerzen nach dem Eingriff langfristig bestehen oder treten sie einige Zeit später erneut auf, müssen die Ursachen abgeklärt und behandelt werden. Gleiches gilt bei anhaltenden Bewegungseinschränkungen oder einer Instabilität.
Vielfach ist eine Kombination der genannten Komponenten für die Beschwerden verantwortlich. In einigen Fällen lassen sich die Schmerzen auch auf nicht kniegelenksbezogene Ursachen zurückführen, wie eine tiefe Beinvenenthrombose, Arthrose in der Hüfte, Probleme der Lendenwirbelsäule, arterielle Verschlusserkrankung, Schädigungen der Nerven oder komplexe Schmerzsyndrome.
Genaue Diagnose vor der Therapie
Es ist also wichtig, die genaue Ursache für die Beschwerden herauszufinden und gezielt zu behandeln. Dafür ist eine umfangreiche Diagnostik unumgänglich. Auch psychosomatische Aspekte spielen nach dem Einsatz einer Endoprothese eine wichtige Rolle. Schmerzen, die auf Depressionen, Ängste und psychischen Stress zurückzuführen sind, müssen entsprechend behandelt werden.
Können die Ärzte keine eindeutige Diagnose stellen, verschreiben sie in der Regel zunächst Schmerzmittel und/oder Krankengymnastik sowie – wenn nötig – Psychotherapie. Vielfach verbessern sich damit die Beschwerden. Eine weitere Behandlungsoption stellt die sogenannte Denervation dar, bei der die zum Kniegelenk ziehenden, schmerzleitenden Nervenfasern durchtrennt werden. Dadurch sollen die Schmerzen ausgeschaltet werden.
Bei einer gelockerten oder steifen Knieprothese gilt es herauszufinden, an welcher Stelle genau das Problem liegt. Im Rahmen einer Revisionsoperation tauschen die Ärzte dann das entsprechende Teil oder die komplette Prothese aus. Bei allergischen Reaktionen kann eventuell eine Behandlung mit Kortison versucht werden. Reicht eine solche Behandlung nicht aus, ist auch hier ein Wechsel auf eine Prothese aus nicht allergieauslösendem Material angezeigt. Da ein Wechsel jedoch immer mit höheren Risiken und einem Verlust der Knochensubstanz einhergeht, sollte die genaue Ursache der Probleme auf jeden Fall im Vorfeld bekannt sein, um sicherzugehen, dass die Revisions-Operation eine adäquate Chance auf eine verbesserte Lebensqualität darstellt.
Infektionen
Eine Infektion nach dem Einsatz einer Knieprothese ist zwar relativ selten, jedoch für den Betroffenen meist schwerwiegend. Hinweise auf eine Infektion können neben Schmerzen zusätzlich Fieber und allgemeines Unwohlsein sein. Bei einer Infektion ist es wichtig, herauszufinden, um welche Erreger es sich handelt. Haben die Ärzte den Keim identifiziert, setzen sie gezielt Antibiotika ein, um die Entzündung zu bekämpfen.
Schlagen diese nicht oder nur ungenügend an, können die Ärzte versuchen, die Infektion mittels einer gründlichen Säuberung der Wunde im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs in den Griff zu bekommen. Hierbei werden Teile der Prothese oder das komplette Implantat ausgetauscht. Ein solcher Wechsel wird, je nach Infektionsart, entweder binnen einer einzigen Operation durchgeführt, bei der die alte Prothese herausgenommen und eine neue eingesetzt wird (einzeitig). Oder aber die Ärzte entfernen zunächst in einer ersten Operation die alte Prothese, behandeln anschließend die Infektion, bis diese abgeklungen ist, und setzen in einem zweiten Eingriff (einige Wochen später) die neue Prothese ein (zweizeitig).
Folgende Aspekte können u. a. zu periprothetischen Beschwerden führen:
• Aseptische Lockerung, verursacht durch:
o ungenügende Stabilität des Bandapparats
o schlechten Sitz des Implantats
o unpassendes Implantatdesign
o knöcherne Um- bzw. Anbauten als Reaktion des Körpers auf die veränderte Mechanik
o Entzündungen aufgrund von Mikroabriebpartikeln des Endoprothesenmaterials
• Septische Lockerung aufgrund von Infektionen
• Allergische Reaktionen auf das Prothesenmaterial
• Akute oder chronische Infektionen rund um das Implantat
• Lockerung durch Trauma (Unfall, Sturz etc.)
• Steife Knieprothese aufgrund:
o eines chronischen Protheseninfekts
o eines schlechten Sitzes des Implantats
o von Arthrofibrose
• Kniescheibenprobleme
von Ulrike Pickert
aus ORTHOpress 1/17
Fragen und Antworten
Wie lange dauern die Schmerzen nach dem Einsatz einer Knieendoprothese?
Es kann mehrere Monate dauern, bis die Schmerzen nach der Operation nachlassen.
Wie merkt man, wenn ein künstliches Kniegelenk locker ist?
Eine Lockerung der Endoprothese macht sich häufig durch Schmerzen bemerkbar.
Kann ein künstliches Kniegelenk kaputt gehen?
Ein künstliches Kniegelenk kann sich lockern. Die Haltbarkeit hängt unter anderem von der Belastung ab.