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Knie

Die Knieprothese

Focus on total knee replacement surgery

Ersatzgelenk auf dem Prüfstand

Eine Arthrose verläuft meist schleichend – und das ist genau das Problem daran. Erste Anzeichen können Schmerzen beim Aufstehen sein, die sich nach ein paar Schritten wieder geben. Auch ein zunächst harmlos erscheinendes „Knacken“ im Kniegelenk kann Vorbote einer Arthrose sein.

Bei solchen Anzeichen empfiehlt es sich, schnellstmöglich einen Orthopäden aufzusuchen, um den drohenden Knorpelschwund (nichts anderes ist nämlich eine Arthrose) aufzuhalten. „Der Knorpel ist gleichzeitig Lager und Stoßdämpfer unserer Gelenke“, erläutert der Münchner Orthopäde Dr. Eckhard Schmidt-Ramsin. Knorpelverletzungen gilt es daher ernst zu nehmen. Bei einer kleinen, auf einen bestimmten Bereich begrenzten Knorpelverletzung im Knie (z.B. durch einen Sportunfall) kann man heute den beschädigten Knorpel durch ein kleines Stück Knorpel ersetzen, welches man an einer anderen, wenig belasteten Stelle entnimmt.

Bei größeren Knorpelschäden geht dies nicht mehr: Man ist dann darauf angewiesen, den Knorpelverlust durch eine operative Glättung der Oberfläche zu begrenzen bzw. durch eine Stimulation der Blut führenden Schichten (eine „Pridie“-Bohrung) und/oder den Einsatz von Karbonfaserstiften die Bildung von Ersatzknorpel anzuregen. Obwohl die Medizin große Fortschritte gemacht hat – insbesondere auf der Gentechnik lasten große Hoffnungen der Arthroseforschung – ist zum jetzigen Zeitpunkt eine Heilung der Arthrose aber noch Zukunftsmusik.

Für viele Menschen stellt sich daher früher oder später doch die Frage nach einem Gelenkflächenersatz, bei dem die abgenutzte Gelenkfläche durch ein Metall-/Kunststoffimplantat ersetzt wird. Doch die Entscheidung ist nicht einfach: Nicht nur fürchten potenzielle Empfänger eines Implantats Einschränkungen in ihrer Beweglichkeit; auch die Lebensdauer des Gelenkflächenersatzes spielt eine entscheidende Rolle in den Überlegungen von Patienten und auch Ärzten. Dr. Schmidt-Ramsin: „Dies ist besonders für junge Patienten der wichtigste Faktor.“ Die Lebensdauer sollte so nah wie möglich an die eigene heranreichen; bei Bedarf sollte eine Nachoperation nach Jahren ohne große Probleme möglich sein. Die Chance auf eine solche stehen in der Regel schlechter, je schneller auf Grund des schlechten oder lockeren Sitzes eine Korrektur an dem Implantat vorgenommen werden muss. Je stärker der Patient bereits durch eine lange Erstoperation belastet worden ist, umso schwieriger gestaltet sich eine notwendige Korrektur.

Heute unterscheidet man in der Kniegelenksprothetik zwei verschiedene Bereiche: Auf der einen Seite steht die „Total­endoprothese“, bei der das gesamte Gelenk ersetzt wird. Auf der anderen Seite ist es heute möglich, bei Patienten mit entsprechender Indikation nicht das gesamte Gelenk auszutauschen, sondern nur den abgenutzten Teil. Diese so genannte „Schlittenprothese“ ersetzt dabei auf einer Seite die beschädigte Oberfläche des Kniegelenks. „Ob sie aber überhaupt zum Einsatz gelangen kann, hängt wesentlich vom Zustand des Patienten ab“, erläutert Dr. Schmidt-Ramsin. „Tatsächlich ist die Indikation sehr begrenzt, weswegen sich diese Frage meist nur bei jüngeren Patienten stellt.“ Zwar hat sie prinzipiell den Vorteil, dass beim Eingriff lateral (d.h. an der Außenseite des Kniegelenks) keine Knochenmasse reseziert werden muss – dies geht jedoch nur dann, wenn die Arthrose medial (d.h. auf der Gelenkinnenseite) begrenzt ist. Dies ist insbesondere bei älteren Patienten mit altersbedingten Abnutzungserschei­nun­gen jedoch nur selten der Fall.

Wie sieht aber nun die Implantation eines Kniegelenkes aus? Dr. Schmidt-Ramsin: „Die Operation wird unter Vollnarkose durchgeführt und beginnt mit einer Arthroskopie oder einer Magnetresonanz-Tomografie-Untersuchung, um die gesamte Gelenksfläche beurteilen zu können.“ Dann wird die Schienbeinpräparation anhand der Frässchablone des Prothesenherstellers durchgeführt. Auf diesem Schnitt exakt aufbauend, wird danach die Oberschenkelpräparation vorgenommen. Dann wird das Implantat zementiert oder auch (bei Gelenkflächenersatz der neuesten Generation) zementfrei eingebracht. Durchschnittlich am zweiten postoperativen Tag nach der Drainageentfernung dürfen die Patienten aufstehen und erreichen mit ihrem neuen Kniegelenk in der Regel noch am gleichen Tag eine Beugung von etwa 85–90°. Nach etwa einer Woche können sie in häusliche Pflege entlassen werden. Bald darauf sollte mit einer speziellen Mobilisation und Physiotherapie begonnen werden, um die Beweglichkeit so weit wie möglich zu fördern.

Die weitere Prognose hängt wie bei allen Eingriffen wesentlich vom Zustand des Patienten ab. Bei einem alten Menschen mit osteoporosebedingten Knochenschäden beispielsweise kann die Einheilung tatsächlich länger dauern, denn hier kommt meist zur angegriffenen Knochensubstanz noch ein schlechter Allgemeinzustand hinzu. Bei einem sportlich aktiven Menschen mit vorangegangener schwerer Kniearthrose hingegen kann man davon ausgehen, dass sich durch den Gelenkersatz die Lebensqualität entscheidend verbessert: Mit einem Gelenkflächenersatz der jüngsten Generation ist selbst die maßvolle Ausübung von Sportarten wie Tennis oder sogar Skifahren wieder möglich. Die Beweglichkeit steht dabei der des originalen, körpereigenen Gelenks kaum in etwas nach. Auch die Lebensdauer eines Kunstgelenks ist in den letzten Jahren durch neuartige Konstruktionen und verbesserte Genauigkeit bei der Implantation wesentlich gestiegen: 15–20 Jahre beim Kniegelenk sind heute durchaus im Bereich des Möglichen.

Ein Archivbeitrag* aus ORTHOpress 3 | 2001
*Archivbeiträge spiegeln den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wieder. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.