Es muss nicht immer der Totalersatz sein
Das Knie ist ein vielbelastetes und zudem komplexes Gelenk. Bei degenerativen Veränderungen, die nicht mehr mit konservativen Methoden zufriedenstellend behandelbar sind, sollte dem Rechnung getragen werden. Eine der Möglichkeiten dazu ist die Schlittenprothese. Welche Vorteile diese hat, erklärt im Gespräch der Chefarzt des Zentrums für Orthopädie und Unfallchirurgie im HELIOS Klinikum Berlin-Buch, Prof. Dr. Daniel Kendoff.
Herr Prof. Kendoff, wobei handelt es sich bei der sogenannten Schlittenprothese und bei welcher Art der Gelenkschädigung am Knie wird sie eingesetzt?
Prof. Kendoff: Die Schlittenprothese ist ein Teil-Oberflächenersatz, der eingesetzt werden kann, wenn sich der Knorpelschaden auf einen isolierten Abschnitt des Gelenks beschränkt. Das kann die äußere oder die innere Gelenkfläche sein, wobei letztere aufgrund von Beinfehlstellungen häufiger betroffen ist. Außerdem sollte das vordere Kreuzband noch intakt sein und eine gute Restbeweglichkeit bestehen. Bei gut 30 Prozent der von Kniearthrose betroffenen Patienten sind diese Voraussetzungen erfüllt und sie können von den Vorteilen der Prothese profitieren.
Welche Vorteile sind das?
Prof. Kendoff: Die Schlittenprothese ist eine kleine Endoprothese und kann minimalinvasiv eingesetzt werden. Der dazu benötigte Hautschnitt ist im Vergleich zur Operation bei einer Totalendoprothese halb so groß. Vor allem aber ist der Eingriff weniger belastend. Sowohl der Blutverlust und das Risiko einer Infektion als auch die postoperativen Schmerzen sind geringer. Somit kann der Wiedereinstieg in den Alltag schneller erfolgen. Von großem Vorteil ist weiterhin, dass nur wenig Knochen reseziert werden muss. Dadurch bestehen genügend Verankerungsmöglichkeiten und damit gute Voraussetzungen, falls ein Wechseleingriff erfolgen muss. Dies kann unter günstigen Voraussetzungen nach einer Standzeit von bis zu 20 Jahren der Fall sein. Außerdem ist das Empfinden der Patienten für ihr neues Gelenk – die Propriozeption – bei der Schlittenprothese im Vergleich zum Oberflächenersatz besser.
Gibt es eine bestimmte Altersgrenze für die Schlittenprothese?
Prof. Kendoff: Nein, allein bei starker Osteoporose, also bei schlechter Knochenqualität, setzt man sie nicht ein. Ältere Patienten ziehen einen Vorteil aus dem minimalinvasiven Einsatz einer Schlittenprothese, weil es kein großer Eingriff ist und sie keiner längeren Immobilität ausgesetzt sind. Meistens sind die Patienten, die sich für den Eingriff eignen, allerdings jünger, wenn nicht beide Oberschenkelkondylen von der Arthrose betroffen sind. Häufig kommt es auch durch Verletzungen zu solch isolierten Knorpelschäden.
Wie schnell ist die Mobilität wieder gegeben? Ist die Sportfähigkeit mit einer Schlittenprothese eingeschränkt?
Prof. Kendoff: Bereits am Tag nach der Operation stehen sie unter Anleitung im Krankenzimmer auf. Nach vier bis fünf Tagen können die Patienten wieder nach Hause. Die Ansprüche an das Kunstgelenk sind nach der Heilung natürlich sehr unterschiedlich. Aber bis auf Kontaktsportarten können mit der Schlittenprothese alle gewünschten Aktivitäten aufgenommen werden.
Neben der Schlittenprothese, die Sie mit ca. 80 Fällen im Jahr recht häufig einsetzen, wenden Sie bei einer Arthrose, die nur die Kniescheibe betrifft, eine andere spezielle Endoprothese an.
Prof. Kendoff: Genau, die Endoprothese für das patellofemorale Gelenk, das aus der Kniescheibe und der Oberschenkelrolle besteht, bietet die Möglichkeit, nur den Gelenkanteil zu ersetzen, der geschädigt ist. Dies tritt vergleichsweise selten auf, ist für die betroffenen Patienten aber eine gute Lösung.
aus ORTHOpress 3-2016
Weitere Informationen:
Prof. Dr. med. Daniel Kendoff
Chefarzt / Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie
HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Tel.: 030 / 94 01 - 523 00
Daniel.Kendoff@helios-kliniken.de
www.helios-kliniken.de