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Knie

Kniearthrose biologisch heilen

Kniearthrose

Modernes Operationsverfahren als Alternative zur Endoprothese

Wenn man sich einmal genau vorstellt, welch immensen Belastungen unsere Knie tagtäglich ausgesetzt sind — immerhin lastet dort fast das ganze Körpergewicht auf wenigen Quadratzentimetern — wundert es nicht , dass so viele Menschen unter zum Teil sehr schmerzhaften Veränderungen im Kniegelenk leiden. Betroffen sind dabei in erster Linie die knorpeligen Anteile in den Gelenken, weil über sie nicht nur jede Bewegung läuft, sie funktionieren auch gewissermaßen als Stoßdämpfer zwischen den Gelenkpartnern und müssen ganz besonders hohen Drucken standhalten. Bei dauerhafter Fehlbelastung oder zu hohem Druck kommt es daher leicht zu Abrieberscheinungen in der Knorpelschicht.

Arthrose lautet die Diagnose und sie betrifft beileibe nicht nur Alte, sondern vielfach auch Menschen zwischen 30 und 65 Jahren, wie der Kniespezialist Dr. Jürgen Toft von der Münchener Alpha-Klinik aus seiner täglichen Praxis weiß. „Für diese, in der Regel sportlich sehr aktiven Menschen stellt die Mitteilung, dass sie unter Arthrose leiden, oft einen Schock dar. Die meisten verbinden damit die Vorstellung von Schmerzen, Inaktivität, Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben und Warten auf den künstlichen Gelenkersatz, wenn sie denn das entsprechende Alter erreicht haben sollten. Viele wissen einfach nicht, dass es heute sehr gute gelenkerhaltende Behandlungsmöglichkeiten auch für jüngere Menschen gibt, die die volle Teilnahme am Leben — auch in sportlicher Hinsicht — ermöglichen“, stellt Dr. Toft immer wieder fest. Mit einem künstlichen Gelenkersatz ist das natürlich nicht zu erreichen. Sportarten, wie Tennis, Fußball oder gar Ski fahren kommen mit einer Endoprothese im Knie nicht mehr in Frage.

Arthrose — ein Teufelskreis

Kennzeichen der Arthrose ist der Abrieb der knorpeligen Gelenkflächen bis hin zum völligen Knorpelverlust. Dabei spielen am Knie besonders Fehlstellungen (X- oder O-Beine), Unfälle und Verletzungen des Knies mit z.B. Meniskusschäden, berufliche und sportliche Überbelastung und starkes Übergewicht als Risikofaktoren die größte Rolle. Egal welcher Faktor im Einzelfall auslösende Ursache ist, immer kommt es zu einem Abrieb, d.h. kleinste Knorpelstückchen brechen aus der eigentlich völlig glatten Oberfläche aus. Sie wirken wie der berüchtigte „Sand im Getriebe“, unterhalten eine Begleitentzündung und fördern das Ausbrechen weiterer Knorpelstückchen. Es entsteht ein Teufelskreis, aus dem es ohne Hilfe von außen kein Entrinnen gibt.

Üblicherweise wird den Patienten bei diesem Befund eine Gelenkspiegelung empfohlen, bei der das Gelenk gespült und von allen Verunreinigungen gesäubert wird. Dies bringt auch in den meisten Fällen — wenigstens vorübergehend — eine Entlastung und hält die zerstörerischen Prozesse auf. An der Erkrankung an sich ändert sich aber nichts und über kurz oder lang fängt der Abrieb wieder an bis — ja bis der Knorpel ganz abgebaut ist.

Und Knorpel wächst doch nach

Bei der Methode, mit der Dr. Toft nun schon seit über zwanzig Jahren Erfahrungen sammeln konnte — immerhin hat er mehr als 4.000 Patienten so behandelt — geht es sich um einen völlig anderen therapeutischen Ansatz. Was von manchen Ärzten bis heute bestritten wird, sieht Dr. Toft immer wieder mit seinen eigenen Augen: Nachwachsen von Knorpelgewebe. Dabei handelt es sich zwar um eine Art Ersatzknorpel, der aber funktionell als vollwertig anzusprechen ist, daher ist er auch annähernd so belastbar wie originärer Knorpel. Dr. Toft: „Bei der Methode, die wir anwenden, handelt es sich — wie bei so vielen innovativen medizinischen Neuerungen — um eine Entwicklung, die ursprünglich aus den USA stammt. Dieses „Shaving“ genannte Verfahren unterscheidet sich zunächst nicht von den herkömmlichen Methoden. Auch hier wird während der Arthroskopie, also der Gelenkspiegelung, erst einmal mit einer gründlichen Übersicht eine genaue Bestandsaufnahme der Veränderungen im Gelenk gemacht. Dann wird das Gelenk natürlich auch von allen kleinen Partikel, die in der Gelenkflüssigkeit herum schwimmen, gesäubert. Die Knorpeloberfläche wird dann allerdings nicht nur glatt geschliffen, sondern mit dem „Shaver“ behandelt, d.h. die zerstörte Knorpelschicht wird vorsichtig abgeschliffen und gleichzeitig angerauht bis die darunterliegende gesunde Knorpelschicht anfängt, leicht zu bluten. Das austretende Blut verdichtet sich zu einer Art Plombe und füllt die Rauhigkeiten an der Knorpeloberfläche aus. Innerhalb von etwa zwei bis drei Monaten wandelt sich dieser Blutkuchen um in Faserknorpel, der später kaum vom ursprünglichen Knorpel unterschieden werden kann.“

Drei Monate Ruhigstellung sind erforderlich

So einfach und einleuchtend das Prinzip dieser Methode klingt, hat es doch zwei grundlegende Voraussetzungen. Zum einen werden hohe Anforderungen an die aktive Mitarbeit der so Behandelten gestellt. Genauer müsste man sagen, an die Inaktivität der Patienten, denn Grundbedingung dafür, dass die Blutplombe anwächst und in Knorpelgewebe umgewandelt werden kann, ist die völlige Ruhigstellung des Knies für etwa drei Monate. Gehen ist in dieser Zeit nur mit zwei Krücken erlaubt, damit jegliche Belastung der frischen Wunden entfällt. Ähnlich wie ein mit Teer aufgefülltes Schlagloch für eine gewisse Zeit nicht befahren werden darf, damit sich der frische Teer nicht verformt, darf auch das Knie nicht zu früh belastet werden, damit die Blutplombe nicht aus dem „Schlagloch“ rutscht. Daher müssen Patienten mit entsprechender beruflicher Belastung u.U. für die gesamte „Krückenzeit“ krankgeschrieben werden. Sitzende berufliche Tätigkeiten, die ohne Belastung der Knie einhergehen, sind allerdings nach ca. zwei bis drei Wochen wieder erlaubt.

Die zweite Bedingung, die bisher eher für eine Begrenzung bei der Verbreitung der Methode gesorgt hat, ist die Tatsache, dass das „Shaven“ von den Operateuren eine gründliche Ausbildung in dieser Methode, sehr viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl verlangt, damit genau der erforderliche Grad der Rauhigkeit erreicht wird und die Bedingungen für die Ersatzknorpelbildung optimal sind. Eine Woche einem Spezialisten bei den entsprechenden Operationen über die Schulter schauen reicht dazu nicht aus.

Mechanische Faktoren müssen mit korrigiert werden

Eigentlich muss man noch eine dritte Bedingung für das Gelingen der „Shaving-Operation“ nennen. Achsfehlstellungen wie z.B. X- und O-Beine oder Bandschädigungen wie z.B. Meniskusein- oder -anrisse müssen natürlich behoben werden. Dies kann in der Regel im gleichen Eingriff geschehen. Auch wenn solche zusätzlichen Maßnahmen durchgeführt werden müssen, kann der Eingriff normalerweise ambulant durchgeführt werden. Die postoperativen Schmerzen sind auf einen geringen Wundschmerz reduziert, da es ja kaum Weichteilverletzungen bei der Operation gibt. Komplikationen treten sehr selten auf. Nur bei etwa fünf Prozent der Behandelten ist das Nachwachsen des Faserknorpels problematisch und erfordert u.U. einen Zweiteingriff.

Dr. Toft fasst die Vorteile der Shaving-Operation zusammen: „Mit Hilfe dieses Verfahrens erhält der Patient sozusagen eine „Bioprothese“, also einen neuen Gelenkknorpel, ähnlich dem Original, den aber der eigene Körper gebildet hat. Vorteil ist die annähernd normale Belastungsmöglichkeit. Nach einem speziellen Aufbautraining können sich die Patienten wieder bewegen wie früher und Sport treiben wie mit vollkommen gesunden Knien. Im Vergleich zur Versorgung mit einer Endoprothese bedeutet dies natürlich einen erheblichen Gewinn an Lebensqualität, besonders für jüngere Menschen, aber nicht nur für sie. Das Wachsen der „Bioprothese“ ist an kein Lebensalter gebunden.“

Von Privaten Krankenkassen werden die Kosten für das „Shaven“ in der Regel erstattet. Auch Gesetzliche Krankenkassen übernehmen u.U. die Kosten nach einer Einzelfallprüfung.

aus ORTHOpress 03|2002

Alle Beiträge dienen lediglich der Information und ersetzen keinesfalls die Inanspruchnahme eines Arztes*in. Falls nicht anders angegeben, spiegeln sie den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wider. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.