Selektive Endoskopische Nukleotomie vermeidet Narbenbildung und postoperative Beschwerden
Obwohl bei vielen Bandscheibenpatienten mittlerweile durch moderne Therapieverfahren eine Operation umgangen werden kann, lässt sich diese – insbesondere bei motorischen Ausfallerscheinungen und vorliegender Sequestration – nicht immer vermeiden.
Die so genannte „offene“ Bandscheiben-OP ist jedoch mit gewissen Risiken verbunden: Da der Spinalraum eröffnet werden muss, kann eine ausgedehnte Narbenbildung auch bei größter Vorsicht nicht ausgeschlossen werden.
Das so entstandene „Postdiskektomiesyndrom“ aber führt oftmals zu gleichen oder ähnlichen Beschwerden wie vor der Operation. Häufig werden die Verwachsungsbeschwerden schlimmer als die eigentlich bandscheibenbedingte Erkrankung empfunden und zur Ursache einer Invalidisierung.
Abhilfe kann hier eine minimalinvasive Operation in „Schlüssellochtechnik“ schaffen, die „Selektive Endoskopische Nukleotomie“.
Dadurch, dass durch die OP-Technik der selektiven endoskopischen Diskektomie der Spinalraum nicht angerührt wird, kann dort keine Narbenbildung und somit keine Verschlimmerung der Symptomatik erfolgen.
Die Operationszeit beträgt durchschnittlich 40 bis 60 Minuten pro Bandscheibe. Eine kleine Stichinzision wird im Rücken, seitlich der Wirbelsäule gesetzt, wobei der Zugang ca. 10 cm seitlich der Dornfortsätze liegt. Die Operation selbst wird unter Flouroskopie (Bildwandlerkontrolle) durchgeführt. Hierzu wird das Endoskop durch den Einstich, durch das Unterhautgewebe und den Muskel direkt vor die Bandscheibe gebracht. Nach Eingang in die Bandscheibe werden das Nukleusgewebe und der Vorfall des Nukleusgewebes (der Bandscheibenvorfall) entfernt. Eine Hochfrequenzelektrode ermöglicht es hierbei, eine eventuelle Blutung zu stoppen, den Nukleus (Bandscheibenkern) bzw. das degenerierte Gewebe des Nukleus thermisch zu schrumpfen oder auch den Anulus (den Bandscheibenfaserring) zu schrumpfen.
Die oft aufgestellte Behauptung, sequestrierte Bandscheibenvorfälle könnten durch endoskopische Verfahren nicht entfernt werden, entspricht hierbei nicht den Tatsachen, weiß Dr. Dieter Werner, ärztlicher Leiter der Tagesklinik Niederschmalkalden. Dr. Werner: „International wurde diese Behauptung in tausenden von Fällen widerlegt. Fortgeschrittene technische Instrumentenentwicklungen erlauben dabei auch die Entfernung von sequestrierten Bandscheibenvorfällen aus dem Spinalkanal.“
Vor allem bei älteren Patienten erfolgt eine Einengung des Nervenaustrittes aus dem Spinalkanal durch das Foramen nicht alleine durch eine Degeneration der Bandscheibe und damit deren Vorwölbung in das Foramen, sondern auch durch andere degenerative Veränderungen. Diese Veränderungen werden hervorgerufen durch Verdickungen der Gelenkkapsel des Intervertebralgelenks oder durch knöcherne Anbauten, so genannte Apophyten im Foramen, sowie durch Verkrümmungen der Wirbelsäule (so genannte unphysiologische Skoliose oder Kyphoskoliose), die sich sowohl bei jüngeren, aber auch vor allem bei älteren Patienten entwickelt.
Eine weitere Einengung des Foramens kann durch bindegewebige Verwachsungen erfolgen, deren Ursache hauptsächlich in der Narbenbildung von früheren offenen Operationen oder chronischen Entzündungen zu suchen ist. Weitere Ursachen sind in mäßiggradigen Verschiebungen der Wirbelkörper zueinander zu suchen. Auch Höhenminderungen der Bandscheiben infolge von Degeneration oder auch von vorausgegangenen Bandscheibenoperationen können zur Einengung des Foramens führen.
Die operative Behandlung besteht in der Beseitigung der Einengung des Nervenaustrittes. Dieses kann durch eine offene Operationsmethode erfolgen, die Foraminotomie, oder durch eine endoskopisch durchgeführte Foraminoplastik. Die offen ausgeführte Foraminotomie führt zur Bildung von weiterem Narbengewebe, womit eine Beseitigung der bestehenden Beschwerden nicht wahrscheinlich ist. Durch die Foraminoplastik, die mittels Laser durchgeführt werde, so Dr. Werner, erfolge eine Erweiterung und plastische Umgestaltung des Foramens, die einer erneuten narbigen Veränderung vorbeugt.
Ein Archivbeitrag* aus ORTHOpress 2 | 2001
*Archivbeiträge spiegeln den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wieder. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.