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Ist der Gelenkersatz (schon) notwendig? So wichtig sind konservative Therapie und Zweitmeinung

Die Schmerzen in Knie oder Hüfte sind kaum noch auszuhalten und der Arzt sagt: „Sie brauchen ein neues Gelenk.“ Dabei werden in Deutschland nach wie vor zu viele Gelenke zu früh ausgetauscht.

gelenkersatz

Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Priv.-Doz. Dr. med. habil. Johannes Schauwecker rät darum immer dazu, sich eine Zweitmeinung einzuholen.

Herr Dr. Schauwecker, warum sind Zweitmeinungen so wichtig?

Dr. Schauwecker: Weil sich der Austausch eines Gelenkes oft vermeiden oder zumindest hinauszögern lässt. Viele Patienten sind unsicher, wollen den Operateur nicht vor den Kopf stoßen oder fürchten, dass sie die Zweitmeinung bezahlen müssen. Wir schicken unsere Patienten proaktiv zu Kollegen, um sich eine Zweitmeinung einzuholen, damit sie sich sicher fühlen. Außerdem gibt es das 2015 vom Bundestag verabschiedete „Versorgungsstärkungsgesetz“. Es besagt, dass jeder Patient das Anrecht auf eine Zweitmeinung und Anspruch auf Herausgabe seiner Unterlagen von der ärztlichen Untersuchung hat. Die Kosten für eine Zweitmeinung werden übrigens auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Warum werden Gelenke in Deutschland oft zu früh operiert?

Dr.Schauwecker: Leider werden viele Patienten immer noch nach dem Röntgenbild operiert: Auf dem Röntgenbild ist ein kaputtes Knie, also muss eine Prothese her. Ein Röntgenbild zeigt aber nicht den persönlichen Leidensdruck. Selbst Patienten, bei denen im Kniegelenk schon Knochen auf Knochen reibt, müssen nicht unbedingt unter Schmerzen leiden. Wobei es auch für uns den Punkt gibt, an dem wir sagen: Es ist besser, jetzt zu operieren.

Welche Situationen wären das?

Dr. Schauwecker: Wenn sich zum Beispiel ein 75-jähriger Patient mit geschwächter Knochenstruktur, Arthrose vierten Grades im Gelenk, hohem Leidensdruck und keinem Ansprechen auf konservative Therapien vorstellt. Dann sagen auch wir, dass besser relativ rasch operiert werden sollte, weil die Situation sich von alleine nicht verbessern wird. Da profitieren unsere Patienten besonders von den modernen minimalinvasiven Operationsmethoden.

Welche konservativen Behandlungsmöglichkeiten gibt es vor einem Eingriff?

Dr. Schauwecker: Da wären zum Beispiel Physiotherapie, physikalische Therapie, Versorgung mit Bandagen, Hyaluronsäuretherapie, plättchenreiches Plasma und die extrakorporale Magnettrans- duktionstherapie (EMTT). Gerade die EMTT setzen wir in Verbindung Arthrosebeschwerden sehr erfolgreich ein.

Wie funktioniert die EMTT-Therapie?

Dr. Schauwecker: Diese Therapieform ist erst seit etwa 3 Jahren bekannt, wissenschaftlich aber schon gut belegt. Man kann es sich physikalisch so vorstellen, wie das kabellose Laden eines Handys: Energie wird über Magnetwellen transportiert. Mit einem beweglichen Applikator können wir ein Magnetfeld, das 100-mal so stark ist wie die Erdanziehungskraft, gezielt in das erkrankte Gewebe einbringen. Die hochenergetischen und hochfrequenten EMTT-Impulse wirken direkt auf den Stoffwechsel der be- schädigten Zellen und beschleunigen so die Heilung. Zwar kann auch diese Therapie Knochen und Knorpel nicht „wie neu“ machen oder Arthrose verschwinden lassen, aber gerade im Hinblick auf die Beschwerdereduktion erzielen wir sehr gute Ergebnisse. Meist sind 5 – 6 Sitzungen im Abstand von je 3 – 4 Tagen erforderlich.

Priv.-Doz. Dr. med. Johannes Schauwecker
Priv.-Doz. Dr. med. Johannes Schauwecker

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