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Zuverlässige Wiederherstellung der schmerzfreien Schulterfunktion bei irreparablen Sehnenrissen
Die inverse Schulterprothese ist heute eine wichtige Behandlungsmöglichkeit für Patienten, bei denen die Rotatorenmanschette der Schulter nicht mehr repariert werden kann. Besonders ältere Menschen sind davon häufig betroffen, weil bei ihnen die Sehnen und Muskeln oft schon vorgeschädigt sind. Zusätzlich steigt mit dem Alter das Risiko einer fehlenden Heilung deutlich an.
Warum ist die Rotatorenmanschette wichtig?
Die Rotatorenmanschette besteht aus mehreren Muskeln und Sehnen, die das Schultergelenk stabilisieren und bewegen. Ist sie gerissen, kommt es zu Schmerzen und starken Bewegungseinschränkungen. Oft treten die Schmerzen v. a. nachts auf. Besonders schlimm ist die sogenannte Pseudoparalyse: Der Arm kann dann kaum noch gehoben werden. Tätigkeiten wie Essen und Haaremachen sind massiv eingeschränkt.
Der sogenannte „superiore Escape“ ist ein typisches Problem bei großen, irreparablen Rotatorenmanschettenrupturen. Er bezeichnet das unkontrollierte „Hochrutschen“ des Oberarmkopfes (Humeruskopf) nach oben (superior) im Schultergelenk. Dies geschieht, weil die Sehnen der Rotatorenmanschette, die normalerweise den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne halten, nicht mehr funktionieren. Dadurch fehlt die zentrierende Kraft, und der Deltamuskel zieht den Oberarmkopf bei Bewegung ungebremst nach oben.
Der „antero-superiore“ Escape tritt vor allem bei Rupturen der vorderen (antero-) und oberen (superioren) Anteile der Rotatorenmanschette auf, also insbesondere bei Defekten der Supraspinatus- und Subscapularissehne. Das führt dazu, dass der Oberarmkopf nicht nur nach oben, sondern auch nach vorne oben (antero-superior) aus der Gelenkpfanne gleitet.
Dies führt zu einer Instabilität und Fehlbelastung im Schultergelenk. Es kommt zu einer schnellen Abnutzung des Gelenkknorpels und zu weiteren Schäden an Knochen und Weichteilen. Die Schulter verliert ihre Funktion, und die Lebensqualität der Betroffenen ist stark eingeschränkt.
Wenn eine Rekonstruktion der Rotatorenmanschette noch möglich ist, wird in der Regel eine Naht der Sehnen durchgeführt, oft in arthroskopischer Technik. Eine strukturierte Nachbehandlung ist für das Gelingen entscheidend, jedoch meist bei großen Rissen sehr langwierig.
Bei jüngeren Patienten oder weniger ausgeprägtem Defekt können biologische Verfahren, Sehnentransfers oder Teilrekonstruktionen versucht werden. Mit dem Alter und einem zunehmenden Abbau der Muskulatur nimmt jedoch das Risiko eines Versagens dieser Therapien zu. Daher ist in diesen Fällen oft eine Heilung nach einer Naht der Sehnen schwierig oder unmöglich zu erreichen.
Wie funktioniert die inverse Prothese?
Im Gegensatz zur normalen Schulterprothese wird bei der inversen Prothese die natürliche Anatomie des Schultergelenks „umgedreht“:
Normal: Der Oberarmkopf (Kugel) sitzt am Oberarm, die Gelenkpfanne am Schulterblatt.
Inverse Prothese: Die Kugel wird am Schulterblatt befestigt, die Pfanne kommt an den Oberarm.
Mit der inversen Prothese übernimmt der große Deltamuskel, der meist noch intakt ist, die Aufgabe der Rotatorenmanschette. Durch die Umkehr der Gelenkmechanik wird der Deltamuskel so „umgeleitet“, dass er den Arm wieder anheben kann. Die Schulter wird dadurch wieder beweglich und die Schmerzen lassen nach. Dadurch wird die Bewegung des Arms auch über Kopfhöhe wieder möglich und Schmerzen (inklusive des häufigen Nachtschmerzes) werden effektiv therapiert. Die gerissene Rotatorenmanschette wird also nicht mehr benötigt.
Wann kommt die inverse Schulterprothese zum Einsatz?
Wenn die Sehnen so stark beschädigt, zurückgezogen oder verfettet sind, dass eine Naht nicht mehr möglich ist.
Vorherige Operationen gescheitert sind und der Patient weiterhin starke Beschwerden hat.
Besonders bei älteren Patienten, deren Gewebe nicht mehr gut heilt und die unter Schmerzen und Funktionsverlust leiden.
Was können die Patienten nach einer Operation erwarten?
Viele Studien und auch eigene Erfahrungen zeigen, dass Patienten nach einer Operation ihren Arm wieder viel besser bewegen können. Besonders bei älteren Menschen mit einer sogenannten Pseudoparalyse – also einer fast vollständigen Bewegungseinschränkung des Arms – zeigen sich sehr gute Ergebnisse: Die Fähigkeit, den Arm wieder aktiv heben zu können, verbessert sich oft deutlich bei gleichzeitiger Schmerzfreiheit. Zugleich ist die inverse Prothese die einzige Möglichkeit, eine kraftvolle Schulterfunktion wieder herzustellen.
Wie bei jeder Operation gibt es auch hier Risiken. Diese sind sehr gering, jedoch besteht die Möglichkeit von Infektionen, Lockerung der Prothese sowie Brüchen am Schulterblatt.
Die meisten Patienten sind mit dem Ergebnis der Behandlung sehr zufrieden. Viele profitieren langfristig von der Prothese. Moderne inverse Schulterprothesen sind so konstruiert, dass sie viele Jahre halten. Studien zeigen, dass auch nach über fünfzehn Jahren noch ein Großteil der Implantate ohne Probleme funktioniert.
Ein weiterer Vorteil ist die recht kurze Rehabilitationszeit. Im Vergleich zu anderen operativen Verfahren sind die Patienten meist schneller wieder mobil und können früher mit dem Training zur Wiederherstellung der Schulterfunktion beginnen. Das ist besonders für ältere Menschen von Vorteil, da eine lange Rehabilitation für sie oft eine große Belastung darstellt.
Zusammengefasst zeigt sich:
Die inverse Schulterprothese führt in den meisten Fällen zu einer sehr effektiven Schmerzlinderung, einer deutlich besseren Beweglichkeit und Funktion. Daraus ergibt sich eine sehr hohe Patientenzufriedenheit. Die Prothese ist langlebig und die Rehabilitation nach der Operation ist oft kürzer als bei anderen Behandlungsverfahren.
Prof. Dr. Knut Beitzel
Chefarzt Schulterchirurgie,
Arthroskopie & Sportorthopädie
ATOS Orthoparc Klinik GmbH
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