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Schulter

Von der Rotatorenmanschettenruptur zur Defektarthropathie – Wie kommen wir zu optimalen Ergebnissen?

A caring female doctor points to a place on her neck as she talks with a patient. They are discussing the patient's neck pain.

Minimalinvasive Techniken, wie die arthroskopische Rekonstruktion der Rotatorenmanschette, bieten gegenüber offenen Verfahren einige Vorteile.

Hierbei geht es weniger um die bekannten Aspekte des geringeren Weichteiltraumas, einer schnelleren Rehabilitation, minimalisierte Infektionsraten oder kosmetischen Ergebnisse. Die wesentlichen Vorteile sind unserer Erfahrung nach die optimalen Möglichkeiten, die Sehnenbeschaffenheit und damit die Rekonstruktionsmöglichkeiten intraoperativ zu verstehen und zu nutzen. Früher haben wir die Nähte überwiegend mit der unter dem Schulterdach eingebrachten Optik durchgeführt. Hierbei hat der Operateur ausschließlich Aufsicht auf die gerissene Sehne von oben. Dies dient der Testung der Mobilität vorderer und hinterer Sehnenstümpfe. Die Beurteilung wichtiger, in der Tiefe liegender, intraartikulärer Kapselbandstrukturen (Abb. 1a), wie bspw. des für die Rekonstruktion wichtigen Ro-ta-torenkabels ist so kaum möglich. Hier bringt die zusätzliche Sicht mit der Optik im Gelenk und damit unterhalb der Manschette viele Vorteile. Insbesondere bei der Naht vglw. kleiner Risse u./od. doppelreihiger Rekonstruktionen (Abb.  1b) können die Nähte deutlich dosierter und gezielter in das taugliche, stabile Sehnengewebe bspw. am Rotatorenkabel platziert werden. Zudem können wichtige Kapselbandstrukturen, die Bizepssehne etc., die explizit nicht eingenäht werden sollten, dargestellt werden. Bei ausgedehnten Rupturen ist die Lösung von Verwachsungen zu angrenzenden Kapselbandstrukturen deutlich vereinfacht (Abb.  1a). All dies reduziert etliche biomechanische Probleme, eine Überspannung der Naht u./od. das Auftreten einer Schultersteife. Häufig zeigen sich am Sehnenansatz Knochenzysten u./od. ein schwacher, kaum Halt bietender Knochen (Abb.  1c). In solchen Fällen oder bei Revisionen mit bereits ein-liegenden Ankern ist eine solide Verankerung schwierig. Hier ist die arthroskopische, transossäre Manschettenrekonstruktion, bei der das Fadenmaterial am kortikalen und nicht im spongiösen Knochen sicheren Halt findet, sinnvoll (Abb.  1d). Basierend auf diesen Weiterentwicklungen stellen die arthroskopischen transossären oder ankerbasierten Manschettenrekonstruktionen in jedem Alter und bei den allermeisten Ausgangssituationen ein zuverlässiges Verfahren dar. 

Abb. 1 a

Abb. 1 b

Abb. 1 c

Abb. 1 d

Werden Manschettenrisse belassen, besteht das Risiko des Überganges zu ausgedehnteren Rupturformen, einer Fettatrophie sowie Funktionslosigkeit des Muskels. Über Jahre kann sich das Bild einer schmerzhaften Defektarthropathie mit der sog. Pseudolähmung entwickeln. Hier ermöglicht die inverse Schulterprothese, bei der der Oberarmkopf durch ein pfannenförmiges und die Pfanne durch ein halbkugeliges Implantat ersetzt wird, nicht nur Schmerzfreiheit sondern auch eine gute Funktionsverbesserung. Neuere Designs verzichten auf den Prothesenschaft. Die Verankerung erfolgt gelenknahe im vglw. festen, peripheren Knochen (Abb.  2a). Somit werden typische Probleme konventioneller Schaftprothesen vermieden und Knochen, insbesondere im Bereich der Rotatorenansätze, effektiv geschont. Eigene Untersuchungen zeigten, dass die stielfreie Versorgung sowohl ein zuverlässiges Ein-wachsen im Knochen als auch eine optimierte Herstellung der gewünschten inversen Gelenkgeometrie ermöglicht. Auch sind wir mit neueren Weiterentwicklungen aktiv, bei denen bspw. modulare Inlays eine individuelle Verlagerung des Oberarmes erlauben (Abb. 2a, 2b). Durch diese Offset-Einstellung kann sich die Funktion erhaltener Rotatoren und auch der Umlenkwinkel des Deltamuskels deutlich verbessern. 

Abb. 2 a (genehmigt durch Corin/FxSolutions)

Abb. 2 b

Zusammenfassend zeigen sowohl die Manschettenrekonstruktionen als auch die Schulterprothetik viele logische Weiterentwicklungen mit wesentlichen Fortschritten für den Patienten.

Bildnachweise: Ina Osterhues

Prof. Dr. med. Lars Victor von Engelhardt & Dr. med. Tom Berg (v. l. n. r.)

Sportklinik, Endocenter und Orthopädische Praxis Damme

Lindenstraße 10 – 12 • 49401 Damme

Tel.: 05491 / 955 234

www.orthop-damme.de

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