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Knie

Funktionelle Reha nach Verletzungen der Kreuzbänder und Menisken

Beitragsbild
Closeup over the shoulder view of an early 60's senior gentleman having some knee pain. He's at doctor's office having medical examination by a male doctor. The doctor is touching the sensitive area and trying to determine the cause of pain.

Das Kniegelenk ist das am stärksten beanspruchte Gelenk unseres Körpers und aufgrund seines komplizierten Aufbaus äußerst verletzlich. Zu den Schwachstellen gehören das hintere und das vordere Kreuzband sowie der Innen- und Außenmeniskus. Vor allem Sportler sind einem hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Wird ein Kreuzbandriss oder ein Meniskusschaden operativ versorgt, bedarf es umfangreicher Reha-Maßnahmen, um die Funktion des Kniegelenks wiederherzustellen. 

Auch wenn die Kreuzbänder, welche Oberschenkel und Schienbein miteinander verbinden, eigentlich recht robust sind, können hohe Krafteinwirkungen dazu führen, dass sie reißen. Dies geschieht beispielsweise bei Stürzen oder unkontrollierten Landungen. Eine häufige Ursache sind übermäßige Drehbewegungen, wie sie typischerweise beim Fußball, Handball oder Skifahren vorkommen. Am meisten ist davon das vordere Kreuzband betroffen. Vor allem sportlich aktiven Menschen wird in einem solchen Fall zu einer Operation geraten, da es ansonsten zu einer chronischen Gelenkinstabilität kommen kann. Heutzutage besteht ein solcher Eingriff in der Regel darin, dass ein gerissenes Kreuzband durch ein körpereigenes Transplantat ersetzt wird, welches meist aus der Sehne eines Muskels an der Innenseite des Oberschenkels, der sogenannten Semitendinosussehne, gewonnen wird.

Eine Orthese sollte sich an die individuellen Verhältnisse des Knies anpassen lassen

Damit das Transplantat fest in den Knochen einwachsen kann, bedarf es mehrerer Wochen und Monate. Da die Ersatzsehne neuen Belastungen ausgesetzt wird, ist ein langwieriger struktureller Umbau erforderlich, der unter Umständen erst nach einem halben Jahr abgeschlossen ist. Die Reha beginnt bereits unmittelbar nach der Operation. In den ersten drei Wochen geht es darum, die Schwellung zurückzuführen, die Wundheilung zu fördern und den postoperativen Schmerz zu verringern. Es ist daher zu empfehlen, das Knie immer wieder hoch zu lagern und zu kühlen. Möglicherweise ist eine Lymphdrainage sinnvoll. Im Vordergrund steht das Ziel, die Beweglichkeit des Knies so zu steigern, dass eine Beugung von etwa 90 Grad und eine Null-Grad-Streckung möglich wird. Zu diesem Zweck kann man eine Motorschiene verwenden, mit der das Knie passiv bewegt und gestreckt wird. Damit die Kniescheibe frei beweglich bleibt, werden tägliche Übungen zur Patella-Mobilisation empfohlen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Räume neben der Kniescheibe verkleben und die Beweglichkeit – insbesondere die Streckfähigkeit – eingeschränkt wird. Ein wichtiges Hilfsmittel für die Rehabilitation sind Knieorthesen. Damit lässt sich das Knie stabilisieren und eine zu starke Beugung verhindern. Die Orthese sollte sich individuell an
die jeweilige Größe des Knies anpassen lassen und auch eventuelle Schwellungen berücksichtigen.

Ab der vierten Woche versucht man allmählich, durch eine stetige Belastungssteigerung die volle Belastbarkeit wiederherzustellen und die koordinativen Fähigkeiten zurückzugewinnen. Zugleich beginnt man nun mit dem Aufbau der Muskelkraft. Ab der zwölften Woche werden Sportler langsam in die Lage versetzt, ihren ursprünglich ausgeübten Sport wiederaufzunehmen. Jetzt beginnt das Kreuzbandriss-Prophylaxe-Training.

Nach einer Meniskus-OP ist eine Teilentlastung erforderlich

Bei der operativen Behandlung eines verschleiß- oder verletzungsbedingten Meniskusrisses wird das geschädigte Gewebe entfernt, durch eine Naht refixiert oder durch Ersatzmaterial ersetzt. Es gibt heutzutage die Möglichkeit, Menisken mit Gerüsten aus Kollagen oder Polyurethan zu generieren. In den ersten vier bis sieben Tagen nach einer OP sollte das Knie in jedem Fall teilentlastet werden. Mithilfe von Unterarmgehstützen sollte die Belastung auf 15 bis 20 kg reduziert werden. Ziel ist es, eine Wundinfektion zu verhindern und dafür zu sorgen, dass sich mithilfe von Lymphdrainage und abschwellend wirkenden Arzneimitteln Schwellungen und Hämatome zurückbilden. In dieser Zeit wird das Gelenk durch eine Lagerungsschiene ruhig gestellt. Werden nach spätestens 14 Tagen die Operationsfäden entfernt, beginnt man mit dem Aufbautraining für die Oberschenkelmuskulatur. Durch eine starke Muskulatur wird das Gelenk gestützt und die Belastung für den Meniskus verringert. Eine funktionelle Schiene, die für insgesamt etwa sechs Wochen getragen wird, sorgt dafür, dass der Bewegungsumfang begrenzt wird.

Wann man nach der operativen Versorgung eines Meniskusrisses wieder Sport treiben kann, hängt nicht nur vom Grad der eigentlichen Schädigung ab, sondern auch davon, in welchem Ausmaß das Kniegelenk als Ganzes in Mitleidenschaft gezogen wurde, wie sehr also z. B. der gerissene Meniskus auf den benachbarten Knorpelflächen gerieben hat. Eine wichtige Rolle spielt daher die Frage, wie viel Zeit vergangen ist, bis eine Behandlung durchgeführt wird. Je früher dies geschehen ist, desto eher wird es möglich sein, die volle Belastbarkeit wiederherzustellen. Therapeutische Gymnastik, leichtes Krafttraining zum Muskelaufbau sowie Radfahren oder Schwimmen sind in unkomplizierteren Fällen bereits zwei oder drei Wochen nach der OP möglich, nach einer Teilresektion oder Naht des Meniskus nach ca. sechs bis neun Wochen. Bis eine intensive sportliche Belastung möglich ist, kann es wesentlich länger dauern. Nach einer Transplantation oder bei postoperativen Beschwerden kann dieser Zeitraum zwischen einem halben und einem Jahr betragen.

Nach Knieverletzungen zurück zum Sport

Um einen erneuten Kreuzbandriss zu verhindern, sind auch nach einer Reha weitere, präventive Maßnahmen notwendig. Man sollte sich als Sportler immer darüber im Klaren sein, dass eine bestehende Schwachstelle durch die Reha-Maßnahme nicht vollständig beseitigt wurde. Stattdessen bleibt immer ein gewisses Risiko bestehen, dass es wieder zu einer Ruptur kommen kann. Dies gilt vor allem für Menschen, die Stop-and-go-Sportarten mit Körperkontakt ausüben. In der Prävention sollten Übungen einen großen Stellenwert einnehmen, mit denen die neuromuskuläre Kontrolle des Rumpfes und der Becken-Bein-Achse verbessert wird. Dazu gehören die Kräftigung der Beinmuskelkette, insbesondere der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur, sowie das Training der „Beidfüßigkeit“, um muskuläre Dysbalancen zu verringern. Ein Trainingskonzept, das auf der dreidimensionalen Analyse der Bewegungsabläufe basiert, ist die Spiraldynamik. Auch die richtige Technik des Landens bei Kontaktsportarten sollte trainiert werden. Ein leichtes Lauftraining kann in der Regel nach vier Monaten begonnen werden. Eine Rückkehr zur alten Sportart sollte, je nachdem um welche Disziplin es sich handelt, frühestens wieder nach etwa drei Monaten stattfinden. Da ein Kreuzbandersatz nie so stabil sein wird wie das ursprüngliche Band, ist es sinnvoll, ein begleitendes Kraft- und Koordinationstraining beizubehalten.

Allein die mechanische Stabilität nach Kreuzband-OPs reicht nicht aus

Auch wenn das Kniegelenk nach einer Kreuzband-OP mechanisch wieder stabil ist, sind die Probleme damit allein noch lange nicht gelöst. Denn sowohl im Alltag als auch im Wettkampfsport kommt es vor allem auf dynamische, schnelle und reaktive Bewegungen an. Diese sind aber nur möglich, wenn die Nerven mitspielen. Da jedoch wichtige Rezeptoren im Kniegelenk durch die Kreuzbandverletzung geschädigt sind, ist die Verbindung zum zentralen Nervensystem gestört. Es entsteht daher ein sensomotorisches Defizit. Mithilfe sensomotorischer Übungen lässt sich die Wahrnehmung der Kniegelenkpositionen verbessern. Zugleich wird die Fähigkeit trainiert, auf instabile Situationen zu reagieren, etwa beim Umknicken nach einem Sprung. Auch die Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeit wird verbessert. Häufig wird beim Aufbautraining die hintere Oberschenkelmuskulatur vernachlässigt. Eine einseitige Dominanz der vorderen Oberschenkelmuskulatur kann jedoch einen erneuten Kreuzbandriss begünstigen. Daher sollten sowohl die vorderen als auch die hinteren Oberschenkelmuskeln ausreichend trainiert werden.

von Klaus Bingler 

aus ORTHOpress 1/17

Fragen und Antworten

Wie lange benötigt man nach einer Meniskus-Operation Krücken?

Nach der Operation sollte das Knie für vier bis sieben Tage nicht voll belastet werden. Durch die Nutzung von Unterarmgehstützen sollte die Belastung auf 15 bis 20 kg reduziert werden. Wie lange der Patient darüber hinaus dieses Hilfsmittel nutzen sollte, ist vom individuellen Fall abhängig.

Welche Sportarten sind schlecht für das Knie?

Besonders sogenannte Stop-and-go-Sportarten mit Körperkontakt bergen ein Risiko für eine Knieverletzung.

Wie lange dauert die Reha nach einer Kreuzband-OP?

In der Regel dauert die Nachbehandlung im Anschluss an eine Kreuzband-OP vier bis sechs Wochen, dies kann aber individuell variieren.