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Erste Erfahrungen mit einem neuen Produkt
Bei der immer älter werdenden Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland steigt naturgemäß der Anteil jener Patienten, die mit Rückenschmerzen einen Spezialisten aufsuchen. In den meisten Fällen findet man dann außer dem üblichen altersentsprechenden Verschleiß auch eine Ursache für die immer kürzer werdende Gehstrecke des Patienten: Der Grund ist oft eine Einengung des lumbalen Spinalkanals sowohl zentral als auch seitlich mit Einengung der Nervenaustrittslöcher und entsprechenden Beschwerden in den unteren Extremitäten. Es kommt zum klassischen „Claudicatio-spinalis-Syndrom“ mit zunehmenden belastungsabhängigen Schmerzen und Kraftverlust in den Beinen. Diese zwingen die Betroffenen, bereits nach einer kurzen Gehstrecke stehen zu bleiben, um zu warten, bis der Schmerz nachlässt.
Stabilisierungsoperation birgt Risiko für Anschlussdegeneration
Die Stenose entsteht teilweise durch eine massive Verdickung sowohl des Ligamentum flavum, des zwischen den Wirbeln gelegenen „gelben Bands“, welches die Wirbelbögen verbindet, als auch der Facettengelenke mit deutlichen Facettengelenkergüssen, die in der Bildgebung (MRT) teils als Zysten nachweisbar sind. Eine angedeutete oder klare Pseudolisthesis, bei der Wirbel gegeneinander verschoben sind, lässt sich ebenfalls nicht allzu selten diagnostizieren. In solchen Fällen, wo man auch eine gewisse Instabilität mitdiagnostizieren wird, reicht eine reine mikrochirurgische Dekompression des Spinalkanals mit Erweiterung der Nervenaustrittslöcher nicht aus. Hier wird oft schnell eine Stabilisierungsoperation von hinten in TLIF oder PLIF Technik durchgeführt. Diese führt allerdings nicht nur zu einer kompletten Versteifung des operierten Segments, sondern auch zu einem erhöhten Risiko für Anschlussinstabilitäten der benachbarten Wirbelgelenke.
Die Alternative kann eine dynamische Stabilisierung sein
Je nach Art der Instabilität (kein klares Wirbelgleiten, nur Facettengelenkzysten nachweisbar versus eindeutige Pseudolisthesis mit Instabilität in den Funktionsaufnahmen) kann eine dynamische Stabilisierung der betroffenen Wirbelsegmente mit Pedikelschrauben-Systemen durchaus eine mögliche Alternative sein.
Die Systeme zur dynamischen Stabilisierung zeichnen sich durch einen teilbeweglichen Stab aus, der eine gewisse Beweglichkeit im operierten Segment ermöglicht. Bei einigen Systemen sind auch die Schrauben-Stab-Verbindungen flexibel konstruiert. Außerdem kann man in Verbindung mit einer klassischen Stabilisierung das darüber liegende Segment mitversorgen (Topingoff/Hybridversorgung). Hierüber ist schon einiges geschrieben und veröffentlicht worden.
Zur dynamischen Stabilisierung sind auf dem Markt unterschiedliche Systeme verfügbar. Das früher häufiger beobachtete Implantatversagen (Schraubenbrüche) ist in den letzten Jahren durch Verbesserung der Produkte durch die Industrie deutlich reduziert worden.
Die meisten Systeme sind für die Versorgung von ein bis maximal zwei Wirbelsegmenten gedacht, damit kann man außer L5/ S1 fast alle Segmente der Lendenwirbelsäule versorgen. Es kommt natürlich auch hier auf die Indikationsstellung an: Deutlich instabile Segmente (Beweglichkeit in den Funktionsaufnahmen) oder ein Wirbelgleiten über Grad I müssen konventionell fixiert werden.
Neues Implantat schützt benachbarte Wirbelsegmente
Seit einem knappen Jahr ist auf dem deutschen Markt ein Implantat verfügbar, welches aufgrund seiner Konstruktion sowohl das operierte als auch die benachbarten Segmente schützt und verglichen mit bisherigen Systemen noch mehr Beweglichkeit der Bandscheiben des operierten Segmentes zulässt. Der B-Dyn-Stab (Hersteller: Cousin Biotech, Frankreich) kann mit verschiedenen OP-Systemen verwendet werden. Der Stab ist im französischsprachigen Raum schon seit 2008 erhältlich und bislang mehrere tausend Male erfolgreich eingesetzt worden (Abb. 1).
Er besteht aus einem in zwei Längen erhältlichen Titanstab mit einem in mehreren Achsen beweglichen oberen Anteil sowie einem Kern, der aus einem PCO-basierten Motion-Kontrollring und einer zylindrischen Hülle samt Silikondämpfer besteht (Abb. 2).
Dadurch wird dem operierten Segment zusätzlich zu einer Flexion/Extension auch eine Lateralbeugung ermöglicht (Abb. 3). Rotation und eine Translationsbewegung werden weiterhin unterbunden.
Die Implantation des Systems ist relativ einfach: Nach mikrochirurgischer Dekompression des betroffenen Segmentes werden die Pedikelschrauben perkutan (durch die Haut) implantiert. Anschließend wird der Titanstab ebenfalls perkutan eingebracht und an den Schraubenköpfen mit den Madenschrauben befestigt. Entscheidend für die Implantation ist, dass die richtige Länge gewählt wird, damit der flexible Teil tatsächlich frei ist. Entsprechende Markierungen des Implantates weisen darauf hin.
Stabilisation ohne Aufgabe der Beweglichkeit
Die Erstergebnisse sind sehr zufriedenstellend, auch meine bisherige kurze Erfahrung ist ausschließlich positiv. Die persönlichen Erfahrungen müssen natürlich entsprechend mit Studien belegt werden. Dies ist in den kommenden Jahren vorgesehen.Zusammenfassend ist die dynamische Stabilisierung bei bestimmten Krankheitsbildern eine Alternative zur Wirbelsäulenversteifung mit starrem Schrauben-Stab-System und Cage. Sie korrigiert Überbeweglichkeiten, stabilisiert das lockere Segment und entlastet somit die Bandscheiben und die Facettengelenke, ohne die Beweglichkeit des Segmentes komplett aufzuheben. Das erlaubt, verglichen zu den bisherigen angewandten dynamischen Systemen, noch eine laterale Beugung, die der ursprünglichen intakten Wirbelsäulenbewegung sehr nahekommt. Weitere Erfahrungen sowie aufwändige Studien sollen das hoffentlich in der nächsten Zeit auch belegen.
Dr. med. Charilaos Christopoulos
Chefarzt Wirbelsäulenchirurgie
ATOS Orthoparc Klinik GmbH
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