Die Achillessehne ist die dickste und stärkste Sehne im menschlichen Körper, verbindet den Fuß mit der Wadenmuskulatur und ist entscheidend fürs Laufen. Doch auch unsere reißfesteste Sehne ist nicht unverwundbar – wie ihr Namenspatron Achilles beweist. Oft ist es eine jahrelange Fehl- oder Überbelastung im Sport, die dann für schmerzhafte Entzündungen oder sogar Rupturen sorgt. Wie man konservativ oder operativ dagegen vorgehen kann, weiß der Orthopäde und Fußchirurg Dr. Ulrich Pfleghar aus Gräfelfing bei München.
Herr Dr. Pfleghar, Sie behandeln in Ihrer Praxis seit vielen Jahren Patienten mit Schmerzen am Fuß und der Achillessehne. Gibt es Vorzeichen für eine Achillessehnenerkrankung?
Dr. Pfleghar: An sich ist die Achillessehne überaus stabil, daher sind die ersten Anzeichen für Erkrankungen keine dramatischen Schmerzen, sondern eher ein unangenehmes Spannungsgefühl mit tastbaren Verdickungen an der Sehne. Leistungs- und Freizeitsportler, die ihren Sehnen zwischen den Trainingseinheiten nicht genug Ruhe gönnen, sind anfällig für Erkrankungen der Achillessehne. Liegt dazu noch ein Überbein an der hinteren Ferse, eine sogenannte „Haglundexostose“ vor, haben die Betroffenen zusätzlich Beschwerden beim Tragen von Schuhen an der hinteren Ferse. Der spürbare Druckschmerz entsteht, weil sich auf Höhe des Sehnenansatzes am hinteren Fersenbein harte Knochenvorsprünge bilden, durch die Sehne, Gewebe und Haut schmerzhaft aufgetrieben werden und am Schuhrücken reiben. Je mehr die Stelle gereizt wird, desto weiter schwillt sie an und desto stärker wird der Druck. Eine weitere mögliche Erkrankung ist die strukturelle Schädigung der Achillessehne, wo kleine Rissstellen in der Sehne entstehen und die Sehne durch weitere Gewebeschädigungen schwächen können, was teils zu veralteten Sehnenabrissen führt.
Wie erkennen Sie, ob eine Achilles-sehne geschädigt ist?
Dr. Pfleghar: Im Anamnesegespräch stelle ich fest, wann und wo die Schmerzen genau auftreten. Auch ob die Schmerzen nur bei bestimmten Bewegungen auftreten oder dauerhaft verspürt werden, ist ein wichtiger Hinweis. Anschließend untersuche ich die Achillessehne. Bei Betroffenen mit entzündeten Achillessehnen, einer sog. „Achillodynie“, tritt bei der Tastuntersuchung ein deutlicher Schmerzimpuls auf. Ein Überbein ist oft zusätzlich gut tastbar, da die entstandenen Verkalkungen und Vorsprünge knochenhart sind. Auch entzündete Schleimbeutel können für tastbare Schwellungen sorgen, außerdem lässt sich mit dem sog. „Pinzettengriff“ feststellen, ob die Achillessehne verdickt ist. Die Ultraschalluntersuchung bietet zudem eine schonende und rasche Gewebeuntersuchung, wo sich oft Flüssigkeitsansammlungen um die Sehne als Ausdruck einer akuten oder chronischen Entzündung achweisen assen. m Röntgenbild kann das Ausmaß einer Verkalkung am Sehnenansatz beurteilt werden (siehe Beispielaufnahmen).
Welche konservativen Möglichkeiten gibt es zur Behandlung von Achillessehnenschmerzen?
Dr. Pfleghar: Das kommt ganz auf die Diagnose an. Die meisten Erkrankungen lassen sich anhand der Symptombeschreibung durch den Patienten, die körperliche Untersuchung und die durch Ultraschall, Röntgen oder MRT gewonnenen Bilder sehr gut diagnostizieren. Bei leichten Entzündungen oder Überreizungen der Achillessehne stehen uns konservative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, allen voran die Physio- und Stoßwellentherapie. Manchmal bleibt allerdings nur ein operativer Eingriff, um die ursächlichen Reize der Entzündung zu entfernen. Bei der Haglund-Deformität befindet sich ein überbeinartiger Knochensporn am Fersenbein, der entfernt werden muss, wenn die Beschwerden dauerhaft zurückgehen sollen. Alternativ zur OP kann erst mit Physiotherapie, Einlagen oder entlastenden Aussparungen im Schuh therapiert werden. Eine Stoßwellentherapie ist hier eigentlich kontraindiziert. Da die dauerhaft bestehende Veränderung am Sehnenansatz das Risiko einer Rissbildung steigert, ist individuell abzuwägen, ob eine Operation bald oder noch zeitversetzt erfolgen kann.
Wie gehen Sie vor, wenn konservative Methoden nicht ausreichen?
Dr. Pfleghar: Wenn mit konservativen Maßnahmen kein Therapieerfolg mehr erzielt werden kann, gibt es chirurgisch mehrere Möglichkeiten, insbesondere bei Sehnenrupturen. Hier kommt es darauf an, ob die Achillessehne direkt am Fersenbein an ihrem unteren Ansatz abgerissen ist und mit selbstauflösenden Ankerfäden wieder am Knochen refixiert wird oder ob die Sehne im mittleren oder unteren Drittel ab- oder einreißt. Bei frischen Rupturen (typische Sportverletzung) kann die Sehne oft direkt genäht werden. Sollte es sich jedoch um veraltete, also länger zurückliegende Sehnenrupturen handeln, sind oft spezielle Rekonstruktionen erforderlich. Hier kann der noch brauchbare gesunde Anteil der Achillessehne zur Überbrückung von Defektzonen verlängert werden. Sollte die Achillessehne im Rahmen einer Nekrose oder von massiven Defekten gänzlich unbrauchbar zerstört sein, kann man körpereigene Sehnen in direkter Nachbarschaft der ehemaligen Achillessehne als Ersatzsehne transferieren.
Nach solchen rekonstruktiven Eingriffen dauert es in etwa drei Monate bis zur alltags-und sporttauglichen Belastbarkeit.
Bei einer Verkalkung des Achilles-sehnenansatzes (hinterer Fersensporn) kann ich die Achillessehne meist ohne Ablösung am Fersenbein so weit mobilisieren, damit ich die komplette Verkalkung und die Überbeine entfernen kann und sich damit der Druck im Schuh auch wieder gibt. Dieses Verfahren benötigt nicht ganz so viel Nachbehandlungsdauer und eine Vollbelastung nach OP ist direkt im Therapiestiefel möglich.
Was kann man vorbeugend tun, damit es nicht so weit kommen muss?
Dr. Pfleghar: Am wichtigsten ist die adäquate Bewegung und Erholung. Gerade als Sportler sollte man sich vor dem Training immer gut aufwärmen und dehnen, um die Sehne und den ganzen Körper auf die Belastung vorzubereiten. Dauersportler, deren Sehnen intensiven, immer wiederkehrenden Belastungen ausgesetzt sind, sollten besonders auf die richtige Ausführung der Bewegungen achten. Sehnenrupturen sind meist die Folge von degenerativen Veränderungen durch jahrelange Fehl- oder Überbelastung. Die immer wiederkehrenden Mikro-traumata summieren sich, die dann entstehenden Entzündungen beeinträchtigen die Nährstoffversorgung der Sehne, was sie wiederum anfälliger für Verletzungen macht. Die Achillessehne ist leider kaum durchblutet, d. h., sie wird nur indirekt mit Nährstoffen versorgt und ist dadurch weniger regenerationsfähig. Darum sollte man auch schon bei kleineren Beschwerden frühzeitig eingreifen, um Verletzungen und chronische Schädigungen zu vermeiden.
Herr Dr. Pfleghar, vielen Dank für das Gespräch.
Orthopraxis Gräfelfing
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