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Zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen gehört das „RLS“ abgekürzte Restless-Legs-Syndrom. Bis zu 10 Prozent der Menschen in Deutschland sollen von dem unkontrollierten Beinzucken und den Missempfindungen betroffen sein, die bereits vor rund 300 Jahren beschrieben wurden.
Das Restless-Legs-Syndrom äußert sich meist ausschließlich in den Abend- und Nachtstunden durch den unbändigen Drang, die Beine zu bewegen. Mögliche Missempfindungen werden als Kribbeln, Ziehen, Reißen oder Ameisenlaufen beschrieben, welche Betroffene zwingen, das Bett bzw. ihre Ruheposition zu verlassen. Beim Aufstehen und Umhergehen bessern sich die Symptome in der Regel, um dann in Ruhe erneut aufzutreten. Da ein ungestörter Nachtschlaf auf diese Weise kaum möglich ist, wird RLS auch als Schlafstörung angesehen und therapiert. Die Folgen des fehlenden Schlafs können gravierend sein: Konzentrationsstörungen, Tagesmüdigkeit und Energiemangel sind für Menschen mit Restless-Legs-Syndrom an der Tagesordnung. Vor allem die zunehmende Erschöpfung und Leistungsminderung führen dann in der Regel dazu, dass – oft erst nach Jahren – ein Arzt aufgesucht wird.
Familiäre Häufung
Was genau ein RLS auslöst, ist nicht abschließend geklärt. Als wahrscheinlich gilt jedoch, dass eine Störung bestimmter Botenstoffe im Gehirn (dopaminerge und opioiderge Substanzen), möglicherweise auch ein intramuskulärer Sauerstoffmangel der unteren Extremität eine wichtige Rolle spielt. Strukturelle Veränderungen im zentralen Nervensystem wurden bei betroffenen Patienten bisher nicht nachgewiesen. Bei über der Hälfte der Patienten ist die Familienanamnese positiv, das heißt, mehrere Mitglieder der Familie sind betroffen. Patienten mit familiärem RLS erkranken dabei im Vergleich zu Patienten mit nichtfamiliärem RLS oft früher, nicht selten sogar vor dem 30. Lebensjahr. Die Diagnose des RLS wird aufgrund der typischen klinischen Symptomatik gestellt. Eine körperliche und eine neurologische Untersuchung bleibt jedoch meistens unauffällig, zumindest bei der sogenannten idiopathischen Form.
Manchmal nur Begleiterscheinung
Auch bestimmte Erkrankungen und Mangelzustände werden mit der Entwicklung oder der Verschlechterung eines RLS in Verbindung gebracht, man spricht dann von der sekundären oder symptomatischen Form. Zu diesen möglichen Auslösern zählen etwa spezielle Nierenerkrankungen (Urämie), Eisenmangelanämie und niedrige Ferritinwerte auch ohne Anämie. Manchmal ist ein RLS auch mit einer Schwangerschaft assoziiert. Bei neurologischen Erkrankungen, wie z. B. Polyneuropathien, Multipler Sklerose oder Morbus Parkinson, kann es ebenfalls zu einem RLS kommen. Auch von einigen Medikamenten ist bekannt, dass sie ein RLS auslösen oder verschlimmern können. Dazu gehören z. B. einige Neuroleptika und Antidepressiva sowie das Antiemetikum Metoclopramid. Bestimmte Erkältungsmittel und antiallergische Präparate, welche sedierende Antihistaminika enthalten, können ebenfalls die Symp-tome verschlimmern, wie auch die Genussmittel Koffein oder Alkohol. Eine Umstellung der Konsumgewohnheiten kann daher bereits in vielen Fällen Linderung bringen.
Eine umfassende Untersuchung bringt Klarheit
Neben der klinischen, neurologischen und Laboruntersuchung, bei der organische Krankheiten und Vorerkrankungen erkannt bzw. ausgeschlossen werden, kann falls nötig auch eine Untersuchung im Schlaflabor (Polysomnografie) durchgeführt werden. So können das Ausmaß der Störung und „benachbarte“ Erkrankungen wie z. B. eine Schlafapnoe sicher diagnostiziert werden. Manchmal wird in der klinischen Praxis auch der sogenannte L-Dopa-Test als diagnostisches Kriterium herangezogen. Dabei wird nach Einsetzen der Beschwerden eine einmalige Dosis von L-Dopa verabreicht. Bessert sich die Symptomatik, so spricht dies für das Vorliegen eines RLS. Umgekehrt kann jedoch bei fehlender Besserung ein RLS nicht sicher ausgeschlossen werden.
Individuelle Therapie
Bei den sekundären Formen des RLS steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund. Zur Therapie des idiopathischen RLS hat sich seit vielen Jahren die medikamentöse Therapie mit dopaminhaltigen Medikamenten oder Dopaminersatzstoffen (Dopaminantagonisten) bewährt. Diese Wirkstoffe werden auch eingesetzt, um bei Patienten mit Morbus Parkinson die Symptome der Erkrankung – besonders das typische Zittern – zu behandeln. In der Regel sind zur Therapie eines RLS jedoch wesentlich geringere Dosierungen als bei Parkinson erforderlich. Neben L-Dopa und Dopaminantagonisten werden beim RLS auch Präparate eingesetzt, welche andere Signalwege im Gehirn beeinflussen. So ist seit kurzer Zeit ein Opiat für
die Behandlung des schweren bis sehr schweren idiopathischen RLS zugelassen.
Manchmal kommt es zur Verschlimmerung
Nicht immer ist die Gabe von L-Dopa oder Dopaminantagonisten die Lösung: Manchmal kommt es zur sogenannten Augmentation, einer Zunahme der Beschwerden nach anfänglicher Linderung. So kann es passieren, dass die Symptome zunehmen, früher auftreten oder gar auf bislang nicht betroffene Gliedmaßen oder Körperteile übergreifen. Früher wurde in diesen Fällen dann häufig die Dosis erhöht. Oft mit fatalen Folgen, denn die Beschwerden nehmen in vielen Fällen mit der höheren Dosis noch weiter zu. Besser ist es daher, im Fall einer Augmentation die Therapie umzustellen, z. B. von L-Dopa auf einen Dopaminantagonisten oder auch eine nicht-dopaminerge Therapie.
von Arne Wondracek aus ORTHOpress 1/19
Fragen und Antworten
Wofür steht die Abkürzung RLS?
Die Abkürzung RLS steht für den englischen Krankheitsbegriff "Restless-Legs-Syndrom".
Welche Symptome bestehen bei einem Restless-Legs-Syndrom?
Die Betroffenen verspüren häufig einen Bewegungsdran in den Beinen, dazu ein Zucken, Ziehen oder Stechen. Außerdem kann es zu Schmerzen in den Beinen kommen.
Was sind die Ursachen für das Restless-Legs-Syndrom?
Die genauen Ursachen für die Erkrankung sind noch nicht abschließend geklärt. Es ist anzunehmen, dass eine Störung bestimmter Botenstoffe im Gehirn besteht.