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Arthrosetherapien

Kniearthrose

Patientenratgeber erklärt Behandlungsmethoden

Eine Krankheit, die besonders in den westlichen Industrieländern zur Volkskrankheit geworden ist, ist der Knorpelschwund in unseren Gelenken – die Arthrose. Obwohl es aber noch nicht gelungen ist, den Knorpel am menschlichen Gelenk selbst nachwachsen zu lassen, gibt es vielversprechende Ansätze, die dieser Krankheit auf lange Sicht viel von ihrem Schrecken nehmen könnten. Orthopress sprach in Frankfurt mit Dr. Alexander Rümelin. Neben seiner ärztlichen Tätigkeit arbeitet der niedergelassene Orthopäde zur Zeit an der Fertigstellung seines Patientenratgebers „Die Rümelin-Therapie – Das Anti-Arthrose-Konzept“.

Herr Dr. Rümelin, über das Thema Arthrose sind in den vergangenen Jahrzehnten viele Bücher publiziert worden. Welche Fragen lassen diese offen?

Wesentliches Merkmal ist, dass die meisten dieser Bücher nicht patientenfreundlich, d.h. verständlich genug geschrieben sind. Der Patient, der sich ernsthaft mit seiner Erkrankung und den zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten befassen möchte, bekommt zwar oftmals eine Fülle von Fachinformationen – dazu muß er jedoch in vielen Fällen begleitend ein Medizinlexikon zur Hand haben. Das ist nicht sinnvoll, denn dadurch wird er systematisch gezwungen, mit dem Wissen, welches begleitend erworben werden muß, nochmals „zurückzulesen“. In der Literatur gilt ein solcher Schreibstil als Todsünde: Die Verfasser medizinischer Ratgeber kümmern sich um solche Einwände in der Regel allerdings eher selten.

„Hilfe zur Selbsthilfe“ – dieses Schlagwort ist ja seit der Finanzkrise des Gesundheitssystems in aller Munde. Geht das bei Arthrose überhaupt? 

Betroffene Patienten können viel mehr dazu beitragen, den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen, als man früher dachte. Auch hier muß immer noch grundlegend mit Vorurteilen aus der Vergangenheit aufgeräumt werden. Ein Beispiel: Früher galt bei Arthrose die Devise „bloß nicht zuviel bewegen“, weil man annahm, jede Form der körperlichen Bewegung würde die Krankheit noch weiter verschlimmern. Neben einer vernünftigen Ernährung mit Kontrolle des Körpergewichtes muß heute jedoch an erster Stelle die Bewegung stehen. Unsere Gelenke müssen ausreichend bewegt werden, sonst kann der Knorpel nicht richtig ernährt werden.

Was ist nach Ihrer Ansicht die wichtigste Information für Patienten, die unter Arthrose leiden?

Wichtig ist zunächst, dass der Einzelne durch entsprechende Aufklärung in die Lage versetzt wird, Stadium und wahrscheinlichen Verlauf seiner Krankheit richtig einzuschätzen und selbst Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört eine Darstellung der verschiedenen Verlaufsformen der Arthrose. Aber nicht allein in Form von Diagrammen oder für den Laien ohne kompetente Anleitung nichtssagenden Röntgen- oder Kernspinbildern, sondern durch verschiedene Fallbeispiele, in denen es ermöglicht wird, die eigene Befindlichkeit anhand einfacher Vergleiche zu überprüfen und entsprechend einzuordnen.

Aber wie sollen idealerweise die Resultate dieser umfassenden Information sein?

Ich möchte, dass der Leser sich selbst ein Urteil über die verschiedenen Behandlungsmethoden bilden kann, welche in den einzelnen Krankeitsstadien zur Verfügung stehen. Das heißt auch und insbesondere, einen schweren Eingriff von einem leichteren zu unterscheiden und sich über die Konsequenzen für das weitere Leben im klaren zu sein. Diesen Punkt erachte ich für essentiell, denn immer noch herrscht hier in weiten Teilen der Bevölkerung eine große Unsicherheit vor. Viele Patienten wissen nicht, dass es heute z.B. vor dem Einsatz einer Endoprothese zahlreiche Möglichkeiten gibt, diesen Zeitpunkt vielleicht noch um Jahrzehnte nach hinten zu verlegen – wenn es denn überhaupt nötig werden sollte.

Sie sprechen von den neuen medikamentösen Behandlungsmethoden wie der Therapie mit Hyaluronsäurepräparaten oder Zytokinhemmern?

Der Fortschritt beginnt bereits bei den Schmerzmitteln. In der Vergangenheit scheiterte eine vernünftige Schmerzbehandlung nicht selten an den erheblichen Nebenwirkungen der nicht-steroidealen Antirheumatika. Patienten, welche diese nicht vertrugen, blieb oft nichts anderes übrig, als die Schmerzen mit zusammengebissenen Zähnen zu ertragen. Das führte zwangsläufig in eine Abwärtsspirale aus immer geringerer Bewegung und rasanter Zunahme der Arthrose. Hier sind wir heute glücklicherweise in der Lage, mit der individuell richtigen Medikation eine Situation zu schaffen, in welcher die Beweglichkeit und damit die Gesamtaktivität in hohem Maße erhalten werden können. Dem Patienten müssen diese Zusammenhänge jedoch entsprechend vermittelt werden, und das ist nicht immer so einfach, wie es aussieht: Wer jahrelang wechselnde Schmerzmittel mit mäßigem Erfolg und schwerwiegenden Begleiterscheinungen erhalten hat, der klammert sich einerseits an jeden Strohhalm, wird aber andererseits skeptisch gegenüber Neuerungen sein.

Natürlich werden aber auch die neuen High-Tech-Präparate wie Hyaluronsäure und Zytokinhemmer vorgestellt und ihrer Wirksamkeit im jeweiligen Krankheitsstadium gegenübergestellt, genau so wie die verschiedenen operativen Möglichkeiten wie Knorpelglättung, Arthroplastik und autologe Knorpelzelltransplantation. Besonders in dieser noch jungen Technik hat man in den letzten beiden Jahren ja riesige Fortschritte erzielt, so dass eine Anwendung heute für immer mehr Menschen in Betracht kommt.

Aber der Patient darf ja letztendlich nicht mit dieser Fülle an Information alleingelassen werden. Wie sieht Ihr konkreter Rat für Betroffene aus? 

Wichtig ist, und das hoffe ich immer wieder zu verdeutlichen, eine kompakte, auf die individuelle Situation abgestimmte Therapie. Diese muß dann möglichst schnell eingeleitet werden. Der Schein trügt, wenn man beim Knorpelschwund von einer „schleichenden“ Krankheit spricht. Auch oder gerade bei der Arthrose zählt jede Woche und jeder Monat. Je schneller der Zustand verbessert oder zumindest eingefroren werden kann, desto größer sind die Chancen, den unheilvollen Prozeß nach hinten zu schieben.

Zu guter Letzt: Wie findet der Patient einen Arzt, der bereit und fähig ist, eine solche Behandlung vorzunehmen? Zu dem Willen des Patienten muß ja auch die fachliche Kompetenz des Mediziners stoßen, um eine erfolgreiche Therapie in Angriff zu nehmen.

Die Wahl des richtigen Arztes ist natürlich eine der wichtigsten Entscheidungen, welche der Patient treffen muß. Es ist unsinnig, anzunehmen, dass jeder beliebige Arzt eine kompetente und erfolgreiche Arthrosebehandlung vornehmen könne. Dazu ist auch in der Medizin die Spezialisierung heute zu weit fortgeschritten. Es ist daher nötig, auch hier den Patienten an die Hand zu nehmen und ihm verschiedene Wege aufzuzeigen, wie er einen Arzt findet, der seinen individuellen Bedürfnissen Rechnung tragen kann. Auch dieser schwierigen Frage widme ich daher in meinem Buch ein Kapitel. Ebenso übrigens wie der Frage, wie es nach einer Behandlung weitergeht. Nicht nur die ärztliche Therapie ist wichtig, sondern auch eine entsprechende Nachbereitung. Ich gebe dem Leser auch hier konkrete Tipps und Adressen von kompetenten Rehazentren und auch Selbsthilfegruppen mit auf den Weg, die ihm hoffentlich das Leben mit und nach seiner Erkrankung erleichtern und dafür sorgen, dass er selbst den Erfolg einer Arthrosetherapie maximieren kann.

Herr Dr. Rümelin, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen!

aus ORTHOpress 04|2002

Alle Beiträge dienen lediglich der Information und ersetzen keinesfalls die Inanspruchnahme eines Arztes*in. Falls nicht anders angegeben, spiegeln sie den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wider. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.