Wie ein Grashalm im Wind

Tergumed^®: Aktives, multimodales Therapiekonzept bei Rückenschmerzen

Nicht zufällig war sie dem kritischen Preußendichter Heinrich von Kleist Anlass zu zahlreichen Reflexionen und Sinnbild in vielen seiner Erzählungen und Dramen: die unbeugsame, starke Eiche, die – anders als etwa der flexible Grashalm oder biegsamere Hölzer – einem Sturm als Erstes zum Opfer fällt …

Übertragen auf den Problembereich von Rückenschmerzen und ihre Behandlung lässt sich unter dieser äußeren Einflüssen standhaltenden „Nachgiebigkeit“ eine durch bestimmte Muskelgruppen unterstützte, aktive Mobilisierung des Haltungs- und Bewegungsapparates begreifen, der koordinierte und geschmeidige Einsatz von Kraft im Energiefluss natürlicher Beweglichkeit – nicht aber ein „Ausweichen“, denn das führt gerade – in Form von Schon- und Fehlhaltungen – zu einer akuten Verschlimmerung der Schmerzproblematik bis hin zur Chronifizierung von Rückenleiden. – Orthopress sprach mit Dr. Harald Buck, Geschäftsführer vom DZ, „Das Zentrum“ in Köln, über wegweisende Neuansätze in der Therapie von Rückenschmerzen.

Herr Dr. Buck, schon seit einigen Jahren ist man sich ja nun darüber im Klaren, wie wichtig eine aktive, trainingsorientierte Intervention – gegenüber der früheren Empfehlung zu Schonung oder gar Bettruhe – auch bei akuten Rückenschmerzen ist. Stabilität gilt dabei als A und O der modernen orthopädischen bzw. sportmedizinischen Ansätze im Kampf gegen die Volkskrankheit Nummer Eins. Wie verhält sich dies in Ihrem neuen Tergumed^®-Konzept?

Stabilität wird heute allgemein mit Kraft gleichgesetzt. Nun ist zwar die generelle Bedeutung eines medizinischen Krafttrainings unbestritten und damit prinzipiell ein Wandel in der Therapie von Rückenschmerzen eingeleitet worden. Doch zugleich weisen neueste Erkenntnisse wiederum einen anderen Weg. Leitend ist dabei der Grundsatz, dass multimodale Programme effektiver sind als eine monodisziplinäre Therapie, also eine solche, die etwa ausschließlich auf Kraftgewinn abzielt. Konzepten wie Tergumed^® liegt demgegenüber eine ganzkörperliche Betrachtungsweise zu Grunde.

Warum reicht Kraft nicht aus, um der Rückenleiden Herr zu werden?

Schmerzhafte Verspannungen und Verkürzungen bestimmter Muskelgruppen, die durch mechanische Fehlbelastungen, einseitige Bewegungsabläufe und Körperfehlhaltungen bedingt sind, werden nicht dadurch kompensiert, dass Muskelgruppen einseitig gekräftigt werden, die wiederum zu Kontraktionen und damit Bewegungseinschränkungen führen. Um den Rücken zu stärken, muss man ihn zugleich frei machen – durch kraftvolle Bewegung und für die Bewegung. So ist das Ziel einer Aufrichtung des Patienten nicht durch eine starre und damit anfällige Haltung zu verwirklichen, sondern es bedarf dazu vor allem auch der Streckung, Öffnung und Befreiung der Strukturen.

Mit Hilfe welcher Module wird das im Tergumed^®-Trainingsprogramm im Einzelnen umgesetzt?

Auf der Basis eines individuell erstellten Trainingsplanes und systematischer Dokumentation und Kontrolle durch ein aus Arzt, Physiotherapeut und Diplomsportlehrer bestehendes Behandlungsteam werden anhand gezielter Übungen die Flexibilität der Wirbelsäule und Hüftgelenke und die Elastizität verspannter oder verkürzter Muskel-Faszien-Ketten erhöht sowie die Präzision von Bewegungs­abläufen geschult. Das spezielle Tergumed^®-Geräteequipment erlaubt im Rahmen des sportmedizinischen Kraft- und Kraftausdauertrainings die gezielte Kräftigung wichtiger Muskelgruppen für funktionelle Bewegungsabläufe. Auch hierbei geht es entscheidend darum, die Beweglichkeit in allen Dimensionen, d.h. zur Seite, nach oben, unten, vorne, hinten und jeweils in Kombination – also dreidimensional – zu erhöhen. Ebenso wichtig wie die Muskelkraft ist die Fähigkeit, schnell und koordiniert reagieren zu können. Software-gesteuert werden Intensität, Geschwindigkeit und Bewegungsausmaß einer jeden Übung in Form von Vorgabekurven auf dem Display des Traininingsgerätes festgelegt, die es vom Trainierenden zu reproduzieren gilt. Mittels Monitor oder Cyberbrille wird diesem dabei der Trainingsablauf und -erfolg unmittelbar transparent. Ein gezieltes Ausdauerprogramm dient – neben vielfältigen allgemeinen positiven Gesundheitseffekten – dazu, den Erfolg des Koordinations- und Kraftaufbautrainings zu intensivieren. Bei Bedarf umfasst das Tergumed^®-Programm zudem Elemente eines rückenschonenden Verhaltenstrainings und die Vermittlung von Strategien zur schmerzfreien Alltagsbewältigung.

Ist ein solches umfassendes, ganzheitliches Trainingsprogramm nicht viel zeitaufwändiger als andere Maßnahmen?

Ganz im Gegenteil. Die Effektivität des Systems erlaubt eine Durchführung als Intensivprogramm mit 18 Trainingseinheiten (mit einer Dauer von ca. 75 Minuten) im Zeitraum von 12 Wochen. Anfangs wird es zweimal wöchentlich absolviert, schließlich bedarf es nur einer Trainingseinheit pro Woche, um den gewünschten Erfolg zu erzielen.

Herr Dr. Buck, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!

Ein Archivbeitrag* aus ORTHOpress 2 | 2001

*Archivbeiträge spiegeln den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wieder. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.