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Sportmedizin

„Sauerstoff“ – Der Stoff, aus dem die Power ist

Green lungs of planet Earth. 3d rendering of a clean lake in a shape of lungs in the middle of virgin forest. Concept of nature and rainforest protection, nature breathing and natural co2 reduction.

Die Rolle der Sauerstoffversorgung bei sportlicher Tätigkeit

Der Sauerstoff ist, ähnlich wie der Wasserstoff, die Quelle jeglichen organischen Lebens. Wenn sich zwei Atome Wasserstoff (H) mit einem Atom Sauerstoff (O) zu einem Molekül verbinden, dann entsteht der elementare Stoff WASSER (H2O). Mit ca. 21% Vol. ist der Sauerstoff Bestandteil der Erdatmosphäre und somit Teil der Umgebungsluft, die wir atmen.

Durch den Prozess der Einatmung gelangt der Sauerstoff in den Körper. In der Lunge, die mit sauerstoffarmem (venösem) Blut (ca. 14% Vol.) durchströmt wird, findet, auf Grund des Konzentrationsunterschiedes (14 versus 21% Vol.), der Gasaustausch statt. Das Blut der Lunge wird mit Sauerstoff aufgesättigt und gelangt danach zum Herzen. Von dort wird der an die roten Blutkörperchen (Ery­throzyten) gebundene Sauerstoff in den Körperkreislauf (Arterien) gepumpt. Das Atemminutenvolumen (AMV) und das Herzminutenvolumen (HMV) sind die dafür zuständigen Regelgrößen. So werden alle Organe und Zellen des Körpers durch den Blutstrom sowohl mit Sauerstoff als auch mit Nährstoffen versorgt.

Die regelmäßige Bereitstellung von Sauerstoff ist für die Basisversorgung der Körperzellen mit Energie in Ruhe (Grundumsatz) und somit für das Leben selbst unumgänglich. Ohne Sauerstoff ist ein Leben im Körper des Menschen, über einen längeren Zeitraum hinweg, nicht möglich. Das betroffene Gewebe geht zu Grunde und stirbt (Nekrose). Bei lebenswichtigen Organen (Gehirn, Herz, Lunge, Niere etc.) kann ein solcher Gewebsuntergang tödliche Folgen für den Menschen haben.

Neben der Versorgung der Zellen in Ruhe spielt die Bereitstellung von Sauerstoff bei der Energiegewinnung unter körperlicher Belastung und damit auch bei sportlicher Leistung eine überragende Rolle. Da die Energiegewinnung im Körper ohne Sauerstoff (anaerob) nur für einen kurzen Zeitraum (bis ca. 60 sec.) möglich ist, muss für jede darüber hinausgehende Leistung zusätzlich die oxydative Energiebereitstellung (aerob) in Anspruch genommen werden. Das heißt, dass der (An-)Transport des Sauerstoffs die leistungslimitierende Größe wird. Bei der Energiebereitstellung mit Hilfe von Sauerstoff (aerob) münden die der Zelle zugeführten, Energie liefernden Nährstoffe (Substrate) über verschiedene Reaktionswege in eine gemeinsame oxydative Endstrecke. Durch die Verbindung des beim Nährstoffabbau entstandenen Wasserstoffs mit dem Sauerstoff entsteht die Energie liefernde Reaktion (bekannt als „Knallgasreaktion“). Diese chemische Energie wird über verschiedene Reaktionsschritte in mechanische Energie umgewandelt, welche letztendlich die Muskelkontraktion hervorruft.

Die Aufnahmefähigkeit des Zellsystems für Sauerstoff begrenzt die sportliche (Ausdauer-)Leistungsfähigkeit. Sie ist aber durch Training stark verbesserungsfähig. So kann etwa die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2 max.), die bei Männern ca. 3300 ml/min. und bei Frauen ca. 2200 ml/min. beträgt, um bis zu 50% erhöht werden. In Extremfällen, etwa bei Spitzensportlern, ist es sogar möglich, Werte von 6000 ml/min. bzw. 4500 ml/min. zu erreichen.

Je mehr Sauerstoff zur Verfügung steht, desto mehr Wasserstoffionen können verarbeitet werden. Parallel zu den Trainingsanpassungen findet eine Vermehrung der Zellsysteme und Strukturen (Mito­chondrien, Enzyme etc.) statt. So sind Lungenkapazität und Herz-Kreislaufsystem (Sauerstofftransport), Zellstatus, Training und auch Ernährung eng miteinander gekoppelt, wenn es um sportliche Leistungsfähigkeit geht.

Die Rolle der Sauerstoffversorgung bei sportlichen Leistungen richtet sich nach der Zeitdauer. Je länger eine dynamische Leistung aufrecht erhalten werden muss, desto größer ist die Bedeutung des Sauerstoffs als Energie liefernde Teilklasse. Dies ist bei allen Sportarten der Fall, bei denen große Muskelgruppen (Unterschenkel-, Oberschenkel-, Gesäß-, Brust- und Armmuskulatur) über einen längeren Zeitraum dynamisch arbeiten müssen (allgemeine aerobe dynamische Ausdauer). Hier sind in erster Linie die Spielsportarten (Fußball, Handball, Basketball, Tennis, Hockey) sowie die Mittel- und Langstrecken in der Leichtathletik und beim Schwimmen zu nennen. Aber auch beim Rudern, Radrennen und beim Skilanglauf wird die maximale Sauerstoffaufnahme in nicht zu unterschätzender Weise gefordert. Wenn jedoch bei der Einatmung begünstigende Umstände eintreten (erhöhter O2-Anteil, Vergrößerung des Atemzugvolumens durch Senkung des Einatmungswiderstandes etc.), kann sich dies positiv auf die Energiegewinnung auswirken. Neben der erhöhten Druckdifferenz beim Gasaustausch in der Lunge (Alveolen), welche zu einer höheren Sauerstoffbeladung führt, haben neuere Untersuchungen auch gezeigt, dass eine Entlastung der Atemhilfsmuskulatur zu einer ökonomischeren Arbeitsweise des Körpers führen kann. Das heißt, dass entweder die gleiche Leistung mit einem niedrigeren Energieaufwand (verminderte Sauerstoffaufnahme) erbracht wird oder bei gleicher Sauerstoff­aufnahme der eingesparte Energieteil in vergrößerte Maximalleistung umgesetzt wird. Der Prozess der Atmung kann dadurch zum leistungsbestimmenden Faktor werden.

Bei nicht ausreichender Sauerstoffversorgung muss bei sportlicher Betätigung auf nicht sauerstoffabhängige (anaerobe) Energiegewinnung umgestellt werden. Dies ist für den Körper wesentlich unökonomischer (laktazid) und kann daher nur sehr kurze Zeit aufrecht erhalten werden. Somit ist entweder eine Leistungsminderung oder der Leistungsabbruch vorgezeichnet. In diesem Zusammenhang kann nicht ausdrücklich genug auf den plötzlichen Herztod beim Sport hingewiesen werden. Dieser ist in der Regel auf eine Sauerstoffunterversorgung des Herzens (Herzinfarkt) zurückzuführen.

ORTHOpress 3 | 2001

Alle Beiträge dienen lediglich der Information und ersetzen keinesfalls die Inanspruchnahme eines Arztes*in. Falls nicht anders angegeben, spiegeln sie den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wider. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.