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Rücken

Moderne Sportmedizin

Women who are the back and acupuncture treatment at the salon

Konrad Z. litt unter entsetzlichen Schmerzen im Lendenwirbelbereich. Jede Bewegung war qualvoll. Die ärztliche Untersuchung ergab einen eindeutigen Befund: Bandscheibenvorfall L5 S1 mit starker Kompression auf den linken Nervenstrang. Die Schulmedizin kennt hier in der Regel nur einen Ausweg: den operativen Eingriff. Schnell wurde ein Termin für die Operation festgesetzt.

So weit schien alles auf vorgezeichneten Bahnen zu verlaufen. Wäre da nicht die Angst gewesen, sich unters Messer zu legen. – Herr Z. beschritt einen „alternativen“ Weg. Nach einer intensiven Therapie, bestehend aus ärztlicher Behandlung und Sport- und Physiotherapie, war er seine Schmerzen schließlich „ohne Skalpell“ losgeworden. Eine Kernspintomografie, die drei Monate nach Behandlungsbeginn vorgenommen wurde, bestätigte dann den subjektiven Befund: Der Vorfall hatte sich zu einer leichten Verwölbung zurückgebildet, die Kompression wurde aufgehoben. 

Bereits seit einigen Jahren lassen sich solche und ähnliche Fälle auf „sanfte“ Weise therapieren, so der Kölner Sportmediziner Matthias Erbel. „Dadurch, dass man verschiedene Disziplinen unter einem Dach vereint, vermeidet man Verständigungsprobleme und sich widersprechende Therapien. Dem Patienten werden so möglicherweise Wallfahrten von einem zum anderen Ende der Stadt erspart.“ Durch eine genaue, koordinierte Terminplanung sei es zudem möglich, auf die Untersuchungen viel Zeit zu verwenden und zugleich unnötige Wartezeiten für die Patienten zu vermeiden. Eine gründliche Vordia­gnostik ist Voraussetzung für den Therapieerfolg und zugleich dafür, dass schmerzgeplagte Patienten nicht durch die Untersuchungen und Behandlungen zusätzlich belastet werden. Vor allem der Aufdeckung der Ursachen für die Beschwerden und Schmerzen wird hierbei viel Aufmerksamkeit geschenkt, denn sie erst ermöglicht eine zielgerichtete, kausale – und nicht allein symptomorientierte – Therapie.

Bei ausführlichen Erstgesprächen muss manchmal wahre Detektivarbeit geleistet werden, um diesen Ursachen auf die Spur zu kommen. In der Untersuchungsphase werden dann die ärztlichen fünf Sinne durch modernste Methoden, wie Kernspintomografie, Ultraschall und Elektromyografie, ergänzt. Gegenüber der klassischen Röntgenaufnahme liefern diese Diagnoseapparaturen viel exaktere Resultate und ersparen dem Patienten die Strahlenbelastung.

„Außerdem“, betont Matthias Erbel, „ist die Einbindung des Patienten von enormer Wichtigkeit. Der Patient muss hinter der Therapie stehen, denn wenn er davon überzeugt ist, dass der richtige Weg gewählt wurde, kann die Behandlung besser greifen.“ Erwünscht ist ein mündiger Patient, der kritische Fragen stellt. „Ich rate auch dazu, sich ruhig eine zweite Meinung einzuholen. Zur Qualitätssicherung müssen wir unsere Arbeit ständig auf den Prüfstand stellen.“

Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur exakten Bestimmung von geeigneten Maßnahmen ist die therapeutische Bewegungsanalyse. Physiotherapeuten spüren jeden verspannten Muskel, jede Schonhaltung und jede Ausweichbewegung auf und ergänzen damit das diagnostische Bild. Auf der Grundlage der interdisziplinär gewonnenen Erkenntnisse wird gemeinsam ein individueller Therapieplan erstellt, der von allen Teammitgliedern und vom Patienten gleichermaßen getragen wird.

Um dem Patienten unangenehme Nebenwirkungen zu ersparen, verzichtet Matthias Erbel weitestgehend auf die Verabreichung der klassischen Medikamente wie Kortison und NSAR. „Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass man mit natürlichen Heilmethoden die gleiche Wirkung erzielen kann, ohne den Organismus unnötig zu belasten. Mit Laseranwendungen, Akupunktur, Neuraltherapie und gezielten Infusionsbehandlungen lässt sich Schmerz ohne Nebenwirkungen behandeln.“ 

Wenn die schlimmsten Schmerzen vertrieben sind, kann die weitere Behandlung einsetzen. Nach dem Vorbild der Universität München wurde das frühfunktionelle Aufbautraining für Bandscheibenpatienten ins Programm aufgenommen. Dieses Krafttraining an speziellen Reha-Maschinen verkürzt die Schmerzphase, weil die gekräftigte Rückenmuskulatur der Wirbelsäule einen Teil ihrer Last abnimmt. Zum Behandlungserfolg trägt entscheidend bei, dass die Übungen unter der richtigen fachlichen Anleitung durchgeführt werden. Erbel: „Generell sollte in jedem Behandlungs- oder Kraft­raum jeweils nur ein Patient mit einem Therapeuten zusammenarbeiten.“

Durch die intensive Betreuung lernt der Patient seinen Bewegungsapparat sehr gut kennen und erwirbt sich so das Rüstzeug, nach Beendigung der Behandlung selbstständig weiter zu trainieren.

Die klassischen Therapieformen, wie z.B. Physiotherapie, Massage, Rückenschule, Lichttherapie und Tiefenentspannung, werden durch „alternative“ Therapien ergänzt. So ließen sich beispielsweise stressbedingte Verspannungen der Nackenmuskulatur, durch ein Anti-Stress-Programm beheben. 

Neben der Spezialisierung auf die sanfte Behandlung von so genannten Härtefällen liegt dem Sportmediziner die Prävention am Herzen: „Die moderne Lebensweise entspricht nicht den natürlichen Anforderungen, die der Körper an uns stellt. Durch Bewegungsmangel, schlechte Haltung und falsche Ernährung schädigen wir unsere Gesundheit und schränken somit unsere Lebensqualität ein. Eine moderne Kombinationstherapie, die ein gezieltes Bewegungstraining einbezieht, ist nicht zuletzt vor diesem Hintergrund von zentraler Bedeutung. Um der Vielzahl an Rückenschmerzpatienten zu helfen, sind dabei ein ganzheitlicher Ansatz und eine konsequente interdisziplinäre Zusammenarbeit wesentlich.“ 

von Daniel Precht

Ein Archivbeitrag* aus ORTHOpress 3 | 2000
*Archivbeiträge spiegeln den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wieder. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.

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