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Leben & Gesundheit

Langsam warm werden

A group of women warming up outside together before going for a run through the city.

Auf- und Abwärmen nicht vergessen: Langsam auf Betriebstemperatur

Wer das Sportprogramm beginnt, ohne sich aufzuwärmen, riskiert Verletzungen. Wer abrupt aufhört, schadet den Venen und verzögert die Erholungsphase unnötig. Warm-up und Cool-down sollten deshalb zu jedem körperlichen Training dazugehören.

Kein Fahrer, der sein Auto mag und möglichst lange etwas davon haben möchte, tritt das Gaspedal nach dem Start gleich bis zum Anschlag durch. Sich selbst behandeln viele Fahrzeughalter weniger liebevoll. Beim Fußball, Badminton oder Tennis beschleunigen viele Freizeitsportler von Null auf Hundert – und verletzen sich häufig dabei. Denn unser Körpermotor muss, genau wie der vom Auto, langsam warm werden, um anschließend richtig rund zu laufen. Je älter wir sind, desto weniger verträgt unser Organismus das Hauruck-Verfahren.

Leistungssportler wissen das schon lange: Ihr Körper ist ihr Kapital und sie behandeln ihn pfleglich. Im Freizeitsport wird das konsequente Aufwärmen jedoch immer noch gerne vernachlässigt oder belächelt, vielfach zu kurz oder zu intensiv durchgeführt. Leider, denn das Lächeln gefriert auf dem Gesicht, wenn’s plötzlich passiert: Ein Muskelfaserriss, eine Bänderdehnung oder ein verstauchtes Gelenk sind häufig die Quittung für mangelnde Einsicht. Mit einem langsamen Aufwärmprogramm sinkt hingegen das Verletzungsrisiko erheblich. Die Intensität dafür sollte bei 30-50 Prozent der maximalen Leistungsfähigkeit liegen (während der Hauptteil des Trainings je nach Zielsetzung bei 60-80 Prozent der Leistungsfähigkeit stattfindet).

Check-up der Tagesform

Durch das Aufwärmen wird die Körpertemperatur langsam gesteigert, ebenso wie der Herzschlag, die Atemfrequenz und die Durchblutung. Bei einer Körpertemperatur von 38,5°C können die Enzymsysteme, die für eine sportliche Leistung maßgeblich sind, optimal arbeiten. Bei langsam steigender Frequenz von Herzschlag und Atmung wird die Muskulatur außerdem bestens mit Sauerstoff und Brennstoffen versorgt.

Das Aufwärmen ist auch ein wichtiger Puffer für die Psyche. Wer nach der Arbeit direkt zum Sport geht, muss erst einmal abschalten bzw. auf die neue Tätigkeit umschalten. Der langsame Start dient als Check-up, um die jeweilige Tagesform zu überprüfen. Die Körpertemperatur steigt nur, wenn große Muskel­massen eingesetzt werden. Belastungsformen wie Laufen, Fahrradfahren, Schwimmen oder Aerobic bieten sich dazu an. In der Regel erfolgt eine der Sportart spezifische Bewegungsform zum Aufwärmen: In der Aerobic-Stunde geht es beispielsweise mit einfachen Schritt­kombinationen los, beim Basketball laufen die Spieler locker dribbelnd mit dem Ball.

Muskelkater vorbeugen

Wer sich anständig aufwärmt, beugt außerdem Muskelkater vor. Denn der entsteht vor allem, wenn kalte Muskeln arbeiten müssen. Bei langsam steigender Belastung findet der Energiestoffwechsel vermehrt aerob statt, das heißt unter Anwesenheit von Sauerstoff. Anfallende Abbauprodukte des Stoffwechsels können bei dieser ökonomischen Art der Energiegewinnung gut  „entsorgt” werden. Wenn nicht genügend Sauerstoff vorhanden ist, spricht man von anaerober Energiegewinnung, bei der Milchsäure (Laktat) entsteht, die sich leistungsmindernd auswirkt. Die Laktatwerte während der Hauptbelastung sind beim Sportler niedriger, wenn er sich vernünftig aufgewärmt hat.

Circa zehn Minuten dauert die Phase des Aufwärmens. Dabei handelt es sich allerdings nur um einen Richtwert. Je älter der Sportler ist, desto langsamer und behutsamer sollte er seine Leistung steigern. Außerdem gibt es so genannte Langsamstarter, Sportler, die nur sehr schleppend in Schwung kommen. Für sie muss die Aufwärmphase besonders anregend und motivierend gestaltet sein, z.B. mit fetziger Musik. Früh morgens dauert das Aufwärmen länger als gegen Abend, wo die Körpertemperatur durch die über den gesamten Tag hinweg geleisteten Aktivitäten schon erhöht ist.

Langsam runterschalten

Nach dem Aufwärmen ist ein Dehnen der besonders beanspruchten Muskulatur empfehlenswert – beim Joggen wären das z.B. die Beine. Das Dehnen zieht zur Verkürzung neigende Muskeln wieder in die Länge und entspannt sie, bereitet aber ebenso Bänder, Sehnen und Gelenke auf die bevorstehende Belastung vor. In der Warm-up-Phase reichen 10-15 Sekunden Dehnungszeit aus. Zu Beginn des Dehnens wählt der Sportler eine Endposition mit einem nur leichten Dehngefühl (leichtes Ziehen, kein Zugschmerz). Wenn das nachlässt, den Muskel leicht weiterdehnen, bis das Ziehen wieder kommt und dort halten, niemals federn. Danach folgt dann der Hauptteil der sportlichen Betätigung, egal ob Tennismatch, Aerobic oder Volleyball.

Schnell wieder fit

Häufig wird die Zeit bis zur letzten Minute ausgenutzt und die Aktivität abrupt abgebrochen. Fehler Nummer Zwei von vielen Freizeitsportlern. Denn ein langsames Abwärmen, auch Cool-down genannt, bringt Körper und Psyche wieder viele Vorteile. Blutdruck und Puls normalisieren sich allmählich, während der Abtransport der Stoffwechselprodukte ganz normal weiterläuft. Beim plötzlichen Stopp nach einer großen Anstrengung kommt es leicht zu einem Blutstau in den Extremitäten und einem Blutmangel im Gehirn. Ursache ist die plötzlich fehlende Muskelpumpe bei gleichzeitigem großen Blutangebot. Schwindel bis hin zur Ohnmacht kann die Folge sein. Schwache Venen oder Krampfadern werden durch so einen abrupten Stopp auch unnötig strapaziert. Stoffwechselabfälle können durch die langsam auslaufende Bewegung besser abtransportiert werden. Der Körper regeneriert sich dann wesentlich schneller. Das Abwärmen kann durch Auslaufen bzw. zügiges Gehen oder einfach durch reduzierte Bewegungen in der jeweiligen Sportart erfolgen.

Danach sollte die beanspruchte Muskulatur nochmals gedehnt werden. Weil das Hauptziel diesmal die Entspannung der Muskeln ist (Herabsetzen der Grundspannung), sollte man die Dehnung jetzt etwas länger halten als nach dem Aufwärmen (mindestens 30 Sekunden).

aus ORTHOpress 1 | 2002

Alle Beiträge dienen lediglich der Information und ersetzen keinesfalls die Inanspruchnahme eines Arztes*in. Falls nicht anders angegeben, spiegeln sie den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wider. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.