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Kreuzschmerz und das Iliosakralgelenk-Syndrom: Diagnose und Behandlung

Mann hat Rückenschmerzen




 

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Infiltration eines deutlich degenerativ veränderten Kreuz-Darmbein-Gelenkes
Kreuzschmerzen sind eine Volkskrankheit und stellen den zweithäufigsten Grund in der Bevölkerung dar, einen Arzt aufzusuchen. Es gibt viele mögliche Ursachen für Rückenbeschwerden. Allgemein werden Rückenschmerzen in den spezifischen und unspezifischen Kreuzschmerz klassifiziert.

In ca. 15 % findet sich eine konkrete, mittels z. B. bildgebenden Untersuchungen fassbare Ursache der Beschwerden, dann spricht man vom spezifischen Rückenschmerz. Die Mehrheit der Rückenschmerzen sind jedoch unspezifische Kreuzschmerzen. Kennzeichnend hierbei ist, dass man mittels medizinisch-technischer Untersuchungen keinen objektivierbaren, klar definierten Grund für die Beschwerden findet. Ein häufiger Grund von Kreuzschmerzen ist das Kreuz-Darmbein-Gelenk (Iliosakralgelenk). Mehrere wissenschaftliche Studien belegen sogar, dass das Iliosakralgelenk (ISG) für bis zu 25 % aller Rückenschmerzen mit verantwortlich ist. Hierbei sind gelegentlich mittels der Diagnostik fassbare Ursachen, z. B. eine deutliche Gelenkarthrose oder Entzündungen des Kreuz-Darmbein-Gelenkes im Rahmen einer systemischen Erkrankung, erkennbar. Meistens lassen sich jedoch die Ursachen der Beschwerden nicht mit bildgebenden Verfahren zweifelsfrei nachweisen.

Da sich die Beschwerden bei einem ISG-Syndrom oft nicht unmittelbar im ISG selbst zeigen, sondern eher im unteren Rücken und in der Hüfte mit gelegentlicher Ausstrahlung in die Beine lokalisiert sind, ist die Diagnosefindung nicht immer einfach. Häufig ist eine ISG-Arthrose nur ein Teil des gesamten Schmerzbildes. Typischerweise äußert sich eine ISG-Symptomatik durch einseitige Schmerzen im unteren Rückenbereich, vor allem morgens nach dem Aufstehen, im Sitzen oder bei Übergangsbewegungen (wie Aufstehen, Treppensteigen usw.). Betroffene neigen dazu, eine Schonhaltung einzunehmen, beispielsweise durch seitliches Verschieben des Unterkörpers beim Sitzen, um die Gelenkfläche des betroffenen ISG zu entlasten.

Die Anamnese ist ein wichtiger Teil der Diagnosestellung
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Röntgenbild des Beckens mit drei korrekt platzierten Implantaten zur Stabilisierung des linken Iliosakralgelenkes.

Frauen sind häufiger als Männer von einem ISG-Syndrom betroffen. Gründe dafür sind anatomische Unterschiede und z. B. durch eine Schwangerschaft verursachte hormonelle Veränderungen – das Bindegewebe und die den Beckenring stabilisierenden Bänder werden weicher und geben nicht mehr so viel Halt. Insbesondere nach einer bzw. mehreren Geburten kann es bei Frauen zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Verbindungsstelle zwischen Kreuzbein und Darmbein kommen. Die erhöhten Östrogenspiegel bewirken eine Lockerung des stützenden Gewebes. Dies führt zu einer geringeren Stabilität im iliosakralen Bereich. Dies wird durch das im Rahmen der Schwangerschaft steigende Gewicht verstärkt. Weiterhin häufig betroffen von Beschwerden im Iliosakralgelenksbereich sind Patienten mit vorausgegangenen Wirbelsäulenversteifungen der unteren Lendenwirbelsäule. Dies kann auf Veränderungen der Biomechanik und Statik in diesem Bereich mit entsprechenden Auswirkungen auf die Funktion des angrenzenden Iliosakralgelenkes erklärt werden. In der Regel stellen wir folgende systematischen Fragen während der Anamnese, um wertvolle Hinweise auf ein potenzielles Iliosakralgelenk-Syndrom zu gewinnen:

Kreuzschmerz durch Iliosakralgelenk-Syndrom? Wie kann es behandelt werden?

Haben Sie einseitige Schmerzen?

Haben Sie Schmerzen bei Übergangsbewegungen?

Haben Sie Schmerzen beim längeren Sitzen und/oder Treppensteigen?

Sind die Symptome erstmalig nach einer Schwangerschaft aufgetreten?

Sind Sie bereits einmal an der LWS operiert worden?

Leiden Sie an einer rheumatischen Erkrankung?

Leiden Sie an einer angeborenen Fehlhaltung, beispielsweise einer Beinverkürzung?

Haben Sie sich verdreht oder verhoben?

Sitzen Sie oft auf der schmerzfreien Seite?

Könnten die Beschwerden durch einen Sturz z.B. auf das Becken oder einen Unfall hervorgerufen worden sein?

Nach der Anamnese sollten, beim Verdacht auf das Vorliegen eines ISG-Syndroms, bestimmte Provokationstests durchgeführt werden. Sind mindestens drei dieser Tests positiv, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit einer ISG-Beteiligung am Beschwerdebild. Die bildgebende Diagnostik wie Röntgen, Computertomografie (CT), Kernspintomografie (MRT) oder Skelettszintigrafie ist innerhalb der Routinediagnostik normalerweise nicht indiziert. Diese sollte jedoch zum Ausschluss z. B. einer Becken-/Sakrumfraktur, bei entsprechendem Verdacht, bzw. einer Entzündung im Rahmen einer systemischen Krankheit usw. eingesetzt werden.

Wie kann ein Iliosakralgelenk-Syndrom behandelt werden?

Zunächst sollte versucht werden, bei Vorliegen eines ISG-Syndroms nicht-invasiv mithilfe von Physiotherapie und Schmerzmitteln zu behandeln. Schwierig kann die Schmerzbehandlung in der Schwangerschaft sein. Bei der manuellen Therapie von ISG-Beschwerden werden zwei Verfahren unterschieden: Mobilisation bzw. vorsichtiges Dehnen soll die Beweglichkeit des betroffenen Bewegungssegmentes verbessern. Bei der Manipulation wird ein kurzer Impuls auf das betroffene Segment gegeben, um dieses zu „deblockieren“. Ein weiterer Ansatz in der Behandlung von ISG-Syndromen stellt die Stoßwellentherapie (ESWT) dar. Hierbei sollten wiederholte Sitzungen im Abstand einiger Tage im Sinne einer Therapieserie erfolgen. Nachteil des Verfahrens ist, dass bei aktuell weiterhin fehlenden adäquaten wissenschaftlichen Studien zur Wirksamkeit der Methode diese von den meisten Kostenträgern nicht übernommen wird.

Diagnostisch-therapeutische Infiltrationen werden mit einem Lokalanästhetikum durchgeführt, oft allerdings in Kombination mit einem Kortikoid oder Opioid. Diese werden unter röntgenologischer Kontrolle, mit oder ohne Kontrastmittelgabe, oder unter computertomographischer Kontrolle eingebracht. Externe Stabilisierungsmaßnahmen im Anschluss an die oben genannten Therapien werden von vielen Patienten mit chronischen Rückenschmerzen als angenehm empfunden. Deswegen sehen einige Experten den Einsatz von Orthesen und gezielten physiotherapeutischen Übungen als therapeutische Einheit. Bringt keine dieser Therapien die gewünschten Ergebnisse, kann eine stabilisierende Operation mit dem iFuse-Verfahren in Erwägung gezogen werden. Bei diesem Eingriff wird die schmerzhafte Instabilität durch rotationsstabile Implantate behoben. Der Einsatz der iFuse-Implantate, der minimalinvasiv erfolgt, ist im Vergleich zu früheren offenen Verfahren deutlich sicherer und einfacher. Es genügt ein kleiner Schnitt, um die Implantate unter Röntgenkontrolle zu platzieren. Das Iliosakralgelenk ist nach dem Eingriff sofort wieder belastbar. Durch ihre besondere Form kommt es zu einer sofortigen Ruhigstellung und innerhalb einiger Wochen wachsen die Implantate in den Knochen ein. Die Patienten können, da die Beschwerden meistens vollständig verschwinden, nach 2-3 Tagen nach Hause entlassen werden.

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Die iFuse-Implantate können eine Ruhigstellung des schmerzenden Iliosakralgelenks ermöglichen.

Sicherheitshalber wird für die ersten drei Wochen nach der Stabilisierung die Mobilisation unter Verwendung von Gehstützen empfohlen. Von Natur aus ist der Bewegungsspielraum des Iliosakralgelenks nur sehr gering (2-3 °), weshalb eine ISG-Stabilisierung mit einer Versteifung der Lendenwirbelsäule oder anderer Gelenke nicht gut vergleichbar ist. Da der Hauptschmerz meistens auf einer Seite angesiedelt ist, reicht es in der Regel aus, nur die betroffene Seite zu behandeln. Sollte jedoch durch eine Mehrbelastung der nicht versteiften Seite ein ISG-Syndrom auf der Gegenseite auftreten, könnte dann im späteren Verlauf der Eingriff auf der neu betroffenen Seite wiederholt werden. Zuvor sollten auch hierbei alle konservativen Behandlungsmethoden wie Physiotherapie / Manuelle Therapie oder Denervierungsverfahren ausgeschöpft worden sein.

Inzwischen konnte die Überlegenheit der iFuse-Operationstechnik durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen werden. Hierzu gibt es randomisierte, kontrollierte Studien, die im Vergleich zu den bisherigen Behandlungsoptionen die Wirksamkeit dieser Operationsmethode zeigen.

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v. l.: Dr. med. Hassan Allouch, MBA, M. Sc., Dr. med. Kais Abu Nahleh

Kontakt:
ATOS Klinik Stuttgart GmbH
Dr. med. Hassan Allouch
Dr. med. Kais Abu Nahleh
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E-Mail: facharztzentrum-stuttgart@atos.de
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