Spritzen, Krankengymnastik und Elektrostimulation bauen therapeutisch aufeinander auf
Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule sind heute keine reine Alterserscheinung mehr. Menschen aller Altersgruppen leiden an akuten oder chronischen Rückenschmerzen. Besonders aktive Sportler, die z.B. beim Fußballspiel keinem Körperkontakt aus dem Wege gehen, haben oft schon in jungen Jahren immer wieder ihr Kreuz mit dem Kreuz. Diese akuten, aber auch chronischen Wirbelsäulenschmerzen stellen für den Duisburger Orthopäden und Sportmediziner Dr. Frank Blass eine zunehmende Herausforderung in der orthopädischen Praxis dar.
Dr. Blass, der seit über zwölf Jahren für den Deutschen Fußballbund tätig ist, betreut als Mannschaftsarzt die U 20 Nationalmannschaft. Er setzt bei der Behandlung von Wirbelsäulenbeschwerden auf drei Säulen, die durch ihre sich gegenseitig unterstützende Wirkung helfen sollen, Bandscheibenoperationen möglichst zu vermeiden.
Dr. Blass: „Vor allem bei akuten Schmerzen ist es wichtig, den Patienten schnell die ärgsten Beschwerden zu nehmen, damit die Muskulatur nicht über eine längere Zeit geschont wird. Es gilt, den Muskelabbau durch Inaktivierung möglichst zu vermeiden.“ Dazu spritzt Dr. Blass ein Gemisch aus einem örtlichen Betäubungsmittel und einem homöopathischen Präparat direkt neben die Wirbelsäule, oder je nach Art der Schmerzursache auch in einen rückenmarksnahen Spalt. Damit das Spritzen nicht zusätzliche Schmerzen verursacht, wird die Einstichstelle vorher betäubt. Dies geschieht bei ihm ohne Nadel. Das Betäubungsmittel wird mit einem so genannten Dermojet über Druckluft unter die Haut gebracht. So können nun – für den Patienten völlig schmerzfrei – die betroffenen kleinen Wirbelgelenke infiltriert und die austretenden Nerven betäubt werden.
In Bewegung bleiben
Dies schafft die Voraussetzung für die sich anschließende manualtherapeutische Mobilisierung des erkrankten Wirbelsäulenabschnitts. Ist das Gewebe wieder gelöst und gelockert, muss es durch gezielte Krankengymnastik regelmäßig trainiert werden. Damit dieses muskuläre Training noch bessere Wirkung zeigen kann, wird nun die dritte Stufe des Therapiekonzepts eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine gezielte Kräftigung der Rückenmuskulatur durch elektrische Stimulation mit dem Artrostim-Gerät. Mit diesen Geräten, die ganz individuell eingestellt werden, können je nach gewählter Frequenz und Intensität die schmerzleitenden Nervenfasern blockiert werden. Zum anderen können aber auch gezielte Muskelkontraktionen ausgelöst werden, so dass geschwächte Muskeln gezielt, schnell und schonend wieder gekräftigt werden. Damit lassen sich beeinträchtigte Muskeln wieder in den Gesamtbewegungsablauf integrieren und die muskuläre Balance im blockierten Wirbelsäulenabschnitt kann wiederhergestellt werden.
Einmal ist keinmal
Dabei ist es aber bei allen drei Behandlungsmethoden nicht mit der einmaligen Anwendung getan. Die Infiltrationsbehandlungen mit den Spritzen und die chirotherapeutischen Maßnahmen wendet Dr. Blass zwei- bis dreimal pro Woche in seiner Praxis an. Die Maßnahmen zur Muskelstimulation – sowohl durch Krankengymnastik als auch mit dem Artrostim-Gerät – müssen täglich durchgeführt werden. Dabei wird nicht nur die lange Rückenstreckmuskulatur, sondern auch die Bauchmuskulatur mittels Artrostim stimuliert. Dr. Blass: „Die elektrische Nervenstimulation über Elektroden auf der Haut hat mehrere große Vorteile. Einmal kann die bei chronischen Wirbelsäulenerkrankungen häufig beobachtete muskuläre Insuffizienz wirksam verhindert werden. Zum anderen ist die Handhabung sehr einfach und die Benutzungshäufigkeit kann ganz leicht überprüft werden. Das führt zu einer deutlichen Motivation der Anwender.“
Sind die akuten Beschwerden beseitigt, behandelt Dr. Blass seine Patienten weiter mit Akupunktur. Gleichzeitig werden sie zunehmend mobilisiert und – sofern sie altersmäßig dazu in der Lage sind – ermutigt, sportlich tätig zu werden. Ein kontrolliertes Muskelaufbautraining in medizinisch überwachten Fitnesscentern ist dabei durchaus wünschenswert.
Dr. Blass: „Über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen können so Patienten, die unter chronischen Wirbelsäulenschmerzen ohne Lähmungserscheinungen leiden, rehabilitiert werden. Mit dem konzertierten Einsatz aller drei Säulen der Therapie gelingt es, den Teufelskreis aus Schmerz und Wirbelsäulenschonung zu durchbrechen.“
ORTHOpress 4 | 2001
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