
Unter Gelenkverschleiß leiden nicht nur ältere, sondern auch immer mehr jüngere Menschen. Da eine konservative Therapie nicht in allen Fällen hilft, bleibt als Ausweg oft nur ein künstlicher Gelenkersatz. Für zahlreiche Betroffene stellt sich dann die Frage: Kann ich mich weiterhin sportlich betätigen?
Entscheidend für die Lebensdauer einer Endoprothese ist nicht zuletzt das Ausmaß ihrer Beanspruchung. Je nach Art halten Prothesen maximal 15 – 20 Jahre. Daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwann ein Austausch notwendig ist, umso größer, je jünger die Patienten sind. Dies hat Einfluss auf den Anspruch, der an einen modernen Gelenkersatz gestellt wird. War es früher schlicht die Fähigkeit, schmerzfreie Bewegungen durchzuführen, so steht heute zunehmend der Wunsch im Vordergrund, auch die Leistungsfähigkeit möglichst lange zu erhalten.
Jedes Gelenk erfordert einen anderen Umgang
Die Belastbarkeit eines neuen Gelenks ist abhängig von seiner Art, also davon, ob es beispielsweise in Hüfte, Knie oder Ellenbogen eingesetzt wird. So sollte man bei einer Hüfttotalendoprothese (HTEP) innerhalb der ersten sechs Monate nach der Operation alle Bewegungen vermeiden, bei denen die Beine verdreht, seitlich abgespreizt oder überkreuzt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das neue Gelenk aus der Pfanne springt. Mit einer Ellenbogenprothese lassen sich nur noch kleine Gewichte bis etwa fünf Kilogramm heben, als schlecht dagegen gelten Bewegungen, wie sie im Sport oder bei handwerklichen Überkopfarbeiten ausgeführt werden. Die Frage, ob man mit einer Endoprothese Sport treiben kann, muss daher in jedem Fall differenziert beantwortet werden.
Viele Sportler mit Implantat wechseln zu „low Impact“-Sportarten
Grundsätzlich ist Sport auch für Menschen mit Implantat möglich und nötig. Eine objektive Definition, wie man gesunden von ungesundem Sport unterscheiden kann, gibt es allerdings nicht. Künstliche Gelenke werden, wenn sie entwickelt werden, zwar auf ihre Alltagstauglichkeit hin getestet, nicht aber auf ihre Nutzung im sportlichen Rahmen. Aus diesem Grund ist es ratsam, vor und nach der Operation ein persönliches klärendes Gespräch mit dem behandelnden Arzt zu führen. Dabei geht es um die Frage, welchen Sport man zurzeit ausübt, was man noch erreichen will und was mit der Prothese möglich sein wird. Was die Haltbarkeit in Bezug auf Abrieb und Lockerung betrifft, spielt die einwirkende Belastung eine entscheidende Rolle. Hat man es mit erfahrenen Sportlern zu tun, die in der Lage sind, ihre sportspezifischen Bewegungen kontrolliert auszuführen, so bestehen für diese gute Chancen, auch weiter moderat trainieren zu können. So ist es zum Beispiel für den Karateka mit künstlicher Hüfte zwar nicht mehr möglich, Tritte zur Seite zu machen, weiterhin trainierbar sind jedoch Tritte nach vorne und nach hinten.
In den meisten Fällen tendieren Sportler mit Gelenkersatz aber eher dazu, von sogenannten „High Impact“-Sportarten mit abrupten Drehungen, Sprüngen und Landungen (z. B. Fußball, Basketball oder Joggen) auf „Low Impact“-Sportarten zu wechseln, bei denen vorhersehbare, in der Intensität gut kontrollierbare Bewegungen vorherrschend sind. Dazu gehören Skilanglauf, Schwimmen, Walking, Fahrradfahren, Rudern oder leichtes Krafttraining. Wie weit dieser Wechsel von „high“ zu „low“ aufgrund eigener Befürchtungen oder auf einen ärztlichen Rat hin erfolgt, wurde bislang allerdings noch nicht näher untersucht.
Grundsätzlich zu vermeiden sind abrupte Start- und Stoppbewegungen, unkontrollierte Einflüsse von außen, wie sie zum Beispiel im Wettkampf auftreten, sowie alles, was den eingeschränkten Radius des neuen Gelenks übersteigt. Die Übungen, welche die Patienten in der auf die OP folgenden Physiotherapie erlernen, sind im Übrigen gezielt auf das neue Gelenk abgestimmt und lassen sich problemlos zu Hause fortführen.
von Andrea Freitag
Argumente, die für Sport mit Implantat sprechen
- Durch mechanische Belastung wird die Knochendichte und somit das Einwachsen der Prothese in den Knochen gefördert.
- Da Sport Muskulatur und Knochen stärkt, wird das neue Gelenk entlastet.
- Wenn ein Körper gut trainiert ist, steht er stabiler und das Sturzrisiko sinkt.
- Durch Sport lässt sich Übergewicht reduzieren, welches das Gelenk zusätzlich belasten würde.
- Sport schützt vor chronischen Bewegungsmangel-Erkrankungen.
- Durch Sport wird die Selbstbestimmung gestärkt. Zugleich werden Ängste vor dem Gebrauch des neuen Gelenks abgebaut. Auf diese Weise wird das Vertrauen in den eigenen Körper nach einer Verletzung wiederhergestellt.
Was spricht gegen Sport mit Implantat?
- Werden Partikel durch Reibung vom Kunstgelenk abgetragen, besteht die Gefahr, dass im umliegenden Gewebe Infektionen
- ausgelöst werden.
- Durch mechanische Überlastungen kann der Sitz des Implantats vorzeitig gelockert werden.
- Eine zu starke und häufige Belastung kann Verletzungen zur Folge haben.
- Kommt es zu Stürzen auf die mit einem Implantat versehene Körperpartie, sind komplizierte Brüche wahrscheinlicher als ohne Implantat.