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Krankheitsbilder

„Der temperierte Patient“

Die Oxithermie: Eine neue Therapie gegen chronische Rückenleiden und andere Schmerzen

Nicht immer ist das „ein-schneidendste“ Erlebnis auch das Optimum – in der Medizin alles andere als eine „Binsenweisheit“. Vor allem wenn Forschung und technischer Fortschritt hier Geräte und Verfahren mit sich bringen, die im „Kreuzzug“ gegen den Kreuzschmerz und andere Beschwerden hoch wirksam und dabei ausgesprochen sanft sind, wie die Oxithermie. Auch der Kölner Chirurg Dr. Janusz Pieczykolan ist von der neuen Behandlungsmethode über­­­­zeugt und bietet sie seinen Patienten seit Februar diesen Jahres in seiner Praxis für ambulantes Operieren an.

Herr Dr. Pieczykolan, um gleich auf den Kernpunkt zu kommen: Was darf die zunehmende Anzahl chronisch schmerzkranker Patienten von dem neuen Verfahren erhoffen?

Die Oxithermie, eine spezielle Form der Tiefenwärmebehandlung, kombiniert mit Sauerstoffinhalationen, bietet insbesondere den vielen als „austherapiert“ geltenden Patienten eine Chance auf Heilung oder zumindest Linderung ihrer Beschwerden. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf chronischen Rückenschmerzen, welche sich als therapieresistent erwiesen haben, bei denen also konservative und andere Behandlungsformen nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, und wo invasivere Maßnahmen aus verschiedenen Gründen nicht angezeigt sind. Darüber hinaus ist das Indikationsspektrum für die Oxithermie recht groß. Sie kann etwa auch zur Anwendung kommen bei therapieresistenten Neuralgien, beim Fibromyalgiesyndrom, bei Morbus Bechterew sowie rheumatischen Erkrankungen, sofern keine akute Entzündung besteht. Neben diesen Beschwerdebildern im Bereich des Bewegungsapparates lässt sich die Oxithermie z.B. auch einsetzen bei Asthma bronchiale, bei Schuppenflechte, Neurodermitis und anderen allergischen Erkrankungen sowie bei arterieller Hypertonie, also bei Bluthochdruck. Zu ihren zusätzlichen positiven Effekten zählt u.a. auch die Entgiftung des Körpers: von Alkohol, Nikotin und anderen Schadstoffen wie Schwermetallen.

Eine Allheilmethode also?

Das mit Sicherheit nicht. Denn offensichtliche Strukturprobleme, also z.B. ein Hallux valgus, eine Nervenkompression oder aber ein Menis­kusriss, erfordern in der Regel eine chirurgische Behandlung, um Schmer­­zen zu reduzieren. Und schon deshalb nicht, weil es natürlich auch Kontraindikationen gibt. Diese sind hier allerdings nicht allzu zahlreich: neben den bereits genannten akuten schweren Entzündungen der Gelenke etwa auch eine dekompensierte Herzinsuffizienz. – Tatsächlich aber ist der Schmerztherapie mit der Oxithermie in vielen Fällen ein wirkungsvolles Instrument beim Kampf gegen die für die Patienten oft unerträglichen Schmerzen in die Hand gegeben. Das Besondere an dieser neuen Methode, auf das Sie anspielen, sind eigentlich zwei Dinge: Sie ist nahezu nebenwirkungsfrei und sie eignet sich nicht zuletzt deshalb auch dazu, Entscheidendes zur „Vitaloptimierung“, wie ich es nenne, beizutragen. Das Immunsystem nämlich wird durch die Oxithermie gestärkt und dadurch die Leistungsfähigkeit deutlich verbessert. Ich habe es übrigens selbst ausprobiert: Ca. eine Stunde nach der Behandlung fühlt man sich sehr fit und kann sowohl geistig als auch körperlich viel und konzentriert arbeiten. Die Therapie dient also auch dem Stressabbau und der Gesunderhaltung bei allgemeinen Erschöpfungszuständen und ist damit z.B. auch für – als solche „beschwerdefreie“ – Manager und Außendienstler, also für Berufe mit einer sehr hohen Stressbelastung und überdurchschnittlichen Arbeitszeiten sehr gut geeignet. Und natürlich zur Regeneration bzw. Rehabilitation im sportmedizinischen Bereich.

Was ist das Prinzip der Oxithermie?

Die Grundidee dieser Therapie, nämlich den Menschen bzw. den ganzen Körper zu erwärmen, ist selbst eigentlich schon uralt. Wärmeanwendungen zählen zu den ältesten physikalisch-therapeutischen Verfahren in der Medizin, und auch heute noch gilt die seit Jahrhunderten geschätzte Methode, durch Wärmezufuhr von außen nicht allein das Wohlbefinden zu steigern, sondern auch gezielt Schmerzen zu lindern, die Abwehrkräfte des Organismus zu stärken und damit Krankheitsverläufe positiv zu beeinflussen, als unentbehrlich im modernen Behandlungsrepertoire.

Heilen durch Wärme – wäre da nicht auch ein Saunabesuch, ein Sonnenbad oder ein Heizkissen für den Rücken geeignet, Schmerzen zu lindern?

Die von Ihnen genannten Dingen haben nichts mit der modernen Oxithermie zu tun. Es handelt sich dabei um eine spezielle Hyperthermie-Behandlungsform, die Ganzkörperüberwärmung mittels Infrarot-A-Strahlung, die im Wesentlichen auf die Entwicklungen des bekannten Physikers Manfred von Ardenne zurückgeht. Das kurzwellige Infrarot-A-Licht besitzt eine hohe Eindringtiefe, während die mittel- und langwelligen Infrarotstrahlen, die u.a. zum energetischen Spektrum des Sonnenlichtes zählen, zu einer starken oberflächlichen Wärmeabsorption führen und äußerst schmerzhafte Überhitzungserscheinungen in der Epidermis, der Oberhaut, verursachen können – deutlich spürbar beim Sonnenbrand. Bei der Oxithermie aber werden diese hautschädigenden Anteile absorbiert – durch ein spezielles Verfahren der Wasserfilterung. Dadurch ist das Eindringen der Wärme in tiefere Gewebsschichten über einen längeren Zeitraum, und zwar ohne Überhitzung der Oberhaut gewährleistet. Die Wärme kann also ohne unerwünschte Nebenwirkungen ihre positive Wirkung tun; die Infrarot-A-Strahlung ist für den Patienten nicht belastend und wird schon während der Behandlung eher als wohltuend empfunden.
Auch mit Fieber übrigens können die Effekte der Hyperthermie nicht gleichgesetzt werden, denn bei einer Oxithermie-Behandlung bleibt die natürliche Temperaturregulation des Körpers erhalten.

Wie sieht eine solche Oxithermie-Behandlung konkret aus?

Der Patient liegt sozusagen frei schwebend in der Netzliege des Gerätes, entspannt wie in einer Hängematte. Von unten her wirken die Wärmestrahlen auf ihn ein, dringen in seine Rücken- und Nackenpartie ein und lösen dort die schmerzauslösenden Verspannungen und Verkrampfungen seiner Muskulatur. Um Wärmeverluste abzumindern, wird der unbekleidete Patient mit einer Reflexionsfolie abgedeckt, unter welcher er sich aber frei bewegen kann. Nach etwa zehn Minuten beginnt der Patient zu schwitzen; seine Empfindungen bei der Erwärmung werden über eine individuelle Stufenschaltung berücksichtigt, die steigende Pulsfrequenz und der Blutdruck werden dabei überwacht. Zunächst wird die Temperatur in der Peripherie, d.h. der äußeren Körperschale, der Körperkerntemperatur angeglichen, bis es schließlich mit anhaltender Temperaturerhöhung und Durchblutungssteigerung im gesamten Körper zur Erhöhung der Kerntemperatur kommt. Angestrebt wird eine Kerntemperatur von 38,5° C bis 39° C. Gleichzeitig mit der Infrarot-A-Einwirkung inhaliert der Patient hoch konzentrierten Sauerstoff. Dadurch wird die doch recht anstrengende Belastung durch den Tiefenwärmereiz besser toleriert.
Die Anwendungszeit beträgt in der Regel 30 Minuten pro Sitzung; danach ruht der Patient noch einige Zeit aus, bis er dann mit einer unglaublichen Energie und Tatkraft wieder aufsteht. Eine Behandlungsserie, die für einen dauerhaften Effekt (bis zu einem halben Jahr und länger) sorgt, umfasst etwa fünf Einzelsitzungen in einem möglichst zusammenhängenden Zeitraum.

Was genau bewirkt diese Überwärmung des Körpers?

Kurz gesagt werden Immunreaktionen stimuliert und dadurch natürliche Heilprozesse begünstigt. Die vermehrte Durchblutung des zentralen Gefäßsystems Muskulatur hat eine Steigerung der Stoffwechselvorgänge zur Folge – und damit auch eine vermehrte Ausscheidung von schmerzverursachenden Mediatoren, wie Histamin und Serotonin. Diese Wirkungen werden auch in einem aktuellen (Dezember ’99) wissenschaftlichen Gutachten der Universität Ulm bestätigt. Hier wird die Oxithermie abschließend als „wirksames und patientenschonendes biophysikalisches Therapieverfahren“ beurteilt.

Herr Dr. Pieczykolan, Sie erlauben mir abschließend eine Frage, die mich persönlich interessiert: Chirurgie und sanfte Medizin – mit Sicherheit keine häufig anzutreffende Kombination. Wie lässt sich das vereinbaren?

Tatsächlich vollführe ich mit meiner Vorgehensweise gewissermaßen einen „Spagat“ zwischen Chirurgie und sog. sanfter Medizin. Zwar ist die „aggressivere“ Behandlung oft nicht zu umgehen – letztlich aber eine „Kapitulationserklärung“ vor der chronischen Erkrankung. Das ist mir zu wenig, wenn es darum geht, einem schmerzgeplagten Dauerpatienten helfen zu können. Deshalb bin ich ständig auf der Suche nach innovativen Therapiekonzepten, nach solchen, die möglichst nebenwirkungsfrei und dabei in der Lage sind, auf natürliche Weise Leiden zu lindern.

Herr Dr. Pieczykolan, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!

aus OrthoPress 2 | 2000
Archivbeiträge spiegeln den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wieder. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.