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Rücken

Was tun bei Wirbelgleiten? Ursachen, Diagnosen, Therapien

wirbelgleiten

Unter Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) versteht man eine Instabilität der Wirbelsäule, bei der sich ein oder zwei Wirbel aus ihrer ursprünglichen Position lösen, nach vorne rutschen oder seitlich wegdrehen. In der Regel schiebt sich ein oberer gegenüber einem unter ihm liegenden Wirbel nach vorne. Davon betroffen ist meist die Lendenwirbelsäule. Sind die entsprechenden Wirbel nicht nur verschoben, sondern bewegen sich auch hin und her, spricht man von einem mobilen oder dynamischen Wirbelgleiten.

Meist tritt ein Wirbelgleiten nach dem 60. Lebensjahr auf. Schätzungsweise sind zwei bis vier Prozent der Menschen in dieser Altersgruppe davon betroffen. In der großen Mehrzahl der Fälle handelt es sich dabei nur um eine leichte Wirbelverschiebung.

Nur relativ selten kommt es zu Beschwerden

Man unterscheidet grundsätzlich zwischen einer angeborenen und einer erworbenen Form des Wirbelgleitens. Bei der angeborenen Variante ist die Ursache in der Regel eine Fehlbildung des Wirbelbogens, die dazu führt, dass die Wirbel nicht stabil über die Facettengelenke miteinander verbunden sind. Ein erworbenes Wirbelgleiten kann auf frühkindliche Verletzungen eines Wirbelbogens, altersbedingten Verschleiß von Wirbelgelenken, erkrankungsbedingt verminderte Knochenfestigkeit oder Veränderungen nach einer Wirbelsäulenoperation zurückzuführen sein. Selten ist der Grund eine sportlich bedingte Überlastung.

In der Mehrzahl der Fälle führt ein Wirbelgleiten zu keinerlei Beschwerden. Ist dies der Fall, kommt es typischerweise zu einem tiefen Rückenschmerz, der vor allem unter Belastung auftritt und auch mit einer eingeschränkten Beweglichkeit verbunden sein kann. Die Folgen sind vor allem dann besonders gravierend, wenn Wirbel so stark verrutschen, dass eine Wirbelkanalstenose entsteht und Nervenwurzeln eingeklemmt werden. Auf diese Weise kann es zu Schmerzen und Taubheitsgefühlen in den Beinen kommen sowie unter Umständen auch zu Lähmungen und einem Kontrollverlust der Blasen- und Mastdarmfunktion. Ist der unterste Lendenwirbel betroffen, kann dies aufgrund einer damit verbundenen Einengung einer Nervenwurzel zu einer Großzehen-, Fußheber- oder Fußsenkerschwäche führen.

Im Vordergrund steht die konservative Behandlung

Die Diagnose eines Wirbelgleitens beginnt mit einer gründlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung. In einem weit fortgeschrittenen Stadium macht sich die Verschiebung des Wirbels bereits durch eine Gangveränderung bemerkbar und lässt sich anhand einer typischen Verformung der Lendenwirbelsäule ertasten. Um einen genaueren Einblick zu gewinnen, werden bildgebende Verfahren eingesetzt. So lässt sich mithilfe einer seitlichen Röntgenaufnahme der sogenannte Abrutschgrad ermitteln. Noch bessere Einsichten in den entstandenen Schaden werden durch Computertomografie (CT) oder Magnetresonanz-Tomografie (MRT) ermöglicht. Während sich mit einem CT vor allem knöcherne Strukturen darstellen lassen, können mittels MRT Veränderungen an Bandscheiben, Nervenwurzeln, Sehnen und Bändern dargestellt werden. Außerdem lässt sich abklären, ob eine Wirbelkanalverengung vorliegt.

In den meisten Fällen wird man versuchen, ein Wirbelgleiten auf konservative Weise zu behandeln. Eine lindernde Wirkung lässt sich durch manuelle Therapie und Physiotherapie erzielen. Rehasport und Funktionstraining dienen dazu, Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit zu trainieren. Dauern die Beschwerden länger an, können multimodale Programme sinnvoll sein. Dabei werden verschiedene Behandlungsansätze miteinander kombiniert, zu denen medizinische, physiotherapeutische und psychologische Therapieformen gehören. Auf diese Weise sollen Schmerzen gelindert und der Umgang mit den Beschwerden erleichtert werden. Die Einnahme von entzündungshemmenden Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Diclofenac ist nur bei akutem Bedarf und in möglichst geringer Dosierung zu empfehlen.
Helfen konservative Therapien nicht weiter, kann ein operativen Eingriff in Erwägung gezogen werden. Eine Operation kommt insbesondere dann infrage, wenn das Wirbelgleiten mit einer Einengung des Wirbelkanals verbunden ist und Nervenfunktionen gestört sind. Je nach Befund können verschiedene Verfahren eingesetzt werden. So werden, um den Wirbelkanal zu weiten, Teile des Wirbelbogens eines oder mehrerer Wirbel entfernt. Bei einer mikrochirurgischen Dekompression werden Nerven vom Druck durch einengendes Gewebe befreit und knöcherne Anbauten entfernt. Eine weitere Option besteht darin, instabile Wirbel miteinander zu verbinden.

Patienten, die unter Wirbelgleiten leiden, sollten versuchen, sich mit ihrer Erkrankung zu arrangieren und ihren Alltag auf sie einzustellen. Wichtig ist es, aktiv zu bleiben und sich ausreichend zu bewegen. Andererseits sollte man, sobald die ausgeübten Tätigkeiten zu anstrengend werden, genügend lange Ruhepausen einlegen und bei Bedarf eine entlastende Haltung einnehmen.

von Klaus Bingler