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Krankheitsbilder

Von der Weidenrinde zu den Antirheumatika

COX-2-Inhibitoren auf dem Vormarsch 

Bereits um 400 v. Chr. nutzte die griechische Medizin den Effekt der in der Weidenrinde enthaltenen Salicylate zur Schmerzlinderung. Nach zahllosen Experimenten, welche die aggressive Salicylsäure für den Menschen besser verträglich machen und die Wirksamkeit verbessern sollten, war es dann Ende des 19. Jahrhunderts soweit: Mit der Acetylsalicylsäure stand der Allgemeinheit unter dem Markennamen „Aspirin“ ein ebenso preiswertes wie gut verträgliches Schmerzmittel zur Verfügung. 

Bei Anwendung über einen längeren Zeitraum hinweg, so merkte man jedoch schnell, traten unbeherrschbare Begleiterscheinungen auf. Schlecht abheilende Magengeschwüre und –blutungen, Erhöhung des Blutdrucks und Wassereinlagerungen machten die Hoffnung derer zunichte, die in der Acetylsalicylsäure ein unbegrenzt anwendbares Medikament gefunden zu haben glaubten. Zwar wurden nach und nach auch positive Nebeneffekte festgestellt (Herzinfarkt-/Schlaganfall-Pro­phylaxe), das Problem der Schleimhautveränderungen konnte aber auch in Weiterentwicklungen nicht zufriedenstellend behoben werden.

Im Jahre 1988 nun stellte der amerikanische Arzt P. Needleman fest, dass die Konzentration eines bereits bekannten Schlüssel­enzyms bei Entzündungsabläufen, der Cyclo­oxygenase, kurz „COX“, im entzündeten Gewebe deutlich höher ist als im entzündungsfreien. Durch Zugabe von Cortison, so fand er heraus, verringerte sich die COX-Konzentration, wobei eine gleich bleibend niedrige Konzentration wie im gesunden Gewebe jedoch stets erhalten blieb. Auf Grund dieser Ergebnisse postulierte Needleman 1989 die Existenz eines COX-1- und COX-2-Systems: COX-1 werde fort-laufend in allen Körpergeweben in niedriger Konzentration produziert und sollte nicht gehemmt werden; COX-2 dagegen werde nur im entzündeten Gewebe gebildet und sei für Schmerz, Fieber und Entzündungen verantwortlich.

Nachdem das COX-2-Molekül 1992 dreidimensional dargestellt werden konnte, zeigte sich, dass die Erkenntnisse Needlemans richtig waren: Man entdeckte einen Mechanismus, nachdem spezielle Substanzen nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip wohl an COX-2-Moleküle andocken können, nicht aber an solche vom Typ COX-1. Der selektive COX-2-Hemmer war geboren – und mit ihm erstmals ein nebenwirkungsarmes, entzündungshemmendes Schmerzmittel, welches die gefürchteten Veränderungen an der Magenschleimhaut nicht mehr hervorruft.

In Deutschland sind mittlerweile einige Medikamente zur rezeptpflichtigen Verordnung zugelassen, darunter Celecoxib („Celebrex“). Der Kölner Internist und Rheumatologe Dr. Axel Hoffmann hat sich für die Orthopress freundlicherweise bereit erklärt, nachfolgend wesentliche Fragen zu der Gruppe der COX-2-Hemmer zu erläutern:

Wie wirkt Celecoxib?

Celecoxib (Celebrex), weltweit am meisten eingesetzt, gibt es in der Wirkstärke 100 mg und 200 mg. Die Wirkung tritt bei der Nüchterneinnahme nach etwa 90 Minuten und bei der Einnahme zum Essen nach 150 Minuten ein. Der schmerzlindernde Effekt kann interindividuell anhalten. Zahlreiche Arthrose-Studien konnten einen sehr guten Effekt auf die Lebensqualität bei einer Dosierung von 200 mg Celebrex täglich nachweisen (im Vergleich zu 2 x 75 mg Diclofenac (z.B. Voltaren)). Entsprechendes gelang bei der Rheumatoiden Arthritis (Celebrex 200 2 x 1 Kapsel). Schleimhautveränderungen gehören aber unter dieser Therapie der Vergangenheit an. So sind dies nach 6-monatiger Einnahme von Celebrex 5% („Placebo“-Niveau) und unter den klassischen NSAR aber etwa 30% gewesen. 

Die Substanz Celecoxib (Celebrex) zeichnet sich durch ein sehr geringes Nebenwirkungsprofil (gelegentlich Kopfschmerzen, Wassereinlagerung) und ein geringes Interaktionsprofil (z.B. Methotrexat) aus.

Indikationen:

Celebrex: Rheumatoide Arthritis und Arthrose.

Nebenwirkungen:

Kopfschmerzen, Wassereinlagerung, gelegentlich Hautausschläge.

Kontraindikationen:

Schwangerschaft, Allergien gegen Sulfonamide.

Wechselwirkungen:

Celebrex: Antidepressiva.

Fahrtüchtigkeit:

Wird durch keine der Substanzen beeinträchtigt.

Wann ist Vorsicht in der Einnahme geboten?

Bei Bluthochdruck, Fettstoffwechseltherapie, Nierenerkrankungen.

Alternativen der Therapie? 

Neue Medikamentengruppe, sonst die Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (COX1-Hemmer).

Erfahrungsbreite der Therapie?

Celebrex ist seit 01.01.99 in den USA zugelassen. Es liegen bereits Auswertungen über viele Millionen Patientenjahre vor. Dabei zeichnen sich keine Nebenwirkungen für Blutbild, Nierenfunktion oder Leberfunktion ab.

Gibt es von Celebrex schon preiswerte Generika?

Leider nein. Beide Substanzen sind Neuentwicklungen der Pharmaindustrie und unterliegen noch dem vollen Patentschutz; somit sind auch auf Jahre hinaus noch keine Generika zu erwarten.

Kann die Einnahme von Celebrex die Einnahme von Aspirin zur vorsorglichen „Blutverdünnung“ bei koronarer Herzkrankheit oder Schlaganfall eingesetzt werden?

Nein. Anders als die Acetylsalicylsäure wirken COX-2-Hemmer nicht auf die Verklumpung der Blutplättchen (Thrombozytenaggregation) ein.

Nebenwirkungen an Magen, Niere und Gerinnungssystem durch COX-2-Hemmer:

Die Nebenwirkungen in Bezug auf Magenverträglichkeit (Reduktion von Magenblutungen), Niere (Ödeme, Bluthochdruck) und Blutgerinnung liegen auf Placeboniveau.

Ein Archivbeitrag* aus ORTHOpress 3 | 2000
*Archivbeiträge spiegeln den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wieder. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.