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Schulterforum

Die Schulter im Sport: Nicht alle Erkrankungen der Schulter können gleich behandelt werden/Differenzierte Diagnostik als Schlüssel zum Erfolg

Die Zahl der Schultergelenkserkrankungen hat in den letzten 30 Jahren dramatisch zugenommen, wofür insbesondere die (eigentlich begrüßenswerte) vermehrte sportliche Aktivität vieler Menschen in den mittleren Lebensjahren verantwortlich gemacht wird. Auch die Sportarten selbst sind schneller und risikoreicher geworden: Beim Inline-Skating zum Beispiel werden mühelos „Reisegeschwindigkeiten“ von 30 km/h und mehr erreicht. Klar, dass hier die durchschnittliche Unfallgefahr viel größer ist als bei einer gemütlichen Fahrradfahrt. Schulterschmerz kann also viele verschiedene Ursachen haben. Orthopress sprach mit dem Orthopäden Dr. Stefan Preis von der Kölner Klinik am Ring.

Herr Dr. Preis, welches sind die Ursachen für Schulterschmerz?

Für den Schulterschmerz im Zusammenhang mit Sport gibt es eigentlich zwei mögliche Ursachen: Zum einen sind das chronische Überlastungen des Schultergelenkes, wie sie bei Sportarten wie beispielsweise Tennis oder Volleyball auftreten können. Zum anderen akute Verletzungen, wie z.B. Einrisse der Sehnen, Schulterluxation, d.h. „Auskugeln“ der Schulter, oder Frakturen (Knochenbrüche), die zu akuten Problemen führen.

Welche Sportarten sind besonders „anfällig“ für Schulterbeschwerden?

Das sind natürlich diejenigen Sportarten, bei denen die Schultermuskulatur entweder durch wiederkehrende Bewegungen besonderen Belastungen unterliegt, oder bei denen sie durch einseitigen Kraftaufwand kurzzeitig unphysiologische Belastung erfährt. Zwei Beispiele: Ein Amateur-Tennisspieler, welcher eher über den Kraftaufwand als über die Technik spielt, hat ein gewisses Risiko, irgendwann einmal an einem Impingement zu erkranken. Der Golfspieler dagegen, der mit zu großem Kraftaufwand eine schnelle Bewegung ausführt, welche manchmal abrupt abgestoppt wird (wie beispielsweise bei einem Schlag in den Rasen), kann bei entsprechender Vorschädigung einen Riss der Rotatorenmanschette erleiden.

Davon zu unterscheiden sind natürlich die inzwischen häufig vorkommenden Sportunfälle: Stürze beim Inline-Skaten oder beim Snowboarden können eine sog. Schultereckgelenksprengung nach sich ziehen. 

Welche Beschwerden kommen am häufigsten vor?

Meist äußern sich die Beschwerden durch ein so genanntes Impingement-Syndrom: Dabei entzündet sich der unterhalb des Schulterdaches gelegene Schleimbeutel und verkleinert den zur Verfügung stehenden Raum für die Sehne, die so bei der Schulterbewegung schmerzhaft eingeklemmt wird. Bei akuten Verletzungen ist häufig eine Schulterluxation zu beobachten, die meist sehr schmerzhaft ist. Dieses akute Ereignis muss immer unmittelbar ärztlich behandelt werden.

Gibt es auch Schulterschmerzen, welche mit der Schulter selbst gar nichts zu tun haben?

Auch das ist möglich. Gerade deshalb ist eine differenzierte Diagnose so wichtig. Bei Unklarheiten wird in jedem Fall eine neurologische Untersuchung erfolgen müssen, um zu klären, ob die Beschwerden nicht vielleicht von der Halswirbelsäule herrühren und lediglich in die Schulter ausstrahlen.

Wie behandelt man Schulterschmerzen?

Auf Grund der deutlich verbesserten Diagnosemöglichkeiten mittels Ultraschall, Kernspintomographie etc. ist die Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen der Schulter in den letzten Jahren wesentlich weiterentwickelt worden. Dies gilt nicht nur für die so genannten konservativen Therapieverfahren, sondern insbesondere auch für etwaig notwendige operative Maßnahmen. Hier hat insbesondere die arthroskopische Chirurgie mit ihren minimalinvasiven Eingriffen (sog. Schlüssellochoperationen) große Fortschritte gebracht. Zur optimierten Betreuung und Behandlung der vielseitigen Schultererkrankungen ist jedoch jeweils eine individuelle Diagnostik notwendig – Schulterschmerz ist eben nicht gleich Schulterschmerz.

Herr Dr. Preis, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!

ORTHOpress 4 | 2001

Alle Beiträge dienen lediglich der Information und ersetzen keinesfalls die Inanspruchnahme eines Arztes*in. Falls nicht anders angegeben, spiegeln sie den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wider. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.