Suche
0
Anzeige
Sportmedizin Anzeige

Radsport: schonend und herausfordernd zugleich

professional road cyclist
Interview mit Dirk Tenner: Sicherheit und Gesundheit im Radsport
Radsport: Schonend und herausfordernd zugleich
Dirk Tenner, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, spricht über die Sicherheit und gesundheitlichen Herausforderungen im Radsport, insbesondere bei Profis und ambitionierten Amateuren. Als Kniespezialist der ATOS Orthoparc Klinik in Köln und Mannschaftsarzt des Teams Ineos Grenadiers bei der Tour de France 2024 teilt er seine Einsichten.
tenner web
Herr Tenner, wie sind Sie zum Radsport gekommen?

Dirk Tenner: Das Fahrradfahren hat mich schon immer fasziniert, sowohl als Hobby als auch aus medizinischer Sicht. Der Radsport ist eine der schonendsten und gleichzeitig effektivsten Sportarten. Das macht ihn so attraktiv für Menschen, die nach einer beinah jederzeit praktikablen und weitgehend altersunabhängigen Möglichkeit suchen, fit zu bleiben. Gleichzeitig ist es aber auch eine der Sportarten, bei der es sehr auf die richtige Technik, das passende Equipment und die richtige Betreuung ankommt. Im Laufe meiner Karriere habe ich viele Profisportler und ambitionierte Amateure kennengelernt und festgestellt, wie immens wichtig eine individuell angepasste medizinische Versorgung ist.

Was macht den Radsport aus medizinischer Sicht so besonders?

Dirk Tenner: Der Radsport ist schonend und herausfordernd zugleich. Anders als beim Laufen, das stark auf Knie und Hüfte geht, ist das Radfahren viel gelenkschonender, da das Körpergewicht größtenteils vom Fahrrad getragen wird und die Gelenke so zwar bewegt, aber nicht belastet werden. Obwohl der Radsport so gelenkschonend ist, gibt es aber typische Beschwerden, die vor allem bei intensiven Trainingseinheiten oder Wettkämpfen auftreten können. Häufig sehen wir zum Beispiel Überlastungsbeschwerden im Bereich des Knies oder das Impingement-Syndrom in der Schulter. Auch Probleme im unteren Rücken sind keine Seltenheit – allerdings häufiger bei Amateuren, bei denen die Sitzposition nicht optimal eingestellt ist. Die meisten dieser Beschwerden lassen sich in der Regel durch eine Kombination aus physiotherapeutischen Maßnahmen, gezieltem Muskelaufbau und einer Anpassung des Equipments gut in den Griff bekommen – wenn man sich frühzeitig darum kümmert. Ein anderes Thema sind schwere Stürze. Diese haben wir bei den letzten großen Profi-Radrennen leider immer wieder sehen müssen.

Viele empfinden den Sport daher als gefährlich. Was raten Sie?

Dirk Tenner: Die Sicherheit ist ein großes Thema im Radsport. Grundsätzlich zählt Rennradfahren zu den verletzungsärmsten Sportarten überhaupt, wenn man es richtig angeht. Zwar erhalten Unfälle im Profibereich durch die Berichterstattung eine hohe mediale Aufmerksamkeit, aufs Ganze gesehen passiert jedoch weniger als bei so manchen Ballsportarten. Wichtig ist, dass die Räder perfekt gewartet sind und die Bremsen einwandfrei funktionieren. Durch die technisch immer ausgefeilteren und schnelleren Räder sind bei Bergabfahrten heute Geschwindigkeiten von über 100 km/h nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel. Wenn es hier zu schweren Unfällen kommt, bergen diese daher tatsächlich leider ein recht hohes Verletzungsrisiko. Bei Abfahrten sollte man daher stets seine eigene Geschwindigkeit finden und sich nicht von schnelleren Fahrern verleiten lassen, zu viel zu riskieren. Auch regelmäßiges Üben von Abfahrten hilft, Sicherheit zu gewinnen. Durch vorausschauendes Fahren und gute Vorbereitung kann das Risiko erheblich minimiert werden.

Wir haben bereits die Tour de France erwähnt. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen bei solch einem intensiven Wettbewerb?

Dirk Tenner: Die Tour de France ist eine der härtesten Prüfungen, die für einen Radfahrer vorstellbar sind. Sie stellt die Fahrer nicht nur durch die langen Etappen und anspruchsvollen Höhenprofile vor Herausforderungen, sondern auch durch die extrem variablen klimatischen Bedingungen. Die Strecke führt durch verschiedenste Klimazonen, von den kühlen, oft regnerischen Bergen der Alpen und Pyrenäen bis hin zu heißen, fast wüstenähnlichen Bedingungen in den südlichen Regionen Frankreichs. Diese wechselnden Klimata erfordern eine enorme Anpassungsfähigkeit des Körpers. In den Bergen müssen die Fahrer mit niedrigen Temperaturen und dünner Luft zurechtkommen, was die Sauerstoffversorgung der Muskeln erschwert und die Ausdauerleistung beeinflusst. In den heißen Ebenen hingegen stellt die Hitze eine große Belastung dar, da sie die Gefahr von Dehydrierung und Überhitzung erhöht. Um diesen extremen Bedingungen gerecht zu werden, ist eine sorgfältige Planung und Vorbereitung entscheidend. Dazu gehört eine angepasste Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr sowie spezielle Maßnahmen zur Temperaturregulation, wie Kühlwesten oder gezielte Kühlung während der Rennen. Nur durch eine optimale Anpassung an diese klimatischen Herausforderungen können die Fahrer ihre Leistung über die gesamte Tour hinweg aufrechterhalten. Der vielleicht wichtigste Aspekt dabei ist die Regeneration. Nach jeder Etappe muss der Körper die Möglichkeit bekommen, sich zu erholen und auf die nächste Belastung vorbereitet zu sein. Neben der Aufnahme von genügend Flüssigkeit spielen physiotherapeutische Maßnahmen und eine optimierte Ernährung eine große Rolle. Wir messen bei unseren Fahrern daher eine Vielzahl von Parametern, um so gut wie möglich auf die Bedürfnisse des Körpers reagieren zu können.

Gibt es spezielle medizinische Checks, die Sie empfehlen würden, insbesondere für Menschen, die in den Radsport einsteigen möchten oder regelmäßig an Wettkämpfen teilnehmen?

Dirk Tenner: Für jeden, der ernsthaft in den Radsport einsteigen möchte oder sogar regelmäßig an Wettkämpfen teilnimmt, ist ein umfassender sportmedizinischer Check unerlässlich. Dieser sollte eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung inklusive Ruhe-EKG und Blutdruckmessung sowie ein Belastungs-EKG umfassen. Im ATOS MVZ in Hürth bieten wir einen speziell auf die Bedürfnisse von Radfahrern zugeschnittenen Checkup an, der auch eine ausführliche Trainingsberatung und die Erstellung eines individuellen Trainingsplans beinhaltet. So stellen wir sicher, dass jeder Sportler – ob Einsteiger oder Profi – optimal vorbereitet ist.

ineos team web

Kontakt:
ATOS Orthoparc Klinik Köln
Aachener Str. 1021 b, 50858 Köln
Tel.: 0221 / 484 90 50
E-Mail: service-opk@atos.de