Vom Schreckgespenst zum Routineeingriff
„Wie lange hält meine Prothese und was ist, wenn sie gewechselt werden muss?“ Diese Frage beschäftigt die meisten Träger von Hüft- oder Knieprothesen und bei vielen ist sie sogar Anlass zu Sorge und Furcht. Dass dies heute weitestgehend unbegründet ist, erläutert Prof. Joachim Schmidt, -Chefarzt an der Kölner Orthoparc-Klinik, dem -Kompetenzzentrum für Orthopädie in NRW.
Herr Prof. Schmidt, Sie stehen auf dem Standpunkt, dass eine Prothesen-Wechseloperation an Hüfte und Knie heute kein Drama mehr ist und so oft, wie notwendig, durchgeführt werden kann.
Prof. Schmidt: Das ist in der Tat so. Allerdings gibt es eine – aber entscheidende – Einschränkung: Die Wechseloperationen sollten von einem Operateur mit Erfahrung sowie der entsprechenden Ausstattung ausgeführt werden. Außerdem gehört ein entsprechendes Team aus Anästhesisten, Physiotherapeuten und Pflegemitarbeitern dazu, damit eine Behandlung aus einem Guss möglich ist, was viele Abteilungen aber so nicht leisten können.
Warum halten Gelenkprothesen eigentlich nicht auf Dauer, sondern versagen irgendwann ihren Dienst?
Prof. Schmidt: Dies kann viele Gründe haben. Meistens führen die feinen Abriebteilchen, die bei der Bewegung entstehen, zu einer Lockerung der Prothese. Diese Gefahr ist natürlich umso geringer, je exakter das Implantat eingepasst ist. Fehlbelastungen, wie sie beim nicht korrekten Einsetzen der Prothese durch unerfahrene Operateure zwangsläufig entstehen, erhöhen dagegen das Risiko für so eine sogenannte aseptische Lockerung. Davon zu unterscheiden ist die septische Lockerung, die durch Keime verursacht wird, die übrigens in der Regel leider schon bei der Erstoperation – sehr viel seltener erst später – eingeschleppt werden. Unfälle mit einem Ausbrechen der Prothese oder ein Implantatversagen durch Abriebdefekte oder Materialbruch kommen auch vor, sind aber seltener.
Worin unterscheidet sich eine Wechseloperation von der Erst-Implantation einer Hüft- bzw. Knieprothese?
Prof. Schmidt: Bei einer aseptischen Lockerung erfolgt der Wechsel zunächst ähnlich wie der Ersteingriff. Auch bei diesem muss – nebenbei gesagt – eine knochensparende Vorgehensweise oberstes Ziel sein, um beste Voraussetzung für ein gutes funktionelles Ergebnis zu erzielen. Um zum Gelenk zu gelangen, reicht dank unserer modernen Operationstechnik auch bei der Wechseloperation in der Regel der Standardzugang aus. Nach der sorgfältigen Inspektion des Gelenks werden die Prothese bzw. die gelockerten Elemente sowie eventuell vorhandene Zementreste und abgestorbenes Gewebe entfernt. Dies erfolgt bei uns mit modernsten Methoden, bei der der Knochen maximal geschont wird, sodass wir vielfach auch beim Wechsel Standardprothesen einsetzen können. Oder wir verwenden modulare Prothesen, mit denen – was uns ganz wichtig ist – die Prothese an den vorhandenen Knochen angepasst werden kann und nicht umgekehrt der Knochen an die Prothese angepasst wird. Dadurch nähert sich die Lebensdauer unserer Wechselprothesen stark der bei Erstprothesen an. Genau wie bei dieser geht die Tendenz auch bei der Wechseloperation immer stärker zur zementfreien Implantation. Der Knochen hat dann die Chance, sich zu erholen und zu regenerieren. Bei sehr hochbetagten Patienten wird man eventuell die Prothese einzementieren, damit sie sofort voll belasten können. Im Prinzip gibt es aber keine Altersgrenze für einen Prothesenwechsel.
So einfach ist der Wechsel aber doch nicht immer?
Prof. Schmidt: In der Tat, aufwendiger wird es, wenn z. B. Knochen zerstört ist, die Prothese durch einen Sturz ausgebrochen ist oder eine Infektion vorliegt. Bei Letzteren gibt es internationale Standards, nach denen wir uns richten. Vor der Operation wird das Gelenk punktiert und das Punktat etwa 14 Tage bebrütet. Lässt sich der verursachende Keim mit gängigen Antibiotika behandeln, erfolgt die Operation. Allerdings wird dann um die neue Prothese antibiotikahaltiger Zement eingebracht, damit die Infektion vollständig ausheilen kann. Bei Problemkeimen ist das Vorgehen zweizeitig. Zunächst wird die Prothese entfernt und das Lager sorgfältig von allen entzündlichen Veränderungen gereinigt. Der Defekt wird mit einer antibiotikahaltigen Interimsprothese aufgefüllt. Diese wird nach etwa zehn Wochen wieder entfernt und dann die neue endgültige Prothese eingesetzt.
Wie erfolgt die Nachbehandlung nach der Wechseloperation?
Prof. Schmidt: Die Reha sollte sehr sorgfältig durch erfahrene Therapeuten in enger Absprache mit dem Operateur erfolgen. Sie dauert in der Regel etwas länger als bei der ersten Prothese. Eine Teilbelastung ist meist für sechs Wochen angeraten, dann erst sollte eine Vollbelastung erfolgen. Nach abgeschlossener Heilung unterscheidet sich das Leben mit der zweiten Prothese aber in der Regel nicht mehr vom Zustand vorher. Alle gewohnten Aktivitäten sind dann wieder möglich.
Herr Prof. Schmidt, herzlichen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!
Weitere Informationen:
Prof. Joachim Schmidt,
Chefarzt an der Kölner Orthoparc-Klinik
Tel.: 0221 / 48 49 05 - 0
www.orthoparc.de