Ein Bericht über ambulante Operationen
Dr. Axel J. Kaden ist niedergelassener Orthopäde in Hamburg und operiert seit Jahren ambulant in der eigenen Praxis. Wir sprachen mit ihm über die Vorteile und Risiken eines ambulanten Eingriffs.
Orthopress: Wie kommt es, dass seit einigen Jahren zunehmend Operationen ambulant durchgeführt werden, bei denen die Patienten vor wenigen Jahren noch wie selbstverständlich mehrere Tage im Krankenhaus lagen?
Dr. Axel J. Kaden: Das liegt vor allem daran, dass die Operationsmethoden in den letzten Jahren sehr viel schonender geworden sind. Nehmen sie etwa endoskopische Eingriffe oder die Laser-Operationstechnik, so genannte minimalinvasive Verfahren. Diese Techniken führen zu hervorragenden Operationsergebnissen bei nur sehr geringen Eingriffen in die Strukturen des betroffenen Gelenks. Häufigster ambulant durchgeführter Eingriff ist die Meniskusoperation. Die Narbe, die heute nach einer Meniskusoperation am Knie zurückbleibt, ist später kaum noch zu sehen. Und der kleinen Wunde entsprechend schonend ist der gesamte Eingriff: Rechts und links von der Patellarsehne werden kleine, nur 3 mm kurze Einschnitte gemacht, die die Strukturen nicht wesentlich verletzen. Durch einen davon wird eine hochauflösende Optik in das Knie eingeführt, mit der Bilder aus dem Inneren auf einen Bildschirm übertragen werden. Durch den zweiten Kanal führt der Operateur sein Operationswerkzeug ein, mit dem er den Meniskus operiert; heutzutage häufig in einer Vielfalt vom mechanischen Gerät bis zum Laser. Weil diese Eingriffe den Patienten erheblich weniger belasten, als dies bei den Operationsmethoden früher der Fall war, ist er auch sehr viel schneller wieder fit.
Orthopress: Wie schnell?
Dr. Kaden: Meist kann der Patient schon nach ein paar Stunden die Praxis wieder verlassen. Und dafür muss man nun wirklich nicht ins Krankenhaus gehen.
Orthopress: Welche Operationen können denn überhaupt ambulant durchgeführt werden?
Dr. Kaden: Viele. Neben der gerade beschriebenen Meniskusoperation lassen sich ambulant auch „Mäuse“ im Kniegelenk, Überbeine an Hand und Fuß, Sehnenscheidenverengungen, Karpaltunnelsyndrome, Achillessehnenrisse oder aber ein Tennisellbogen ambulant operieren. Sogar eine Ersatzplastik des vorderen Kreuzbandes am Kniegelenk – häufig Folge einer Sportverletzung – kann heute ambulant ebenso gut wie stationär durchgeführt werden.
Orthopress: Wo liegt der Unterschied zwischen einer ambulanten und einer stationären Operation?
Dr. Kaden: Man kann ganz klar sagen, dass eine ambulante Operation heutzutage Klinik-Standard hat. Sowohl in der Diagnostik als auch hinsichtlich der technischen Ausrüstung gibt es da keine nennenswerten Unterschiede. Ein Vorteil der ambulanten Behandlung liegt aber darin, dass das Team aus Operateur, Narkosearzt und Hausarzt in einer Operationspraxis sehr eng zusammenarbeitet. Vor und nach der Operation. Wir erarbeiten sozusagen eine Lösung aus einer Hand.
Orthopress: Warum sind die Patienten nach einem ambulanten Eingriff schneller wieder fit?
Dr. Kaden: Wir niedergelassenen Ärzte haben natürlich den Vorteil, dass wir nicht den starren Strukturen von Krankenhäusern unterliegen. Dadurch sind wir flexibler und benötigen weniger kostenintensive Infrastruktur.
Orthopress: Wie hoch ist der Kostenunterschied zwischen ambulanter und stationärer Behandlung?
Dr. Kaden: Eine aktuelle wissenschaftliche Studie hat herausgefunden, dass sich die Kosten je nach Operationsmethode um etwa ein bis zwei Drittel reduzieren.
Orthopress: Und wenn zu Hause wider Erwarten doch einmal Komplikationen auftreten sollten?
Dr. Kaden: Dann sind sowohl der operierende Arzt als auch der Anästhesist für den Patienten rund um die Uhr telefonisch erreichbar. Wie im Krankenhaus. Wir bieten die selben Leistungen, nur ohne lästige und teure Zeiten vor und nach der OP.
Orthopress: Kann jeder Patient ambulant operiert werden und kommt es dabei nur auf die Art des Eingriffs an?
Dr. Kaden: Nein. Ältere Menschen, die zu Hause ganz allein auf sich gestellt und ohnehin bereits in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind, sollten in ihrem eigenen Interesse besser stationär operiert werden. Auch so genannten Risikopatienten, die z.B. mit Herz-Kreislauf-Problemen oder abgelaufenen Thromboembolien zu uns kommen, sollte vom ambulanten Eingriff abgeraten werden. In diesen Fällen machen die vielen zusätzlichen Möglichkeiten eines Krankenhauses Sinn.
Orthopress: Wie ist das Verhältnis zwischen ambulanten und stationären Operationen?
Dr. Kaden: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist ein leichter Trend in Richtung des ambulanten Operierens festzustellen. So verbuchten die Krankenhäuser im Jahr 1995 etwa 500.000 stationäre Eingriffe weniger als noch im Jahr zuvor. Diese Operationen wurden stattdessen von niedergelassenen Ärzten ambulant durchgeführt. Das macht vier Millionen Krankenhaustage weniger.
Orthopress: Das ist beachtlich.
Dr. Kaden: Ja. So wie es nicht für jede Krankenhausbehandlung gleich die Universitätsklinik sein muss, so muss heute längst nicht mehr jede Operation im Krankenhaus durchgeführt werden. Da die moderne Technik und die Behandlungsmethoden so weit fortgeschritten sind, sollte das Regel-Ausnahme-Verhältnis zum Wohle der Patienten und zum Nutzen der Krankenkassen und ihrer Mitglieder eher umgekehrt sein: In der Regel ambulanter Eingriff, bei älteren Menschen oder Patienten mit zusätzlichen Risiken ohne Wenn und Aber die Operation im Krankenhaus.
Orthopress: Herr Dr. Kaden, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Ein Archivbeitrag* aus ORTHOpress 1 | 2000
*Archivbeiträge spiegeln den Stand zur Zeit der Erstveröffentlichung wieder. Die aktuelle Einschätzung des Sachverhalts kann durch Erfahrungszuwachs, allgemeinen Fortschritt und zwischenzeitlich gewonnene Erkenntnisse abweichen.