Inhaltsverzeichnis
- Warum braucht es bei der Schulterendoprothetik überhaupt Navigation?
- An der Schulter ist das beinahe noch wichtiger als bei anderen Gelenken. Warum ist das so?
- Trotz sorgfältiger Planung ist aber nicht immer genug Knochen vorhanden, um den idealen Gelenkersatz auch sicher zu verankern.
- Ist die Navigation an bestimmte Prothesenmodelle gebunden?
- Warum ist das so?
In der Endoprothetik nimmt der Ersatz des Schultergelenks eine Sonderstellung ein. Das hohe Bewegungsausmaß und die Beteiligung einer Vielzahl von Muskeln und Sehnen erfordern anspruchsvolle Lösungen, die in der Vergangenheit nicht einfach umzusetzen waren. Moderne Prothesendesigns tragen dieser Tatsache Rechnung. Mit der navigierten Implantation lassen sich jetzt zusätzliche Sicherheit und eine optimale Funktion erreichen, wie Chefarzt Prof. Dr. med. Knut Beitzel von der ATOS Orthoparc Klinik in Köln erläutert.
Warum braucht es bei der Schulterendoprothetik überhaupt Navigation?
Prof. Beitzel: Die Navigationstechnologie – besser gesagt computerunterstützte Assistenzsysteme –ermöglichen es uns, während des Eingriffs präzise Informationen über die räumliche Lage des OP-Gebietes zu erhalten und eine wesentlich genauere Positionierung der Prothese als bei früheren „händischen“ Operationen vorzunehmen. Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Planung. Diese wird vorgenommen, indem anhand eines CT zunächst ein virtuelles 3DModell der Schulter des Patienten erstellt und daran die Platzierung der Prothese quasi durchgespielt wird.
An der Schulter ist das beinahe noch wichtiger als bei anderen Gelenken. Warum ist das so?
Prof. Beitzel: Die Herausforderung an der Schulter ist, in einem verhältnismäßig dünnen Knochen eine gute Verankerung der Prothese zu erreichen. Ziel ist es daher – auch im Hinblick auf eine später möglicherweise notwendige Wechseloperation – möglichst knochensparend vorzugehen. Anhand der CT-basierten dreidimensionalen Planung ist dies sehr viel besser möglich als bei der herkömmlichen Vorgehensweise. So können die notwendige Größe der Prothese oder auch die Zapfenlänge der Pfanne genau bestimmt werden. Zahlreiche Studien bestätigen einen geringeren Knochenverlust bei dreidimensional geplanten Prothesen und auch eine bessere Passform durch die Auswahl der richtigen Größe. Dazu kommt der Vorteil, dass wir gerade bei der Erstimplantation eine Verbesserung der Implantationswinkel von bis zu 10 Grad erreichen. Die 3D-Planung ist gewissermaßen die erste Stufe. Schon allein damit können wir sehr viel erreichen. In der zweiten Stufe – der Navigation während der Operation – kann dann durch die millimetergenaue Umsetzung der Planung die errechnete Genauigkeit 1:1 umgesetzt werden, indem wir in Echtzeit die Position der Instrumente und der Prothese im Verhältnis zur Anatomie des Patienten verfolgen.
Trotz sorgfältiger Planung ist aber nicht immer genug Knochen vorhanden, um den idealen Gelenkersatz auch sicher zu verankern.
Prof. Beitzel: Das ist richtig, aber die 3DPlanung kann auch hier ihre Vorteile ausspielen. So kann durch die bestmögliche Kombination verschiedener Prothesenkomponenten wie verschieden geformter und dimensionierter Basisplatten und Glenosphären dem vorhandenen Knochenangebot Rechnung getragen und dennoch eine gute Positionierung der Prothese erreicht werden. Sogar ein Knochenaufbau aus autologem Oberarmknochen ist möglich. So kann beispielsweise bei einer inversen Prothese das Glenoid aus Eigenknochen aufgebaut und durch die so erreichte Verbesserung des Drehzentrums ein Anschlagen der Prothese am Schulterblatt wirkungsvoll vermieden werden. Gerade bei solch komplexen Rekonstruktionen zeigt sich: Wenn möglichst viele Entscheidungen aus dem Operationsaal in die vorherige Planung verlagert werden, startet der Operateur mit einem „leichteren Gepäck“ in den Eingriff.
Ist die Navigation an bestimmte Prothesenmodelle gebunden?
Prof. Beitzel: Nein. Praktisch alle Prothesenmodelle profitieren enorm von der erhöhten Genauigkeit. Man kann sowohl anatomische Prothesen – also solche, welche die ursprüngliche Anatomie der Schulter nachbilden – als auch inverse Prothesen navigiert einsetzen. Allerdings haben die inversen Prothesen in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erfahren, sodass sie immer häufiger eingesetzt werden.
Warum ist das so?
Prof. Beitzel: Die inverse Schulterprothese hat sich als äußerst effektiv bei der Behandlung von komplexen Schultererkrankungen erwiesen, insbesondere bei Patienten mit großen Rotatorenmanschettenschäden oder einer schweren Arthrose. Sie ermöglicht Patienten, bei denen aufgrund dieser Sehnendefekte oder anderer Strukturveränderungen der Einsatz einer anatomischen Prothese nicht erfolgversprechend erscheint, eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität. Durch die umgekehrte Anordnung von Pfanne und Gelenkkopf wird erreicht, dass der Arm allein über den Deltamuskel angehoben werden kann. So können störende Einschränkungen, z.B. beim Anziehen oder bei der Körperpflege, vermieden werden. Die Implantation eines solchen Gelenkersatzes ist jedoch technisch anspruchsvoll – computergestützte Planung und Navigation kommen dem Operateur nicht zuletzt deshalb sehr entgegen.
Reproduzierbare Spitzenergebnisse
Die navigierte Endoprothetik bietet eine Vielzahl von Vorteilen. Prof. Beitzel: „Durch die präzise Platzierung der Prothese können wir Komplikationen reduzieren und die Genesungszeit der Patienten verkürzen. Darüber hinaus ermöglicht die Navigationstechnologie eine individualisierte Behandlung, die auf die spezifischen anatomischen Gegebenheiten und Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist. Dies führt zu reproduzierbaren, langfristig besseren Ergebnissen und höherer Zufriedenheit der Patienten.“
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