Die Hernienchirurgie hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, insbesondere durch den Einsatz minimalinvasiver Techniken. Die Spezialisten Dr. Isabell Wieber und Dr. Boris Digón vom Hernienzentrum Rudolfplatz beherrschen alle modernen Verfahren und erläutern, warum nicht jede OP-Methode für jeden Patienten infrage kommt und wo die Unterschiede liegen.
Dr. Wieber: Leistenhernien, umgangssprachlich als „Leistenbrüche“ bekannt, können grundsätzlich an jeder Stelle der Bauchwand auftreten, treten jedoch bei Männern etwa viermal häufiger auf als bei Frauen. Der Grund hierfür liegt in der Anatomie: Die dünnen Gewebeschichten in der Nähe des Samenstrangs, der durch den Leistenkanal verläuft, neigen eher dazu, auszudünnen und dadurch Brüche zu begünstigen. Umso wichtiger ist es jedoch, auch bei Frauen genau hinzusehen, denn sie klagen oft über unspezifische Schmerzen in der Leistengegend, was die Diagnose erschwert und verzögert. Grundsätzlich gilt: Auch wenn ein Leistenbruch oft im Ruhezustand wenig bis gar keine Beschwerden verursacht, empfehlen wir eine operative Behandlung. Das Risiko, dass Eingeweide eingeklemmt werden und es möglicherweise zu einer lebensbedrohlichen Situation kommt, ist nicht zu unterschätzen und sollte keinesfalls ignoriert werden. Diagnostiziert wird ein Leistenbruch meist durch Tastuntersuchungen, die in 90 Prozent der Fälle ausreichend sind, wobei wir zur Absicherung zusätzlich Ultraschall einsetzen.
Dr. Wieber: Im Hernienzentrum Rudolfplatz setzen wir auf einen „tailored approach“, um sicherzustellen, dass jeder Patient die für ihn bestmögliche Behandlung erhält. Wir bieten eine Vielzahl von Techniken an, von offenen über minimalinvasive Eingriffe bis hin zu den neuesten technologischen Entwicklungen. Wichtig ist, dass die Wahl der Methode auf einer sorgfältigen Diagnose und der Berücksichtigung aller patientenspezifischen Faktoren beruht. Dabei wird der Patient über die unterschiedlichen Möglichkeiten aufgeklärt. Prinzipiell unterscheiden wir zwischen endoskopischen und offenen Verfahren. Es sind jedoch die individuellen Bedingungen, wie z. B. Voroperationen in der Leiste oder am Darm, die Beschaffenheit der Bauchdecke oder die Beanspruchung der Bauchwand, die schließlich in Absprache mit dem Patienten das Verfahren bestimmen. Durch die Einführung moderner Netztechniken konnte die Rate erneut auftretender Brüche deutlich gesenkt werden. Neuere Untersuchungen haben etwa sehr gute Ergebnisse für die von uns verwendete TIPP-Technik gezeigt, bei der ein Netz genau über die Bruchlücke unter die Muskulatur gelegt wird, die dann als plastische Deckung über dem Netz als zusätzliche Stabilisierung modelliert werden kann.
Dr. Digón: Eine deutliche technische Verbesserung ist die ambulante 3D-endoskopische Hernienversorgung. Das Verfahren ist minimalinvasiv und bietet viele Vorteile, darunter weniger Gewebeschädigung, reduzierte postoperative Schmerzen und eine schnelle Genesung. Die Patienten können in der Regel noch am selben Tag nach Hause gehen und sind schneller wieder arbeitsfähig, was besonders in unserer modernen, schnelllebigen Gesellschaft von Vorteil ist. Diese Methode eignet sich vor allem für Patienten mit Leisten-, Nabel- oder Narbenbrüchen. Dank der 3D-Endoskopie haben wir eine deutlich verbesserte räumliche Darstellung der anatomischen Strukturen, was es uns ermöglicht, die Bruchlücke exakt zu identifizieren und beispielsweise Netzimplantate sehr präzise zu platzieren. Dies führt zu sehr guten Ergebnissen und einer schnelleren Erholung der Patienten.
Dr. Wieber: Wir verstehen natürlich, dass viele Patienten vor einer Operation unsicher oder ängstlich sind. Unser Ansatz ist es, mit einem ausführlichen Beratungsgespräch Vertrauen zu schaffen und alle Fragen zu beantworten. Dabei betonen wir, dass die moderne Hernienchirurgie heute sehr sichere und wenig belastende Methoden bietet. Wir bieten auch die Möglichkeit, Eingriffe in Dämmerschlaf oder unter schonender Vollnarkose durchzuführen, sodass die Patienten wenig bis keine Schmerzen verspüren. Unser Ziel ist es, die Operation so stressfrei und angenehm wie möglich zu gestalten, damit die Patienten schnell wieder zu ihrem Alltag zurückkehren können.
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