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Leben & Gesundheit

Künstliche Intelligenz in der Medizin

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Deutschland hinkt in der Digitalisierung der Medizin hinterher. Hohe Datenschutzhürden, zu wenig Personal und Sparmaßnahmen machen es Medizinern schwer, immer im Sinne ihrer Patienten zu handeln. Ein möglicher Hoffnungsträger zur Entlastung wird in KI gesehen: Künstlicher Intelligenz, die in allem unterstützen soll, von der Dokumentation über die Prognose bis hin zu Operationen. Aber was kann die KI und was kann sie nicht?

Individualisierung in der Medizin

Als „Künstliche Intelligenz“ werden alle Computerprogramme, bzw. KI-Algorithmen bezeichnet, die lernfähig sind und mit großer Rechenleistung große Datenmengen speichern, auswerten und – mit den richtigen Parametern – interpretieren können. Egal wie erfahren ein Onkologe ist, er wird nicht alle Röntgenaufnahmen dieser Welt gesehen, analysiert und abgespeichert haben. Die KI hingegen kann genau das und mittels eines Algorithmus zum Beispiel herausfinden: „Wenn das Röntgenbild so aussieht, liegt die Wahrscheinlichkeit für Krebs bei 90 %.“ Wenn nun weitere Daten wie Alter, Erbbelastung und Lebenswandel hinzugezogen werden, kann eine patientenindividuelle Therapie empfohlen werden. Die Einsatzgebiete der KI sind vielfältig:

Dokumentation: In der Medizin muss alles dokumentiert werden. Eine KI kann diese Aufgabe übernehmen und so das Datenmanagement in Krankenhäusern und Praxen unterstützen.

Prävention und Früherkennung: Eine trainierte KI kann Bilddaten eines Patienten analysieren und krankheitsverräterische Befunde identifizieren. Dies gilt z. B. für die Früherkennung von Diabetes oder grauem Star in der Netzhaut, Alzheimer-Anzeichen im Gehirn oder Herzrhythmusstörungen die einem Herzinfarkt vorausgehen können. Insbesondere bei Krankheiten, die bisher nur verlangsamt, aber nicht geheilt werden können, ist Früherkennung stets willkommen. Je früher, desto besser.

Automatische Analyse:

Mittels sogenannter „Wearables“ (dt. „Tragbare“) können Herzschlag, Blutdruck oder Zuckerwerte dauerhaft überwacht werden, um bei Betroffenen Anfälle vorauszusagen und rechtzeitig einzuschreiten. KI-Teppiche können sogar das Gangbild analysieren, um bei sturzgefährdeten oder kreislaufschwachen Menschen Stürze vorherzusagen.

Medikamentenentwicklung:

KI-Algorithmen können große Datenmengen erfassen und auswerten – daher können sie mögliche Kombinationen von Millionen von Wirkstoffen testen, um neue Medikamente zu entwickeln.

Einsatz im OP:

Roboter-Assistenten unterstützen Chirurgen im Operationssaal, indem sie auf einem Bildschirm farblich markieren, wo das infizierte Gewebe ist, das entfernt werden soll, oder indem sie selbst exakt vom Arzt programmierte Schnitte setzen.

Aus- und Fortbildung von Medizinern:

Aus den richtigen Daten kann ein digitales Modell erstellt werden, an dem digitale Tests mit Behandlungsmethoden oder Medikamenten durchgeführt werden können. So können Mediziner in der Ausbildung eine Krankheit beliebig oft sehen und kurieren, statt auf einen „echten Fall“ warten zu müssen. Erfahrene Mediziner können am Modell neue Behandlungsmethoden testen, bevor klinische Studien folgen.

Erstellen von Prognosen:

Krankheiten sind mitunter sehr komplex, dieselbe Krankheit kann verschiedene Auslöser haben. Passt die Therapie nicht zum Auslöser, schlägt sie nicht an. Je mehr Daten zu bisherigen Behandlungsverläufen und Ergebnissen vorhanden ist, desto wahrscheinlicher kann eine KI vorhersagen, wie eine Behandlung bei einem Patienten wirkt. Auch das Fortschreiten einer Erkrankung lässt sich so prognostizieren und frühzeitig behandeln.


Beratung des Arztes:

Wen fragt ein medizinischer Experte, wenn er keine Antwort weiß? KI-Chatbots wie GPT-4 können dem Medizinier Hinweise geben, Diagnosen vorschlagen oder zu den richtigen Datenquellen führen. Statt nur mit einem Kollegen das Gespräch zu suchen, konsultiert der Arzt nun die Essenz des Wissens all seiner Vorgänger.

Die Ethik einer künstlichen Intelligenz:

Trotz vieler Möglichkeiten der KI für die Medizin bleibt auch Skepsis: Wo bleibt die Leistung des Arztes? Entscheidungen können auch zum Tod des Patienten führen – wer also ist verantwortlich, wenn etwas schiefgeht? Alle KI-Einsätze setzen Unmengen an echten Patientendaten voraus. Aber gibt es überhaupt genug aussagekräftige Daten, z. B. in der Behandlung von Frauen? Gibt eine KI immer transparent an, woher ihre Daten stammen? Könnten diese Daten nicht manipuliert sein? Wie sieht es mit dem Datenschutz der gesundheitlichen „Big Data“ der Menschheit aus?


Grundsätzlich ist eine KI keine Person und hat damit vor dem Gesetz keine Rechte oder Pflichten. Auch wenn eine KI genutzt wurde, liegt die Verantwortung für eine Entscheidung nach wie vor beim Menschen – in dem Falle dem Mediziner. Die KI gibt also nur Empfehlungen, kann aber nicht eigenständig handeln. Es heißt aktuell tatsächlich „Kollege KI“ und nicht „neuer Chefarzt KI“.