Minimal-invasive und endoskopische Operationsmethoden bei Rückenleiden
Dass nicht jeder Bandscheibenschaden, nicht einmal jeder Bandscheibenvorfall, sofort operiert werden muss, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Konservative Maßnahmen wie medikamentöse Schmerzstillung und insbesondere eine krankengymnastische Behandlung stehen in der Regel an erster Stelle der Therapie. Wenn es allerdings zu Gefühlsstörungen oder gar Lähmungen gekommen ist, lässt sich eine operative Intervention meist nicht mehr umgehen. Diese Eingriffe haben aber ihren Schrecken verloren, denn mit der Entwicklung eines völlig neuartigen medizinischen Instrumentariums und modernster Techniken sind heute Korrekturen an geschädigten Geweben möglich, von denen die Väter der heutigen Ärzte nur träumen konnten. Mit Hilfe dieser neuen Methoden können jetzt mit minimalen Eingriffen Schmerzursachen gezielt ausgeschaltet und Patienten auf schonende Art und Weise behandelt werden. Voraussetzung dafür ist aber immer eine ganz genaue Diagnostik mit Hilfe modernster apparativer Untersuchungstechnik.
Vor allem aber ist bei Diagnose und Therapie von schmerzhaften Erkrankungen der Wirbelsäule die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Spezialisten der verschiedensten Fachrichtungen erforderlich, wie sie z.B. in der Berliner Klinik „Helle Mitte“, dem Zentrum für Wirbelsäulenerkrankungen erfolgt. Fachärzte für Neurochirurgie, Neurologie, physikalische und rehabilitative Medizin, Orthopädie und Gefäßchirurgie können je nach Einzelfall zu Rate gezogen und in die Behandlung mit einbezogen werden. „Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit, die natürlich von einer Stelle aus koordiniert werden muss, erspart nicht nur den Patienten zeitraubende Wiederholungen von Untersuchungen, sie stellt auch ein effizientes und besonders Kosten sparendes Behandlungskonzept dar“, so der Neurochirurg Roland Flügel, ärztlicher Leiter der Klinik.
Millimetergenaues Operieren wird möglich
Zeit und Kosten lassen sich auch einsparen durch die im wahrsten Sinne des Wortes punktgenaue Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen, die sich an den die Schmerzen verursachenden Veränderungen orientiert. Roland Flügel: „Der genauen Diagnosestellung folgt die individuelle Therapieplanung nach modernen Gesichtspunkten. Oft müssen ja nur wenige Millimeter Platz geschaffen werden, um z.B. den Druck auf gequetschte Nerven zu nehmen und den Patienten so zur Schmerzfreiheit zu verhelfen. Für solche gezielten Maßnahmen stehen uns eine ganze Palette verschiedener Eingriffsmöglichkeiten zur Verfügung, die aber alle eines gemeinsam haben: Sie erfordern nur minimale Schnitte, weil mit feinsten Instrumenten gearbeitet wird.“
Je nach Krankheitsbild können etwa über neuartige, extrem biegsame Katheter und Hohlnadeln spezielle Medikamente direkt an die schmerzverursachenden Veränderungen injiziert und eine lang anhaltende Schmerzlinderung erreicht werden. Ähnliche Ergebnisse kann man in anderen Fällen durch die millimetergenaue Ausschaltung der Schmerzfasern mittels Hitze-, Kälte- oder Laseranwendung erzielen. So lassen sich auch entzündliche Erkrankungen oder narbige Veränderungen erfolgreich behandeln. Auch wenn Bandscheibengewebe entfernt werden muss, benötigt Roland Flügel dazu keinen großen Schnitt – und doch kann er das ganze Operationsfeld gut überblicken. Dies ist möglich durch die endoskopische Technik, bei der gewissermaßen durchs „Schlüsselloch“ hindurch mit einer speziellen Optik die krankhaft veränderten Strukturen eingesehen werden können. In der Regel werden die Bilder sogar noch auf einen Bildschirm vergrößert, so dass ganz genau verfolgt werden kann, wie mit Spezialinstrumenten z.B. ausgefasertes vorgefallenes Bandscheibengewebe entfernt wird.
Minimalinvasive Operationen bringen Patienten schneller wieder auf die Beine
„Diese endoskopischen Operationsmethoden haben für die Patienten nicht nur den Vorteil der – kosmetisch sehr viel günstigeren – erheblich kleineren Operationsnarbe. Sie sind insgesamt auch wesentlich weniger belastend für die Patienten, bergen ein kleineres Operations- und Infektionsrisiko und erlauben einen deutlich schnelleren Beginn der Nachbehandlung. Diese Ergebnisse konnten auch in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen werden“, fasst Roland Flügel die Vorteile der modernen Operationstechnik zusammen.
Eine noch relativ junge Ergänzung der endoskopischen Technik stellt die computertomographisch gestützte Bandscheibenentfernung dar. Dabei werden unter dem CT bei örtlicher Betäubung der Patienten Hochpräzisionsendoskope in den Bandscheibenraum eingeführt. Neben der Entfernung des funktionsuntüchtigen Gewebes können gleichzeitig die schmerzleitenden Fasern im Bereich des Bandscheibenringes durch Hitzeanwendung ausgeschaltet und so oftmals eine völlige Schmerzfreiheit erreicht werden.
Roland Flügel: „Aber die beste Operation mit den schonendsten Methoden ist nur soviel wert wie die anschließende Nachbehandlung. Sie ist unverzichtbarer Bestandteil der Therapie. Der Vorteil der endoskopischen und minimalinvasiven Methoden ist aber ganz klar die frühe Mobilität und Belastbarkeit der Patienten. Sie erholen sich schneller und können deshalb auch rascher rehabilitiert und schneller wieder ins Arbeitsleben integriert werden. Muskelstärkende und rückenstabilisierende Maßnahmen sind zudem die beste Vorbeugung gegen eine erneute Erkrankung, denn einmal bestehende degenerative Veränderungen lassen sich nicht rückgängig machen, aber deren gefürchtete Folgen zum großen Teil verhindern.“
Aus ORTHOpress 1 | 2002
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