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Individuell, spezifisch, persönlich – diese Begriffe geben an, dass etwas genau auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Wie das bei Endoprothesen funktioniert? Ein Überblick.
Endoprothesen sind künstliche Gelenke, die nach der Implantation dauerhaft im Körper verbleiben. Neben den bekanntesten Hüft- und Knieendoprothesen gibt es auch für andere Gelenke wie Schulter, Sprunggelenk, Fingergelenke und Ellenbogen künstlichen Ersatz. Der häufigste Grund für den Einsatz einer Endoprothese ist die Volkskrankheit Arthrose, bei der die schützende Knorpelschicht im Gelenk zerstört wird. Bereits zu Beginn der 1950er-Jahre wurden die ersten brauchbaren Endoprothesen an Knie und Hüfte eingesetzt. Seit dieser Zeit ist die Medizintechnik enorm vorangeschritten. So haben sich zum Beispiel die Materialeigenschaften in puncto Haltbarkeit, Verträglichkeit und Abrieb erheblich verbessert. Mittlerweile gibt es für alle Gelenke zahlreiche gute Standardendoprothesen in vielen verschiedenen Formen und Größen. So können die Ärzte aus diesem Standardrepertoire die passende Prothese für jeden Patienten bzw. Knorpeldefekt auswählen. Mithilfe immer neuer OP-Techniken werden damit zumeist gute Ergebnisse erzielt. Dennoch ist es das Ziel der Wissenschaftler, Ärzte und Ingenieure, die Haltbarkeit und Funktionalität von künstlichen Gelenken ständig zu verbessern.
Navigierte Operationen
Mittlerweile werden Operationen, in denen ein künstliches Gelenk eingesetzt wird, häufig durch ein Navigationssystem unterstützt. Dieses ist nicht vergleichbar mit Robotern, welche anstelle des Operateurs diverse Handgriffe der Operation übernehmen. Vielmehr leiten Navigationssysteme den Arzt, der jedoch die ganze Zeit über selbst operiert, durch den Eingriff. Die Systeme bestehen in der Regel aus einem Computer, einem Bildschirm, einer Kamera und Sendern. Das Gerät befindet sich neben dem OP-Tisch. Der Patient selbst und die notwendigen OP-Instrumente werden mit Sendern ausgestattet, welche die Infrarotstrahlen, die von der Kamera ausgesendet werden, zurückwerfen. Dadurch wird die genaue Position der Instrumente, Knochen und Implantate berechnet und auf dem Monitor dargestellt. So können die Ärzte das Implantat bei jedem Patienten präzise positionieren und knochenschonend arbeiten. Spätere Komplikationen wie Lockerungen oder nicht optimale Beinachsen sollen dadurch reduziert werden. Wichtig ist, dass der operierende Arzt mit dem Gerät vertraut ist, jedoch bei technischen Störungen auch in der Lage ist, die Operation ohne Unterstützung fortzuführen.
Es geht noch individueller …
In manchen Fällen kann es vorkommen, dass die Ärzte im Vorfeld feststellen, dass trotz der großen Auswahl der Einsatz einer Standardendoprothese zu keinem befriedigenden Ergebnis für den Patienten führen würde. Dies kann aufgrund von besonderen Gegebenheiten im Gelenk vorkommen. Einige Patienten entscheiden sich von vornherein für ein individuell angepasstes Kunstgelenk, weil sie sich dadurch ein besseres Ergebnis erhoffen. Ärzte sprechen von individuell angepassten Prothesen, wenn vorab durch genaue Vermessung ein 3D-Modell des betroffenen Gelenks erstellt wurde, auf dessen Grundlage Techniker eine Negativform der Prothese entwickeln können, die anschließend ausgegossen wird. So entsteht eine passgenaue Endoprothese. Zusätzlich wird mittels 3D-Drucker ein maßgenaues, also auf den Patienten abgestimmtes OP-Werkzeug, unter anderem sogenannte Schnittblöcke, angefertigt. Diese werden im Rahmen der Operation zunächst fest auf den Knochen des Patienten verankert. Anschließend kann der Operateur anhand der vorgegebenen Schnittmuster den Knochen exakt nach dieser angebrachten Schablone abtragen. Danach werden die Schnittblöcke entfernt und das Implantat eingesetzt.
Ziel
Ärzte und Patienten erhoffen sich mit diesen individuellen Techniken weniger Knochenverlust, einen besseren Sitz und eine bessere Funktionalität des neuen Gelenks. Langfristig soll die Zufriedenheit der Patienten gesteigert werden. Vor allem jüngere Patienten, bei denen ein späterer Implantatwechsel notwendig werden könnte, sollen von dieser Vorgehensweise profitieren. Da die individuell angefertigten Kunstgelenke dem Arzt während der OP keinen Spielraum für spontane Änderungen bzw. Abweichungen lassen, ist dieses Verfahren jedoch nicht für alle Patienten geeignet. Bei Patienten mit unübersichtlichen oder nicht vorhersehbaren Defekten, beispielsweise an Bändern im Knie, kann der Arzt bei Standardprothesen noch während des Eingriffs nach Bedarf die richtige Größe der jeweiligen Komponente auswählen – dies ginge bei einer individuell angefertigten Endoprothese nicht, so Kritiker. Auch seien maßgeschneiderte Gelenke wesentlich teurer als der Standard, und die Mehrkosten würden von den Krankenkassen nur bei ausreichender Begründung übernommen.
von Ulrike Pickert
aus ORTHOpress 2/19
Fragen und Antworten
Was ist eine endoprothetische Versorgung?
Bei einer endoprothetischen Versorgung wird ein krankhaft verändertes Gelenk durch ein künstliches Gelenk ersetzt.
Was ist eine TEP?
Bei einer TEP handelt es sich um eine Totalendoprothese. Das bedeutet, dass, anders als bei einer Teilendoprothese, das komplette Gelenk, also alle Gelenkkomponenten, ersetzt werden.
Welche Gelenke werden am häufigsten ersetzt?
Am häufigsten werden Hüft- und Knieendoprothesen eingesetzt.