
Inhaltsverzeichnis
Verletzungen der Achillessehne
Die Achillessehne ist die stärkste und dickste Sehne unseres Körpers. Dennoch ist sie anfällig für Verletzungen. Dies hängt damit zusammen, dass sie im Alltag zum Teil sehr hohen Belastungen ausgesetzt ist. Bei Lauf- und Sprungbewegungen machen sie das Vielfache unseres Gewichts aus.
Die Achillessehne stellt die Verbindung zwischen dem dreiköpfigen Wadenmuskel und dem Fersenbein her. An ihrem Ursprung in der Wade ist sie relativ breit, wird weiter unten schmäler und an der Ferse, wo sie am sogenannten Fersenbeinhöcker ansetzt, wieder breiter. Ihre Funktion besteht darin, die Kraft von der Wadenmuskulatur auf das Fersenbein zu übertragen. Dank der Achillessehne sind wir in der Lage, die Ferse anzuheben und den Fuß zu strecken.
Zu den klassischen Beschwerden, die an der Achillessehne auftreten können, zählen Achillodynien, Sehnenrisse und Haglundferse.
Achillodynien
Unter einer Achillodynie versteht man einen schmerzhaften Zustand der Achillessehne im Allgemeinen. Betroffen sind vor allem Sportler, insbesondere Läufer. Daher gilt sie auch als „Läuferkrankheit“. Die Ursachen sind langjährige Fehl- und Überbelastungen. Unmittelbarer Auslöser ist in der Regel eine akute Überstrapazierung. Zudem zählen Fußfehlstellungen wie Knick-Senkfuß oder Hohlfuß, Beinachsenfehlstellungen wie X-Beine und frühere Bandverletzungen am Sprunggelenk zu den möglichen Ursachen, darüber hinaus auch Erkrankungen wie Gicht, Diabetes oder Arthrose. Meist ist die Achillessehne bei einer Achillodynie verdickt und druckschmerzhaft. Sobald sie gedehnt wird, etwa beim Laufen oder Treppensteigen, kommt es zu einer reaktiven Verhärtung. Da dadurch zugleich die Unterschenkelmuskulatur verkürzt wird, wird die Sehne weiter gedehnt, sodass ein regelrechter Schmerzkreislauf entsteht. Manchmal ist auch ein Knirschen in der Sehne zu hören. Zu Beginn der Erkrankung steht der sogenannte Anlaufschmerz im Vordergrund, mit der Zeit treten die Beschwerden dauerhaft unter Belastung auf. Je länger die Sehnenreizung besteht, desto größer wird die Gefahr, dass es zu einem Riss kommt.
Am Anfang der Diagnose stehen ein ausführliches Anamnesegespräch und eine klinische Untersuchung. Durch Ultraschall lassen sich Verdickungen und Bindegewebseinlagerungen sowie mögliche Teilrupturen erkennen. Falls erforderlich kann man ergänzend ein MRT (Magnet-Resonanz-Tomogramm) erstellen.
Die Behandlung zielt zunächst darauf ab, Spannung von der strapazierten Sehne zu nehmen. Erreichen lässt sich dies durch eine leichte Spitzfußstellung. Dazu dienen stützende Bandagen und erhöhte Schuhabsätze, welche immer beidseitig getragen werden müssen. Zunächst kann es helfen, die schmerzende Stelle zu kühlen oder mit durchblutungsfördernden Salben einzureiben. Auf schmerzlindernde Medikamente wie Ibuprofen oder Diclofenac sollte man aufgrund der damit verbundenen Nebenwirkungen immer nur für eine eng begrenzte Zeit zurückgreifen. Das Gleiche gilt für Infiltrationen mit schmerzlösenden Substanzen wie Kortison. In vielen Fällen gehen Achillessehnenreizungen bereits nach wenigen Tagen wieder zurück, dennoch sollte man sie immer auch als Warnsignal betrachten, um weitere Schädigungen wie einen Sehnenriss nach Möglichkeit zu verhindern.
Achillessehnenrisse
In aller Regel sind Achillessehnenrisse die Folge einer starken chronischen Überlastung. Akuter Auslöser ist typischerweise eine sogenannte Schnellkraftbelastung, wie sie zum Beispiel beim Sprint oder Sprung entsteht, ein Umknicken oder eine heftige Überbeugung des Fußes. Oft wird der Riss von einem peitschenartigen Geräusch begleitet. Zudem spüren die Betroffenen häufig einen stechenden Schmerz in Wade oder Ferse. Die Folge besteht darin, dass die Fußspitze nicht mehr gesenkt werden kann. Außerdem ist es nicht mehr möglich, auf den Zehenspitzen zu stehen und den Fuß abzurollen.
Bei der Untersuchung überprüft der Arzt, ob der Patient in der Lage ist, auf den Zehenspitzen zu gehen und auf einem Bein zu stehen. Im Falle eines Risses kann er durch Abtasten einige Zentimeter über der Ferse eine Delle feststellen. Beim sogenannten Wadenkneiftest drückt er die Wadenmuskulatur zusammen. Während der Fuß danach normalerweise reflexartig in Richtung Fußspitze gestreckt wird, hat man es andernfalls höchstwahrscheinlich mit einem Achillessehnenriss zu tun.
Trifft dies zu, ist dringend eine medizinische Versorgung erforderlich. Als Sofortmaßnahme gilt die Empfehlung, das Bein zu entlasten, hoch zu lagern und die verletzte Stelle zu kühlen. Wenn sich bei der Ultraschalluntersuchung herausstellt, dass die Sehnenenden bei gestrecktem Fuß aneinanderliegen, reicht eine konservative Therapie aus. Der Patient muss dann etwa zwei Wochen lang eine Orthese oder einen Unterschenkelgips in Spitzfußstellung tragen und im Anschluss daran für ungefähr sechs Wochen eine Schuhorthese. Innerhalb dieses Zeitraums wird die Spitzfußstellung zunehmend verringert, bis sich der Fuß schließlich in Normalposition befindet. Sind die Sehnenenden bei einem Riss weit voneinander entfernt, müssen sie wieder zusammengenäht werden, um die Funktion der Sehne so schnell wie möglich wiederherzustellen. Vielfach ist es heutzutage möglich, eine solche Achillessehnenrekonstruktion minimalinvasiv durchzuführen. Danach muss der Patient etwa vier bis sechs Wochen lang eine Orthese in Spitzfußstellung tragen. Die Funktion der Muskeln und Gelenke soll durch eine anschließende Physiotherapie wiederhergestellt werden. Wenn die Sehne gut verheilt, ist eine maßvolle sportliche Betätigung nach drei bis vier Monaten wieder möglich.
Haglundferse
Als Haglundferse oder Haglund-Exostose bezeichnet man einen knöchernen Vorsprung an der Oberkante des Fersenbeins, der die Sehne reizt. Zudem bildet sich meist ein chronisch entzündeter Schleimbeutel. Typische Begleiterscheinungen sind Rötungen, Blasen, Achillessehnenentzündungen, Schwellungen und Druckschmerzen. Da der knöcherne Vorsprung dauernd auf den Sehnenansatz drückt, kommt es vor allem bei geschlossenen Schuhen zu Schmerzen. Diese können sich aufgrund der ständigen Entzündungsreize weiter verstärken.
In den meisten Fällen kann der untersuchende Arzt eine Haglundferse gut ertasten. Eine genauere Diagnose wird durch bildgebende Verfahren ermöglicht. Die Behandlung zielt auf eine Entlastung von Fuß und Achillessehne ab. Um den schmerzenden Druck zu verringern, empfiehlt es sich, hinten offene Schuhe oder Einlagen zur Absatzerhöhung zu tragen. Das Spek-trum der konservativen Maßnahmen reicht vom Fersenkissen über Schmerzmittel bis hin zur Physiotherapie. Unter Umständen ist es erforderlich, den Fuß mit einer Orthese oder einem Gips komplett ruhigzustellen. In besonders gravierenden Fällen lässt sich ein operativer Eingriff oft nicht vermeiden. Mögliche Optionen bestehen darin, die Haglund-Exostose abzutragen, den entzündeten Schleimbeutel zu entfernen oder, wenn die Achillessehne verkalkt oder entzündet ist, eine Säuberung (Débridement) durchzuführen.
von Klaus Bingler