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Als Dekubitus bezeichnet man ein Hautgeschwür, das durch einen länger andauernden Druck auf eine Körperstelle hervorgerufen wird. Besonders oft tritt es in Bereichen auf, wo sich Knochen sehr nahe an der Hautoberfläche befinden und kein ausreichender Schutz durch Fett- oder Muskelgewebe vorliegt, also etwa an Fersen oder Gesäß. Zu den Betroffenen gehören vor allem Pflegebedürftige, die längere Zeit im Bett liegen, Menschen im Rollstuhl oder Personen, die nach einer Beinoperation eine schlecht angepasste Prothese benutzen, die auf den Beinstumpf drückt.
Verursacht wird ein Dekubitus dadurch, dass Blutgefäße unter ständigem Druck komprimiert werden und die Blutzirkulation an der betroffenen Stelle beeinträchtigt ist. Dies führt zu einer Unterversorgung des Gewebes mit Sauerstoff und hat zur Folge, dass schädliche Stoffwechselprodukte nicht mehr abgeführt werden. Dadurch kommt es zur Zerstörung der Hautschichten und zur Entstehung einer offenen Wunde. Mehr als 10 Prozent aller Patienten von Krankenhäusern und über 40 Prozent aller Pflegeheimbewohner sollen unter einem Dekubituts leiden. Ein großes Problem sind Druckgeschwüre nicht nur aufgrund der starken Schmerzen, die sie verursachen, sondern auch wegen der Infektionsgefahr, die von ihnen ausgeht.
Einteilung nach Schweregraden
Je nach Ausmaß wird ein Dekubitus in unterschiedliche Schweregrade eingeteilt:
- Grad 1: Sobald Druck auf die entsprechende Stelle ausgeübt wird, zeigt sich eine deutlich sichtbare Rötung auf der Haut, die anschließend nicht wieder verschwindet. Während Ödeme, Verhärtungen oder Erwärmungen auftreten, bleibt die Haut als solche unversehrt.
- Grad 2: Es entstehen erste Schädigungen der Haut. Blasen, Hautabschürfungen oder flache Geschwüre können zur Entstehung einer infektiösen Wunde führen.
- Grad 3: Jetzt sind sämtliche Hautschichten und das subkutane Gewebe in Mitleidenschaft gezogen. Dadurch kommt es zu einem tiefen, offenen Geschwür. Möglicherweise dringt nekrotisches Gewebe in gesunde Haut ein.
- Grad 4: Inzwischen ist das Ausmaß der Schäden so groß, dass der freiliegende Knochen zu sehen ist. Die schädlichen Auswirkungen können sich auf Knochen, Haut, Unterhautgewebe sowie Sehnen, Muskeln und Bänder erstrecken. Im schlimmsten Fall drohen lebensgefährliche Komplikationen wie z. B. eine Blutvergiftung.
Zu den Risikofaktoren, welche die Entstehung eines Dekubitus begünstigen, gehören:
- längeres Liegen oder Sitzen in der immer gleichen Position,
- Durchblutungsstörungen,
- Übergewicht,
- eine dünne und unelastische Haut, häufig bei älteren Menschen oder als Folge von Mangelernährung,
- Diabetes mellitus, der zu Nervenschädigungen führen und die Drucksensibilität einschränken kann,
- Inkontinenz, welche bei unzureichender Pflege zu einer dauerhaft feuchten Haut führt.
Lokale und kausale Therapie
Um einen Dekubitus behandeln zu können, sollte er so früh wie möglich entdeckt werden. Unterschieden wird zwischen lokaler und kausaler Therapie. Bei der lokalen Therapie konzentriert man sich auf die Behandlung des Geschwürs. Handelt es sich um Druckgeschwüre ersten Grades, genügen in vielen Fällen gute Hautpflege und Druckentlastung. In schwereren Fällen muss abgestorbenes Gewebe entfernt werden. Darüber hinaus bedarf es einer gründlichen Desinfektion und geeigneter Wundauflagen.
Die kausale Therapie zielt auf die Beseitigung der Druckursache. Dazu lassen sich spezielle Matratzensysteme oder Kissen verwenden. Weitere Hilfsmittel sind:
- Weichlagerungshilfen, die dabei helfen, den Druck auf gefährdete Stellen zu reduzieren,
- Druckverteilende Unterlagen, die zusätzliche Unterstützung, besonders bei langem Sitzen oder Liegen, bieten.
- Positionshilfen, die eine geeignete Lagerung und Umlagerung der Patienten erleichtern.
Wichtig ist eine regelmäßige Umlagerung des Patienten. Um die Heilung zu fördern, ist auf eine gründliche Hautreinigung sowie eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung zu achten. Notwendig für Prävention und Therapie eines Dekubitus ist eine Kost mit ausreichend Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen. Außerdem muss der Patient genügend Flüssigkeit zu sich nehmen, um eine Dehydrierung zu verhindern und die Haut elastisch zu halten.
Bei der Prävention und Behandlung von Dekubitus spielen Pflegekräfte eine zentrale Rolle. Sie sollten regelmäßig die Haut der Patienten auf Anzeichen von Druckgeschwüren überprüfen und bei Bedarf frühzeitig eingreifen. Sinnvoll sind Schulungen zur Identifizierung von Risikofaktoren und zur Durchführung von Präventionsmaßnahmen.
Wichtig ist eine langfristige Pflege- und Nachsorgestrategie
Nach der Behandlung eines Dekubitus sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen wichtig, um sicherzustellen, dass die Wunden vollständig verheilen und Rückfälle verhindert werden. Entscheidend ist ein individuelles Pflegekonzept, das die Lebensumstände und Gesundheitszustände der Patienten berücksichtigt. Dabei spielen auch psychische Faktoren eine Rolle. Denn wer unter einem Dekubitus leidet, ist oft nicht nur körperlichen, sondern auch seelischen Belastungen ausgesetzt. So erleben Betroffene häufig Scham, Angst und Isolation, da sie aufgrund ihrer Schmerzen oder Mobilitätsprobleme in ihrer Lebensqualität eingeschränkt sind. Zudem können Einsamkeit und Depression die Genesung negativ beeinflussen.
Die Problematik Dekubitus ist äußerst komplexer Natur und erfordert ein umfangreiches und ganzheitliches Verständnis, das körperliche, psychische und soziale Aspekte berücksichtigt. Durch frühzeitige Präventionsmaßnahmen, interdisziplinäre Zusammenarbeit und eine gute Pflege kann das Risiko für Dekubitus deutlich reduziert und die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden.
Erforderlich ist ein interdisziplinärer Behandlungsansatz
Zur Behandlung eines Dekubitus bedarf es eines interdisziplinären Ansatzes, bei dem verschiedene Fachrichtungen zusammenarbeiten. Dazu gehören:
- Ärzte, welche für die medizinische Überwachung zuständig sind und Entscheidungen über notwendige therapeutische Maßnahmen treffen,
- Ernährungsberater, welche die Patienten bei der Planung einer geeigneten Ernährung unterstützen,
- Physiotherapeuten zur Durchführung von Bewegungsübungen, welche die Mobilität fördern und den Druck auf gefährdete Stellen verringern,
- Wundmanager zur speziellen Behandlung von Wunden und zur Schulung des Pflegepersonals.
von Klaus Bingler