Das Zentrum für den Bewegungsapparat Krankenhaus St. Josef Wuppertal
Vor gut einem Jahr wurde das Krankenhaus St. Josef in Wuppertal als eines der ersten Häuser in Nordrhein-Westfalen als Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung zertifiziert. Orthopress sprach mit dem Chefarzt und Leiter des Endoprothetikzentrums Wuppertal, Dr. Wolfgang Cordier, über die Bedeutung der Zertifizierung und die Möglichkeiten der modernen Gelenkchirurgie.
Inhaltsverzeichnis
- Optimale Versorgung von Schulter, Hüfte und Knie
- Herr Dr. Cordier, „Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung“ klingt ja zunächst einmal nach einer Vielzahl von Eingriffen. Dabei hört man in letzter Zeit ja oft, dass auch bei uns zu viel operiert werde. Wie passt das zusammen?
- Worin bestehen diese, und wie kann man erkennen, ob eine Prothese benötigt wird oder nicht?
- Wenn doch einmal eine Prothese eingesetzt werden muss, welche würden Sie Ihren Patienten empfehlen?
- Herr Dr. Patsalis, warum nimmt das Schultergelenk innerhalb des Bewegungsapparates eine so wichtige Stellung ein?
- Welche Schäden sind es, die am häufigsten auftreten?
- Wenn der Gelenkknorpel aber dennoch versagt – wie sieht die Behandlung aus?
Optimale Versorgung von Schulter, Hüfte und Knie
Herr Dr. Cordier, „Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung“ klingt ja zunächst einmal nach einer Vielzahl von Eingriffen. Dabei hört man in letzter Zeit ja oft, dass auch bei uns zu viel operiert werde. Wie passt das zusammen?
Dr. Cordier: Wenn man in einem bestimmten Bereich qualitativ eine überdurchschnittliche Leistung bieten möchte, dann muss man diese auch entsprechend routiniert erbringen. Nur so kann man den notwendigen Erfahrungsschatz als operatives überregionales Zentrum aufbauen, der etwa die Führung des entsprechenden Nachweises im Rahmen des Zertifizierungsprozesses erlaubt. Wir versorgen hier in Wuppertal jährlich etwa 1.000 Patienten mit Hüft-, Knie- und Schultergelenksendoprothesen. Diese große Routine in allen Abläufen kommt der Qualität der endoprothetischen Eingriffe und damit der Sicherheit unserer Patienten messbar zugute. Darüber hinaus ist es tatsächlich so, dass in den letzten zwei Jahren in Deutschland die Anzahl der implantierten Hüft- und Knieendoprothesen rückläufig ist. Wir legen besonderen Wert darauf, alle gelenkerhaltenden Maßnahmen auszuschöpfen, denn Gelenkerhalt geht vor Gelenkersatz.
Worin bestehen diese, und wie kann man erkennen, ob eine Prothese benötigt wird oder nicht?
Dr. Cordier: Ob eine endoprothetische Versorgung notwendig ist oder nicht, hängt vom Grad des Verschleißes ab. Häufig sind nur bestimmte Bereiche des Gelenkknorpels abgenutzt, besonders bei Patienten mit Kniearthrose durch ausgeprägte Fehlstellungen, also X- oder O-Beine. In vielen Fällen können wir dann mit einer Begradigung der Beinachse dafür sorgen, dass die bislang stark belasteten Bereiche des Gelenks entlastet werden und die Arthrose weniger schnell fortschreitet. Durch eine solche Umstellungsosteotomie kann der Einsatz einer Knieprothese hinausgezögert und manchmal sogar gänzlich vermieden werden. Einen ganz ähnlichen Eingriff führen wir als eines der wenigen hochspezialisierten Gelenkzentren in Europa auch an der Hüfte durch. Bei der 3-fach-Beckenosteotomie wird das Hüftpfannendach operativ so umgestellt, dass eine mangelhafte Überdachung des Hüftkopfes korrigiert wird. Eine solche unerkannte oder unbehandelte Hüftdysplasie gilt heute als eine der Hauptursachen für eine Hüftarthrose und den späteren Einsatz einer Hüftprothese. Mit diesem Eingriff können wir viele Hüftprothesen langfristig verhindern. Natürlich beherrschen wir neben diesen die Fehlstellungen korrigierenden Eingriffen auch alle minimal-invasiven Techniken wie den vorderen minimalinvasiven Hüftzugang zur Behebung eines Hüftimpingements sowie verschiedene weitere muskelschonende OP-Techniken zum Protheseneinbau.
Wenn doch einmal eine Prothese eingesetzt werden muss, welche würden Sie Ihren Patienten empfehlen?
Dr. Cordier: Die „beste“ Prothese gibt es nicht, da immer auf die individuelle Situation des Patienten abgestellt werden muss. Dies umfasst dabei nicht nur das Ausmaß der Erkrankung und seinen Allgemeinzustand und sein Alter, sondern auch die persönlichen Ansprüche an die Mobilität: Nicht jeder Prothesenempfänger muss unter allen Umständen wieder Leistungssport mit vollem Bewegungsumfang treiben können, wünscht sich aber vielleicht eine hohe Stabilität des Gelenkersatzes. Die Qualität der Versorgung hängt daher letztlich nicht von einem bestimmten Prothesenmodell ab, sondern von der Erfahrung und dem Können des orthopädischen Chirurgen sowie den technischen Möglichkeiten, die zur Durchführung des Eingriffs gegeben sind. Hier verfügen wir als überregionaler Schwerpunktversorger über modernste Implantate und Instrumente, die eine optimale Positionierung der Prothesenkomponenten bei kleinstmöglicher Muskeltraumatisierung an Hüfte und Knie erlauben.
Herr Dr. Cordier, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!
Auch Dr. Theodor Patsalis ist Chefarzt am Zentrum für den Bewegungsapparat St. Josef in Wuppertal. Der Leiter der Klinik für Orthopädische Rheumatologie und Handchirurgie ist ausgewiesener Spezialist für Schulter- und Ellenbogenchirurgie; seine Abteilung wurde als Ausbildungszentrum für diesen Bereich ausgezeichnet. Er erläutert, warum ein funktionierendes Schultergelenk so wichtig ist und was die moderne Medizin für seinen Erhalt tun kann.
Herr Dr. Patsalis, warum nimmt das Schultergelenk innerhalb des Bewegungsapparates eine so wichtige Stellung ein?
Dr. Patsalis: Kein anderes Gelenk hat einen solchen Bewegungsumfang wie die Schulter. Wir können unsere Arme in einem Radius von nahezu 180° bewegen – ein Bewegungsumfang, den wir auch tatsächlich nutzen. Ohne ihn könnten wir uns nicht einmal die Haare kämmen. Dieses Bewegungswunder ist dabei das Ergebnis einer genialen Anatomie: Eine relativ große Kugel, der Oberarmkopf, balanciert auf einer flachen, leicht konkaven Oberfläche, der Pfanne. Im Prinzip nicht unähnlich dem Hüftgelenk, allerdings mit einem großen Unterschied: Während der Hüftkopf fest von der Pfanne umschlossen wird, bezieht das Schultergelenk seine Stabilität aus einem komplizierten Weichteilmantel. Dieser ist aber leider nicht nur für die Funktion, sondern gleichzeitig auch für zahlreiche Probleme verantwortlich. Ist dieser Weichteilmantel nämlich verletzt, so muss er schnellstens repariert werden, um Folgeschäden am Gelenk – insbesondere eine Gelenkarthrose – zu vermeiden.
Welche Schäden sind es, die am häufigsten auftreten?
Dr. Patsalis: Das Schultergelenk kugelt beispielsweise am häufigsten infolge einer Verletzung aus. Dabei wird häufig die Gelenklippe beschädigt – sie muss schnell versorgt werden, um eine Instabilität zu vermeiden. Die meisten Schulterprobleme entstehen durch einen altersbedingten Verschleiß und Rissbildung in der großen Sehnenplatte (Rotatorenmanschette) oder auch Kalkablagerungen. Leitsymptom eines Rotatorenmanschettenschadens ist das sogenannte Impingementsyndrom, das heißt eine schmerzhafte Enge unter dem Schulterdach, hervorgerufen entweder durch Kalkeinlagerung, eine Schleimbeutelentzündung oder auch knöcherne Anbauten. Wichtig ist, solche Schmerzen buchstäblich nicht „auf die leichte Schulter“ zu nehmen, denn auch kleine Sehnenrisse können sich schnell massiv vergrößern und zu erheblichem Funktionsverlust führen. Glücklicherweise sind wir heute in der Lage, anhand der modernen Bildgebung sicher entscheiden zu können, ob eine konservative Behandlung noch Erfolg verspricht, oder ob ein operativer Eingriff angezeigt ist. Mittels arthroskopischer Techniken können wir dabei heute eine Vielzahl von Erkrankungen optimal versorgen und die Funktion der Schulter erhalten sowie eine Arthrose nach Möglichkeit verhindern.
Wenn der Gelenkknorpel aber dennoch versagt – wie sieht die Behandlung aus?
Dr. Patsalis: Auch das Schultergelenk kann durch eine Prothese ersetzt werden – auch wenn dies durch die insgesamt geringeren Fallzahlen nicht so bekannt ist. Tatsächlich führen wir sehr viele Eingriffe dieser Art durch und verfügen daher mit über die größte Erfahrung in Deutschland. Höchstes Gebot in der Schulterendoprothetik ist die akkurate Wiederherstellung der Anatomie. Aufgrund der oft erheblichen Defekte ist deshalb eine detaillierte Planung erforderlich. Wir verwenden daher individuelle, nach CT erstellte Schablonen für die Schnittführung, mit denen das Kunstgelenk absolut präzise implantiert werden kann. Auch bei sehr starken Schäden des umgebenden Weichteilmantels und des Gelenks können wir übrigens heute mit den inversen Prothesen eine zufriedenstellende Schulterfunktion erreichen: Dabei werden Kugel und Pfanne quasi vertauscht, sodass allein der Deltamuskel zum Anheben des Arms ausreichend ist – ein großer Zugewinn für die Patienten, die noch vor wenigen Jahren den weitgehenden Funktionsverlust des Armes hätten in Kauf nehmen müssen.
Herr Dr. Patsalis, herzlichen Dank für die Ausführungen!
Weitere Informationen:
Klinik für Orthopädie und
spezielle orthopädische Chirurgie
Tel.: 0202 / 485 - 25 01
Ort.kh-josef@cellitinnen.de
Klinik für Orthopädische Rheumatologie
Tel.: 0202 / 485 - 21 01
Orh.kh-josef@cellitinnen.de
Fragen und Antworten
Was versteht man unter Endoprothetik?
Bei der Endoprothetik wird ein krankhaft geschädigtes Gelenk durch ein künstliches Gelenk, eine Endoprothese, ersetzt.
Welche Gelenke kann man ersetzen?
Endoprothesen gibt es hauptsächlich für Hüfte, Knie und Schulter. Aber auch für den Ellenbogen oder das Sprunggelenk stehen künstliche Gelenke zur Verfügung.
Wann braucht man eine Endoprothese?
Zunächst sollten alle konservativen und gelenkerhaltenden Maßnahmen ausgeschöpft werden. Erst wenn diese nicht den gewünschten Erfolg bringen, sollte über den Einsatz eines künstlichen Gelenks nachgedacht werden.