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Die renale Osteopathie und ihre Folgen
Eine gestörte Funktion der Nieren kann sich ungünstig auf unsere Knochen auswirken. So ist eine Niereninsuffizienz ein möglicher Auslöser für verschiedene Erkrankungen des Skeletts und des Mineralstoffwechsels. Mediziner fassen diese Krankheiten, unter denen besonders Dialysepatienten leiden, unter dem Begriff renale Osteopathie oder Osteodystrophie zusammen.
Eine Einschränkung der Nierenfunktion führt zu einer Störung des Elektrolythaushalts. Verbunden ist dies mit einer erhöhten Phosphat- und einer verringerten Kalziumkonzentration im Blut. Eine häufige Ursache dafür ist ein Mangel an Vitamin D, welcher dazu führt, dass die Aufnahme von Kalzium aus dem Darm vermindert ist. Zum Ausgleich produzieren die Nebenschilddrüsen Para-thormon (PTH), welches Kalzium aus dem Knochen freisetzt, ein Phänomen, das als sekundärer Hyperparathyreoidismus bezeichnet wird.
Schmerzen in Knochen und Gelenken
Die Folgen für die Betroffenen sind Knochen- und Gelenkschmerzen. Oft kommt es zu einer Muskelschwäche und Muskelatrophie, die mit einer verstärkten Knochenbrüchigkeit verbunden ist. Typischerweise entstehen Kalkablagerungen in Schultergelenken, Ellenbogen, Knien, Zehen und Fingergelenken. Die dadurch hervorgerufenen Schmerzen gehen mit einer eingeschränkten Beweglichkeit einher. Zudem können starke Gefäßverkalkungen die Durchblutung beeinträchtigen und eine arterielle Verschlusskrankheit hervorrufen.
Diagnostik mithilfe von Laboruntersuchungen
Bei der Diagnose stützt man sich zunächst auf eine gründliche Anamnese sowie eine anschließende klinische Untersuchung. Mithilfe verschiedener Blutuntersuchungen lässt sich feststellen, ob eine erhöhte Konzentration von Kreatinin und Phosphat vorliegt oder der Kalziumanteil verringert ist. Überprüft werden sollte auch ein möglicher Vitamin-D-Mangel. Darüber hinaus können mithilfe von Röntgenuntersuchungen Hinweise auf eine Osteitis fibrosa gewonnen werden, welche eine Folge des Hyperparathyreoidismus ist. Bei dieser Erkrankung wird Knochensub-stanz abgebaut und durch Bindegewebe ersetzt. Um noch genauer zu überprüfen, ob eine renale Osteopathie vorliegt, kann man dem Beckenknochen ein kleines Stück entnehmen und in einem osteopathologischen Spezialinstitut analysieren lassen.
Auf die Normalisierung des Kalzium- und Phosphatspiegels kommt es an
Ziel der Behandlung ist es, den Kalzium- und Phosphatspiegel zu normalisieren. Dies geschieht herkömmlicherweise durch die Verabreichung von Kalzium, Calcitriol und Kalziumkarbonat sowie Vitamin-D-Präparaten. Erweitert wurde das Therapiespektrum vor einigen Jahren durch die sogenannten Kalzimimetika, zu denen beispielsweise der Wirkstoff Cinacalcet gehört. Dessen Wirkung zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Empfindlichkeit des Rezeptors für Kalzium erhöht und weniger Parathormon freigesetzt wird. Vor allem Dialysepatienten können von diesem Wirkstoff profitieren.
von Klaus Bingler
Dieser Mechanismus führt zu einem sekundären Hyperparathyreoidismus
Zu den wichtigen Parametern für die Nierenfunktion gehört die sogenannte Kreatinin-Clearance. Es handelt sich dabei um eine Maßeinheit für die Entgiftungsleistung der Nieren. Wenn diese altersabhängig bei 60 Millilitern pro Minute und darunter liegt, gilt dies als Anzeichen dafür, dass die Fähigkeit der Nieren, das mit dem Kreatinin verbundene Phosphat auszuscheiden, deutlich reduziert ist. Da die so entstehende erhöhte Phosphatkonzentration dazu führt, dass die Produktion von Vitamin D eingeschränkt wird, verringert sich die Kalziumresorption im Darm und es entsteht eine sogenannte Hypokalzämie. Dies ist für die Nebennieren ein Signal, in verstärktem Maße Parathormon zu produzieren. Prinzipiell ist eine Erhöhung der PTH-Konzentration zwar ein sinnvoller Mechanismus, um die Resorption von Kalzium zu erhöhen. Zugleich jedoch wird auch die Phosphatresorption noch mehr gesteigert, was wiederum zur Folge hat, dass die Kalziumkonzentration und der Vitamin-D-Spiegel weiter sinken und in den Nebenschilddrüsen noch mehr Parathormon produziert wird. Auf diese Weise entsteht ein Teufelskreis, der in Form des sekundären Hyperparathyreoidismus manifest wird.