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Moderne Schulterendoprothetik

photo of man swinging golf driver

Schneller schmerzfrei und beweglich

Der Ersatz von Hüfte und Knie ist seit langem ein Standardeingriff – anders sah dies bis vor kurzem an der Schulter aus. Dabei hat sich besonders auf diesem Gebiet die Endoprothetik in den letzten Jahren stark weiterentwickelt, wie Prof. Knut Beitzel betont. Der Chefarzt der Schulterchirurgiean der ATOS Orthoparc Klinik in Köln erläutert, welche Möglichkeiten es heute für PatientInnen mit fortgeschrittener Schulterarthrose oder stark geschädigter Rotatorenmanschette gibt.

Herr Prof. Beitzel, wann benötigt man überhaupt eine Schulterprothese?

Prof. Beitzel:  Wie auch bei den anderen großen Gelenken kann es am Schultergelenk zu einer Arthrose kommen, d. h. einem Zurückweichen des Gelenkknorpels. Eine Arthrose der Schulter ist im Vergleich zu Hüfte oder Knie zwar seltener, für die Betroffenen aber nicht minder schmerzhaft und bewegungseinschränkend. Ziel einer Arthrosetherapie ist es, ein Fortschreiten des Knorpelschadens möglichst zu verlangsamen, einen weiteren Verschleiß zu verhindern und dabei die Beweglichkeit zu erhalten – im Idealfall bei gleichzeitiger Schmerzfreiheit. Handelt es sich um einen begrenzten Knorpelschaden, so stehen uns heute sehr gute arthroskopische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zusammen mit einer abgestimmten Physiotherapie und Krankengymnastik können wir so vielen PatientInnen gut helfen. Leider kommt es jedoch manchmal dazu, dass der Gelenkknorpel so stark angegriffen ist, dass Knochen auf Knochen reibt. Gleichzeitig wandert der Oberarmkopf immer weiter in Richtung Schulterdach, was zu funktionellen Einschränkungen führt. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem sich ohne einen Ersatz der verschlissenen Gelenkfläche keine befriedigende Schulterfunktion und Linderung der Schmerzen mehr erreichen lässt. Dann ist es Zeit für eine Schulterendoprothese.

Inzwischen gibt es ja verschiedene Modelle, mit denen sich je nach Ausmaß des Schadens genau der verschlissene Bereich ersetzen lässt.

Prof. Beitzel: Im Bereich der sogenannten anatomischen Prothesen gibt es heute beinahe die gleichen Möglichkeiten wie auch an Hüfte oder Knie. Liegt etwa ein umfangreicher Knorpelschaden ohne knöcherne Veränderungen vor, so besteht die Möglichkeit, eine sogenannte Kappenprothese zu verwenden. Hierbei wird der Gelenkkopf praktisch mit einer Metallkappe überzogen, was ihm ermöglicht, reibungslos in der Gelenkpfanne zu gleiten. Dieses Verfahren erfordert nur eine minimale Entfernung von Knochenmasse beim Einsetzen und ist besonders gut für jüngere PatientInnen ohne zusätzlichen Sehnen- und Muskelverschleiß geeignet. Auch bei fortgeschrittenen Gelenkveränderungen bis zu einem gewissen Grad stehen heute verschiedene Modelle zur Auswahl, mit denen knochensparend eine optimale Anpassung an die individuelle Anatomie gewährleistet werden kann. Darüber hinaus stehen heute mit den inversen Prothesen auch noch gute Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, wenn anatomische Prothesen nicht mehr infrage kommen.

Was versteht man unter einer inversen Prothese?

Prof. Beitzel: Invers bedeutet, dass die Positionen von Gelenkkopf und -pfanne vertauscht sind. Normalerweise befindet sich der kugelförmige Gelenkkopf am Oberarm und die entsprechende Gelenkpfanne am Schulterblatt. Bei der inversen Prothese ist dies umgekehrt: Der Kopf befindet sich am Schulterblatt und die Pfanne am Oberarm. Dies hat zur
Folge, dass das Drehzentrum des Gelenks nach unten und näher zum Körper verlagert wird. Dadurch wird die Belastung auf den Deltamuskel erhöht, und die Hebelarmlänge ändert sich, sodass der Deltamuskel allein den Arm anheben kann. Mit anderen Worten: Der Deltamuskel übernimmt die Funktion der ausgefallenen Rotatoren. Für die Patienten bedeutet dies nicht nur Schmerzfreiheit, sondern auch die Möglichkeit, alltägliche Aufgaben wie die Körperhygiene oder das Entnehmen von Geschirr aus einem Oberschrank in der Küche mühelos durchführen zu können. Inzwischen sind auch schaftlose Modelle verfügbar, sodass ähnlich wie bei anatomischen Prothesen relativ knochensparende Operationen möglich sind.

Während der Einsatz der inversen Prothesen früher hauptsächlich bei rheumatischen und fast vollständig zerstörten Gelenken erfolgte, entwickeln sie sich langsam aber sicher zur Standardversorgung. Woran liegt das?

Prof. Beitzel: Anatomische Prothesen werden heute eigentlich nur noch dann eingesetzt, wenn noch keine deutliche Positionsveränderung des Oberarmkopfs zu beklagen ist und die sogenannte Rotatorenmanschette weitgehend intakt ist. Darunter versteht man die aus vier verschiedenen Muskeln mit ihren Sehnen bestehende Schulterhaubenmuskulatur, die zusammen nicht nur die Bewegungen der Schulter ermöglicht, sondern auch den Oberarmkopf im Gelenk zentriert. Ist die Gewebequalität der Rotatorenmanschette aber bereits eingeschränkt oder sind für die Zukunft weitere Schäden zu erwarten, so ist in den meisten Fällen eine inverse Prothese die bessere Wahl, weil sie die höhere Versorgungssicherheit bietet. Kommt es im Verlauf der Jahre nämlich zu einer Verschlechterung des Zustands der Rotatorenmanschette, so hat dies auf die Schulterfunktion praktisch keinen Einfluss, wenn bereits eine inverse Prothese implantiert wurde, während eine anatomische Prothese dann wahrscheinlich ausgetauscht werden müsste. Wie die Langzeitergebnisse zeigen, ist die Haltbarkeit der inversen Prothesen inzwischen so gut, dass es auch unter diesem Aspekt keinen Grund mehr gibt, eine andere Versorgung vorzuziehen.

Inzwischen werden immer häufiger auch Schulterprothesen eingesetzt, obwohl alleinig die Rotatorenmanschette gerissen ist, aber keine Arthrose vorliegt. Woran liegt das?

Prof. Beitzel: Die Rekonvaleszenz nach umfassenden Rekonstruktionen der Rotatorenmanschette ist sehr langwierig. So dauert es mitunter viele Monate, bis die ursprüngliche Funktion wieder schmerzfrei erreicht wird. Bei jungen PatientInnen wird diese Einschränkung meist toleriert, aber mit zunehmendem Alter gewinnt eine möglichst schnelle Erholung immer mehr an Bedeutung. Die Genesung nach dem Einsatz einer inversen Prothese verläuft sehr viel schneller, da nicht erst das Sehnengewebe heilen muss. Moderne inverse Schulterprothesen können schonend über einen nur wenige Zentimeter langen Schnitt an der Vorderseite der Schulter eingebracht werden. Die Wundheilung und die knöcherne Einheilung der Prothese verlaufen sehr viel rascher als bei einer anatomischen Rekonstruktion, sodass die meisten PatientInnen nach 12 Wochen sogar wieder sportfähig sind. Normale Tätigkeiten und auch das Autofahren sind in der Regel nach 6-8 Wochen wieder problemlos möglich.

Herr Prof. Beitzel, haben Sie herzlichen Dank für Ihre Ausführungen!  

Orthopädie
Hier kommen Sie zum ORTHOpress-Podcast mit Prof. Knut Beitzel!

ATOS Orthoparc Klinik GmbH
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