Revolutionäre Behandlungsmethode bei Lungenembolien
Zu den häufigen kardiologischen Notfällen gehört nicht nur der akute Herzinfarkt, sondern auch die Lungenembolie, die pro Jahr in Deutschland rund 40.000 Menschenleben fordert. Bislang gab es nur wenige Behandlungsmöglichkeiten, die teilweise mit enormem Risiko behaftet sind. Am Eduardus-Krankenhaus in Köln-Deutz setzt der Chefarzt der Kardiologischen Klinik Prof. Dr. Christoph Hammerstingl jetzt seit einiger Zeit ein neues Verfahren ein: die EKOS-Lyse.
Herr Prof. Hammerstingl, wie kommt es eigentlich zu einer Lungenembolie? Gibt es besondere Risikofaktoren wie beim Herzinfarkt, also etwa Bluthochdruck oder einen erhöhten Cholesterinspiegel?
Prof. Hammerstingl: Ein Verschluss im venösen System – und darum handelt es sich hier, auch wenn die Lungenarterie betroffen ist – hat grundsätzlich andere Ursachen als im arteriellen System. Die von den Herzkranzgefäßen her bekannten Risikofaktoren wie das Rauchen, erhöhte Blutfette oder auch Vorerkrankungen wie Diabetes spielen hier eine untergeordnete Rolle. Eine Lungenembolie entsteht oft aus einer Thrombose, wie sie nach Knie- oder Hüftgelenkoperationen auftreten kann. Dabei reißen Teile des Gerinnsels ab und schießen in die Lunge ein – zum Beispiel beim ersten Aufstehen nach der Operation. Viele Lungenembolien treten jedoch auch idiopathisch auf, es lässt sich also keine eindeutige Ursache finden.
Warum ist eine Lungenembolie so gefährlich?
Prof. Hammerstingl: Die Lungenembolie ist grundsätzlich eine lebensgefährliche Erkrankung. Der Verschluss des Lungengefäßes kann akut zu einer Überlastung des rechten Herzens führen, langfristig zu einer pulmonalen Hypertonie, einer Erhöhung des Drucks im Herz-Lungenkreislauf zwischen den Lungenflügeln und dem Herzen. Bildlich gesprochen entsteht diese, weil das Herz versucht, gegen den Verschluss „anzupumpen“. Die Folge ist auch hier langfristig eine übermäßige Belastung des rechten Herzens bei gleichzeitig auftretendem Sauerstoffmangel. Im schlimmsten Fall kommt es zum Tod durch die entstehende Rechtsherzschwäche oder ein Organversagen. Kritisch bei der Lungenembolie ist die akute Phase. Die ersten 24 Stunden nach Auftreten der Embolie entscheiden in der Regel über den weiteren Verlauf. Deshalb ist es besonders wichtig, in dieser Zeit einschreiten zu können. Bislang standen uns dazu jedoch nur zwei Behandlungsmethoden zur Verfügung – zum einen die langfristige Behandlung mit Blutverdünnern – in der Hoffnung, dass sich das Gerinnsel langsam aber sicher auflöst – und zum anderen die hochdosierte Gabe von Medikamenten, welche den Thrombus innerhalb kurzer Zeit beseitigen. Diese sogenannte Lyse ist jedoch mit relativ großen Risiken durch die entstehende Blutungsneigung verbunden. Man wendet sie daher in der Regel nur dann an, wenn wirklich unmittelbare Lebensgefahr besteht.
Kann man nicht einfach die Patienten so lange mit Blutverdünnern behandeln, bis das Gerinnsel vollständig aufgelöst ist?
Prof. Hammerstingl: Nach der Anfangsphase muss man sehr gut überlegen, ob die Behandlung fortgeführt werden soll oder man die Blutverdünner absetzt. Der Grund ist, dass es eine nicht zu unterschätzende Rezidivwahrscheinlichkeit gibt. Diese ist mit dem Risiko behaftet, dass es im langfristigen Verlauf zu einem Lungenhochdruck kommt. Das passiert dann, wenn das Gerinnsel nicht mehr zentral die große Lungenarterie verstopft, sondern in der Peripherie die kleineren Lungengefäße blockiert. Der Blutabfluss ist dann nicht mehr gewährleistet: Es kommt zu systemischen Komplikationen und Umbauprozessen in den Gefäßen. Unabhängig von der initialen Lungenembolie beinhaltet auch ein solcher Verlauf ein nicht zu unterschätzendes Risiko, dass der Patient ein Rechtsherzversagen durch die ständige Druckbelastung erleidet. Wenn die kleinen Gefäße verstopft sind, ist dies natürlich zuallererst ein mechanisches Problem. Sind die Gefäße zugänglich, so können sie eröffnet werden. Bei sehr ausgeprägten Befunden wird die Gerinnselmasse aus der Lungenstrombahn herausgeschält, um den Blutstrom zu verbessern. Abhängig vom Befund gibt es hier mehrere Möglichkeiten, rein medikamentös, minimalinvasiv oder auch offen operativ vorzugehen.
Die EKOS-Lyse schließt nun die therapeutische Lücke zwischen der Behandlung mit Blutverdünnern und der radikalen Auflösung des Gerinnsels. Was ist das Besondere daran?
Prof. Hammerstingl: Die EKOS-Lyse ist ein neuartiges, ultraschallgestütztes, endovaskuläres Verfahren, bei dem das lytische Medikament über einen dünnen Katheter unmittelbar an oder vor die Stelle des Verschlusses appliziert wird. Der Thrombus kann so ohne Schädigung der Gefäße mit Unterstützung durch den Ultraschall aufgelöst werden. So sinkt das Risiko stark, dass durch Einrisse Blutgerinnsel entstehen, die an anderer Stelle Gefäße verschließen. Gleichzeitig wird nur ein Bruchteil der Menge des lytischen Medikaments benötigt, von dem der größte Teil auch noch im Thrombus verbleibt. Die Methode ist daher sehr viel schonender für den Patienten und auch sicherer. Zudem wird für den Eingriff nur etwa ein Drittel bis die Hälfte der Zeit benötigt, die ein alternatives Vorgehen erfordern würde.
Herr Prof. Hammerstingl, haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch!
Eduardus-Krankenhaus Köln
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