Endoprothetik 4.0: Vier Roboter im Barockschloss
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist in aller Munde. Meistens wird über unzureichende Lösungen geklagt. Aber es gibt auch schon funktionierende Anwendungen, die im klinischen Alltag einen echten Patientennutzen bieten. Mit vier Robotersystemen hat sich das Orthopädische Krankenhaus an die Spitze der Bewegung gesetzt. Wir sprechen mit Prof. Dr. med. Christian Hendrich, dem Ärztlichen Direktor.
Inhaltsverzeichnis
- Herr Prof. Hendrich, bei der Digitalisierung wird immer beklagt, dass wir in Deutschland hinterherhinken. Sie haben gerade zwei weitere Maschinen in Betrieb genommen und operieren nun mit vier Systemen. Sieht so Hinterherhinken aus?
- Wir haben vier Roboter im Einsatz, führen Ihre Akte aber immer noch mit der Hand. Wie geht das zusammen?
- Wo liegt der Patientennutzen der Robotik?
- Kritiker werfen ein, dass es noch keine Langzeitstudien gibt.
- Dabei macht der Roboter Sie als Chirurgen ja nicht arbeitslos. Bei der MAKOplasty ® operiert weiterhin der Chirurg, der Roboter „leiht“ ihm nur seine Präzision.
- Und an der Hüfte?
- Was ist Ihre Erwartung?
Herr Prof. Hendrich, bei der Digitalisierung wird immer beklagt, dass wir in Deutschland hinterherhinken. Sie haben gerade zwei weitere Maschinen in Betrieb genommen und operieren nun mit vier Systemen. Sieht so Hinterherhinken aus?
Prof. Hendrich: Keinesfalls. Eher würde ich sagen, es ist Vorweggehen. In Europa sind wir damit einzigartig. Allerdings haben auch zwei US‑amerikanische Kliniken bereits vier Maschinen im Einsatz, darunter das Hospital for Special Surgery (HSS) in New York, das in den USA als die Nr. 1 in Bezug auf die Patientensicherheit gilt. Das HSS ist übrigens mehr als doppelt so groß wie wir.
Wir haben vier Roboter im Einsatz, führen Ihre Akte aber immer noch mit der Hand. Wie geht das zusammen?
Wenn Digitalisierung darin bestehen soll, einen analogen Prozess am PC durchzuführen, wird sie falsch verstanden. Ein Beispiel für erfolgreiche Digitalisierung ist Amazon. Durch den digitalen Prozess entsteht ein Mehrwert für den Kunden. Im Gesundheitswesen heißt das: Digitalisierung ist nur dort sinnvoll, wo der Patient durch den Einsatz der Technologie einen spürbaren Nutzen erfährt.
Wo liegt der Patientennutzen der Robotik?
Der Roboter erlaubt uns die Durchführung einer bewährten Operation mit einer bisher nicht gekannten Präzision. Für die konventionelle Knieendoprothese verwenden wir Säge-Schablonen, die sowohl an Oberschenkel als auch an Unterschenkel eine Genauigkeit von 2 – 3° aufweisen. Der Roboter gestattet uns eine Präzision von unter 0,5°.
Kritiker werfen ein, dass es noch keine Langzeitstudien gibt.
Für eine Methode, die wir seit 2017 einsetzen, kann es keine Langzeitstudien geben. Es gibt allerdings zwei erstklassige Studien, die zeigen, dass die Robotik‑Patienten früher ein günstigeres Endergebnis erreichen. Das ist der für den Patienten unmittelbar spürbare Nutzen: Er ist schneller und mit weniger Schmerzen auf den Beinen. Von Langzeitstudien sprechen wir als Endoprothetiker nach mehr als zehn Jahren. Ob dann die Haltbarkeit einer Prothese, bei der wir die individuelle Anatomie des Patienten rekonstruieren, besser ist? Zumindest dürfen wir es erwarten. Denn für die Schlittenprothese am Kniegelenk gibt es Studien, die bereits nach fünf Jahren eine bessere Haltbarkeit der mit dem Roboter operierten Prothesen zeigen.
Dabei macht der Roboter Sie als Chirurgen ja nicht arbeitslos. Bei der MAKOplasty ® operiert weiterhin der Chirurg, der Roboter „leiht“ ihm nur seine Präzision.
Eine Endoprothese bleibt auch mit Roboter eine chirurgisch anspruchsvolle Operation. Wie sie abläuft, kann man sehr schön in einem aktuellen Youtube‑Video sehen. Der Roboter kann uns nicht ersetzen, aber er macht uns durchaus besser.
Und an der Hüfte?
Bei der Neuanschaffung der Roboter hat die Hüfte eine wichtige Rolle gespielt. Bisher setzen wir die -MAKOplasty ® vor allem bei richtig schwierigen Situationen ein, z. B. bei Beckendeformitäten. In der Standardsituation ist der Patientennutzen nicht so frappierend wie am Knie. Das ändert sich aber gerade. Im nächsten Jahr erhalten wir eine neue Software, die schneller arbeitet und neue Möglichkeiten der Beinlängenkontrolle bietet.
Was ist Ihre Erwartung?
Dass die Robotik auch an der Hüfte zu unserer Standardtechnik wird, geht sicherlich zu weit. Allerdings wollen wir in Zukunft die MAKOplasty ® bereits bei mittelschweren Ausgangsbedingungen einsetzen. Dazu zählen insbesondere auch Situationen, bei denen die Hüfte und die Wirbelsäule gleichzeitig bewegungseingeschränkt sind. Für diese Patienten können wir im nächsten Jahr eine überzeugende Lösung anbieten.
Orthopädisches Krankenhaus Schloss Werneck
Spezialklinik für Endoprothetik, Orthopädie und Unfallchirurgie
Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung